100 Bauernregeln, die wirklich stimmen
durch ihre himmelblauen »Blütenaugen« den Betrachter. Die Wegwarte galt schon im Mittelalter als wertvolle, gern genutzte Heilpflanze. Ihre nur aus abgespreizten Zungenblüten bestehenden Blütenköpfe weisen einen Durchmesser von zwei bis drei Zentimetern auf und öffnen sich zur aufgehenden Sonne hin. Sie folgen dann dem Lauf der Sonne und schließen sich in Abhängigkeit von der Strahlungsintensität, aber auch von der geographischen Breite um die Mittagszeit oder am frühen Nachmittag. Auf der Blumenuhr von Carl von Linné (siehe Regel 49) ist das gegen zwei Uhr nachmittags der Fall. Wenn Regenwetter naht, schließen sich die Blütenköpfe oder gehen gar nicht erst auf.
Die Wegwarte zählt somit zu den typischen Blumenuhrpflanzen. Bei störungsfreiem Wetter schlossen früher die Bauern auf dem Feld aus dem Öffnen und Schließen der Blüten verschiedener Blumenarten auf die Uhrzeit.
Da die Wegwarte ihre Blüten im Hoch- und Spätsommer hierzulande meist um zwölf Uhr schließt, wussten die Bauern, dass es Zeit für die Einnahme des Mittagbrots war. Doch von Standort zu Standort scheint es Unterschiede im Blühverhalten der Wegwarte zu geben. Insofern kann man diese Bauernregel nur am Vormittag anwenden.
Die Wegwarte soll ein zur Blume gewordenes Mädchen symbolisieren, das am Wegesrand auf den Geliebten wartet. Der Überlieferung nach entstand die Hochsommerblume auf folgende Weise: Herr Jesus ging einst hungrig, durstig und müde in Gestalt eines armen Mannes an einem Haus vorbei, aus dessen Fenster ein Mädchen schaute. Er bat um eine Erquickung. Statt eines labenden Tropfens bekam er aber Schelte und wurde mit der Begründung, sie müsse nach ihrem Liebsten Ausschau halten, von dannen geschickt. Jesus blickte schmerzvoll zum Himmel und zog weiter. Als dann endlich der Bräutigam des schönen Mädchens kam, konnte er noch so viel schauen und suchen.
Regel-Variationen
»Wenn die Wegwarte sich unseren Blicken verschließt, bald Regenwolken die Sonne verdecken, nicht lange dann Unkraut im Garten neu sprießt, da Richtung Himmel sich wird manch’ Keimling strecken.«
»Hält die Wegwarte deinen Blicken nicht stand, droht Regen der Stadt und dem Land.«
Er fand nur eine blaue Blume, der er noch nie zuvor begegnet war. Das einst so stolze, in eine Pflanze verwandelte Mädchen wartet bis heute darauf, von ihrem Geliebten erkannt und von Jesus, der als Herr der Welt einst wiederkommt, erlöst zu werden.« Dieser Legende wegen heißt die blau blühende, zu den Korbblütlern gehörende Pflanze auch »Armesünderblume«.
»Lässt die Zaunwinde ihr Antlitz nicht sehen, wird bald Regen überm Dache stehen.«
Auf diesen Spruch kann man sich wirklich verlassen. Die aus dem eurasischen Raum stammende Zaunwinde, die feuchte und nährstoffreiche Lehmböden bevorzugt und an Zäunen, Gebüschen, Wald- sowie Wegrändern und an den Ufern von Bächen und Flüssen anzutreffen ist, öffnet ihre weißen Trichterblüten, die einen Durchmesser von vier bis sechs Zentimeter aufweisen, nur bei trockenem Wetter.
Die Blüten dieser Wildpflanze, deren bis zu drei Meter langen Triebe sich gegen den Uhrzeigersinn überall, wo sie Halt finden, emporranken, können sowohl tagsüber als auch während der Nachtstunden geöffnet sein. Kein Wunder, erfolgt doch deren Bestäubung neben Schwebfliegen auch durch Nachtschmetterlinge. Vor dem Nahen von Frontensystemen schließen sich die geruchlosen und anmutigen Blütenkelche der Zaunwinde und zeigen damit Bauern, Gärtnern und Winzern, aber auch Wanderern, Radfahrern und Anglern an, dass eine Wetterverschlechterung bevorsteht. Wer sich dennoch zu einem längeren Aufenthalt im Freien entschließt, tut gut daran, sich zuvor mit Regenkutte oder Regenschirm auszurüsten.
In der Volksmedizin findet die stickstoffliebende Zaunwinde, die in der Zeit von Juni bis September blüht, auch als Heilpflanze Verwendung. Trotz ihrer Schönheit ist die Zaunwinde bei vielen Gartenbesitzern nicht sehr beliebt, handelt es sich doch bei diesem Gewächs um ein wucherndes Unkraut, das sich nur schwer bekämpfen lässt. In Verbindung mit ihrem Wachstum führt die Pflanze sogenannte Suchbewegungen aus. Dabei beschreibt die Triebspitze aufgrund unterschiedlich starken Flankenwachstums innerhalb von durchschnittlich 105 Minuten einen dem Uhrzeigersinn entgegengerichteten Kreis von mehreren Zentimetern Durchmesser. Stößt sie dabei auf eine andere Pflanze, beginnt sie diese mit Linkswindungen zu umwachsen und nimmt
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