100 - Des Teufels Samurai
um ihretwillen verbringe ich hier diesen Tag… Warum dieses Erröten, noch ehe das zarte Morgenrot angebrochen? Könnte ich geliebt werden?"
Tomoes Wangen hatten sich bei seinem Anblick gerötet! Und sie sagte mit zarter Stimme: „Könnt mit meinem Ärmel ich den Zartschimmer des Morgenrots verdecken - blieb dann Er vielleicht auch morgen noch hier?"
Diese Antwort war mehr als ein Versprechen. Es war eine Zusage. Hoichi war wie berauscht. Dennoch gab er mit einem Wink zu verstehen, daß er wünsche, die Frauen sollten den Raum verlassen. Nachdem sie gegangen waren, sagte er zu Aruji: „Ihr seid wahrlich ein Narr. Auch wenn der Schwarze Samurai an Eurem Haus vorbeigeht, werden sich die Rokuro-Kubi am zarten Fleisch Tomoes gütlich tun. Wo verstecken sich diese Kobolde, Aruji?"
„Laßt sie, bei allem, was Euch heilig ist, laßt sie in Ruhe!" flehte der Alte. „Sie werden Euch sonst das Leben nehmen. Und noch brauche ich die Hilfe der Rokuro-Kubi. Ihr könnt ihnen doch nichts anhaben. Ich werde Euch zu essen geben. Stillt Euren Hunger. Geruht, auf dieser Schlafmatte gut zu träumen. Ich werde wachen. Nur reizt nicht die Rokuro-Kubi!"
Hoichi schwieg eine Weile.
„Also soll diese Nacht Ruhe sein", entschied Hoichi. „Haltet Ihr die Wache und betet die Sutras, damit die Rokuro-Kubi von diesem Haus ferngehalten werden. Morgen werde ich ausgeruht und für den Kampf bereit sein."
Aruji wagte keine Widerrede.
Hoichi erwachte einige Male in der Nacht, als die Köpfe der Rokuro-Kubi wütend gegen die Wände des Hauses prallten, jedoch keinen Zugang fanden, weil Aruji die Sutras betete. Hoichi griff im Halbschlaf nach seinem Samuraischwert, doch eine zarte Hand hielt ihn zurück - Tomoe!
Als er schließlich endgültig aus dem Schlaf hochschreckte, fiel durch das Fenster bereits Tageslicht. Vor dem Haus war Lärm. Hufgetrappel und aufgeregte Stimmen waren zu hören.
Hoichi zückte das Schwert. Dann erst sah er Tomoe, die an seinem Lager kniete. Beschämt steckte er die Waffe wieder weg.
„Was geht draußen vor?" fragte er Tomoe.
„Ich weiß nur, daß Riki, der Sohn des benachbarten Bauern, auf einem Pferd geritten kam, das ihm nicht gehören kann", antwortete Tomoe mit großen Augen.
Hoichi stürmte ins Freie. Er erblickte Aruji, einen weinenden Jungen von etwa zehn Jahren und sechs Männer, die ein schwarzes Pferd, das kostbar gesattelt war, zu bändigen versuchten. Einen dieser Männer kannte er: den der sich als Holzfäller ausgegeben hatte. Sie lächelten ihm alle sechs höflich zu. Er erwiderte den Gruß.
Dabei dachte er: Am Tage merkt man ihnen nicht an, daß sie Rokuro-Kubi sind. Da sind sie von untadeliger Höflichkeit.
„Was hat das zu bedeuten?" fragte er.
„Riki erzählte, daß der Schwarze Samurai in ihrem Haus ist", sagte Aruji aufgeregt. „Er hat sich bewirten lassen und der Tochter des Hauses seine Aufwartung gemacht. Es kann keinen Zweifel geben, daß er sie mit sich nehmen will… Aber was kann ich tun?"
„Bitte, Aruji, kommt mit euren Leuten, bevor der Schreckliche mit der Maske meine Schwester raubt!" flehte der Junge unter Tränen. „Ich konnte unbemerkt fliehen. Der Samurai hat mich nicht entdeckt. Er ist ahnungslos. Ihr könnt ihn überwältigen."
„Wem gehört dieses Pferd?" fragte Hoichi den Jungen.
„Der Samurai kam auf ihm geritten", sagte Riki. „Ich habe es geliehen, um schneller hier zu sein." „Was für ein Narr du bist!" rief Aruji anklagend. „Nun wird das Pferd den Weg zu meinem Haus jederzeit finden."
Hoichi gab ihm recht. Aber er dachte auch daran, daß ihn das Pferd zu seinem Herrn bringen konnte.
„Haltet das Tier fest!" befahl Hoichi den Rokuro-Kubi. Ohne Zögern gehorchten sie.
Als das Pferd für einen Moment still stand, schwang sich Hoichi auf seinen Rücken.
„Loslassen!" rief er. Die Rokuro-Kubi wichen sofort zurück.
Das Pferd erhob sich auf die Hinterhand, drehte sich um und galoppierte in südwestlicher Richtung davon. Hoichi hatte Mühe, sich auf seinem Rücken zu halten. Aber was das Tier auch anstellte, um ihn abzuwerfen - Hoichi konnte sich im Sattel halten.
Da tauchte ein Haus auf, das auf einem kleinen Hügel stand, eingebettet zwischen blühenden Sträuchern, Zedern und Fichten. Darauf hielt das Pferd geradewegs zu, und es ließ sich nicht von diesem Weg abbringen. Es hielt auch nicht an, wie kraftvoll Hoichi die Zügel auch anzog. Deshalb blieb ihm keine andere Wahl, als sich einfach vom Rücken des Reittiers in ein Gebüsch fallen
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