1.000 Euro für jeden
Mediensoziologe und leidet unter einer seltenen
Netzhauterkrankung, die ihn nach und nach erblinden lässt. Seit drei Jahren
bezieht er deshalb eine »Erwerbsminderungsrente«. Der Dresdener, der nach der
Wende seine Arbeit am wissenschaftlichen Institut verlor und sich mit diversen
Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen durch die 1990er Jahre hangelte, erlebt diese Art
Grundeinkommen als Befreiung: »Sie macht es mir leichter, die Dinge zu tun, die
ich ohnehin tun würde.« Er engagiert sich bei den Grauen Panthern, der
Altenhilfe und hat den Verein Interessengemeinschaft Soziale Innovation für
Gesundheit und Selbsthilfe (IG Sigus) gegründet, der sich unter anderem für
gemeinschaftliche Wohnformen älterer Menschen einsetzt.
Die
dritte, Barbara Wollrath-Kramer, ist Schauspielerin und hat aus der
Arbeitslosigkeit heraus 1996 in Bochum mit und für jugendliche(n) Laien das
Projekt »Theater
Total« gegründet. Nach strengen Kriterien wird jedes Jahr aus über hundert Bewerbern
eine Truppe zusammengestellt, die unter professionellen Bedingungen ein
Theaterstück oder eine Performance erarbeitet und damit in ganz Deutschland,
Österreich und der Schweiz tourt. Angeleitet wird sie dabei von Theater-, Tanz-
und Choreographie-Profis der Folkwang-Hochschule und des Tanztheaters Pina
Bausch. Obgleich das Projekt überregionalen Erfolg hat, können das Theater
Total mit einem Jahresbudget von 200000 Euro und die Intendantin, die sich ein
Monatssalär von tausend Euro zubilligt, nur durch private Stiftungen und
Spenden überleben, die ihnen in Form von Stipendien eine Art Grundeinkommen
ermöglichen.
Solche
Beispiele sind natürlich nicht die Regel, aber doch Teil der Realität in
Deutschland. Sie zeigen, dass weit mehr Menschen, als wir denken, eine Art
Grundeinkommen beziehen. Dazu zählt auch die große Gruppe der
(Ehe-)Partnerinnen ohne eigenen Erwerb. Diese Form des Grundeinkommens ist
allerdings weder bedingungslos, noch ohne Zwang zur Arbeit und auch ohne
verlässlich festgesetzte Höhe.
Die Mehrheit hat heute
schon ein Grundauskommen durch Grundeinkommen
»In
Deutschland erhalten von 10 Menschen
• 4 ihr
Einkommen durch Erwerbsarbeit,
• 3 als
Angehörige,
• 2
beziehen Rente oder Pension und etwa
• 1 von 10
erhält Arbeitslosengeld oder Sozialhilfe.«
Mit
dieser prägnanten Formel verdeutlichen die beiden Filmemacher Daniel Häni und
Enno Schmidt, dass es keine illusionäre Forderung ist. Anders gesagt: Bereits
heute erhalten sechzig Prozent der Menschen in Deutschland ein bedingtes
Grundeinkommen durch Transferleistungen.
Erkennbar
haben diese Transferleistungen, zu denen auch Kindergeld und Bafög zählen,
nicht zu einem Einbruch wirtschaftlicher Leistungskraft geführt. Im Gegenteil:
Man könnte behaupten, dass eben diese staatlichen Leistungen unsere Wirtschaftskraft
erst ermöglichen.
Nur
wenn wir uns ein hervorragendes Bildungssystem leisten, das Menschen in den
Jahren ihrer Ausbildung staatlich absichert und ihnen dabei hilft, sich auf die
ständig wechselnden Anforderungen vorzubereiten, verfügen wir über qualifizierte
Fachkräfte, die sich auf die neuartigen Arbeitsverhältnisse einstellen können.
Nur wenn wir uns Zeit und Raum für unabhängige Forschung leisten, ermöglichen
wir die nötigen Innovationen, die uns einen Wettbewerbsvorsprung als
Industrienation erhalten, aber vor allem Lösungen für die nötigen Lebensfragen
angesichts der Weltfinanz- und Klimakatastrophe aufzeigen. Und nur indem wir
ein Gesundheits- und Sozialsystem entwickeln, das allen Menschen eine optimale Versorgung
garantiert, können wir auf ihre Bereitschaft vertrauen, sich gesellschaftlich
zu engagieren.
Die
Erfahrung zeigt, dass Menschen, wenn man ihnen vertraut, dieses Vertrauen erst
mit wachsendem Selbstvertrauen und irgendwann mit Engagement und mit Leistung
zurückzahlen. Schaut man in die Lebensläufe heutiger »Leistungsträger« unserer
Gesellschaft, wird sich schnell bestätigen, dass irgendwann irgendjemand in
diese Menschen investiert und an sie gegelaubt hat. Ob durch Stipendien,
Erbschaften oder Lottogewinne – wer ökonomisch abgesichert ist, kann seine
Geschicke in die eigene Hand nehmen.
Ein
bedingungsloses Grundeinkommen belohnt keine Leistung, sondern ermöglicht sie
erst. Das müssen wir denken lernen. Denn beigebracht wurde uns das Gegenteil.
Hierzu
passend findet sich auf der bereits zitierten Facebook-Seite im Internet der
Eintrag eines Max Roth: »Was ich tun würde, wenn ich finanziell
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