1.000 Euro für jeden
soll, auch zur Arbeit erscheint. Wir
vertrauen darauf, dass die Chefin dafür sorgt, dass Aufträge gut kalkuliert
sind und dass die Firma genug Geld verdient. Wir vertrauen darauf, dass wir am
Ende des Monats unser Gehalt bekommen. Wir vertrauen darauf, dass die Steuern,
die Arbeitslosenversicherung und die Kassenbeiträge ordentlich abgerechnet
worden sind.
Trotzdem
– und obwohl unsere Gesellschaft von Vertrauensbeweisen geradezu
durchtränkt ist – folgt auf die Nennung des Begriffs »Vertrauen« der
Pawlow’sche Reflex: »Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser.« Statt aufs
Vertrauen, das sich in 999 von 1000 Fällen auszahlt, richten die meisten
Menschen ihr Augenmerk auf Enttäuschungen. Das ist schade, aber auch nicht ganz
falsch, schließlich sind Vertrauen und Misstrauen die zwei Seiten derselben
Medaille.
Der
Soziologe Niklas Luhmann, der 1997 eine umfassende Theorie der Gesellschaft
veröffentlichte, beschreibt Vertrauen als einen »Mechanismus zur Reduktion
sozialer Komplexität«: Eben weil wir nicht in der Lage sind oder sein wollen,
alles zu kontrollieren, zu prüfen, nachzurechnen, beginnen wir früher oder
später zwangsläufig zu vertrauen: Wir wiegen eben in der Regel nicht nach, ob
eine 100-Gramm-Tafel Schokolade wirklich hundert Gramm schwer ist. Wir machen
keine Laboranalyse, ob die fettreduzierte Milch wirklich 1,5 Prozent Fett
enthält. Wir zählen auch nicht einzeln die Schrauben im Hunderter-Sparpack nach.
Wir vertrauen. Wenn nicht auf den Hersteller selbst, dann auf die staatlichen
Prüfinstanzen, die Stiftung Warentest oder die Erfahrung unseres Nachbarn, oder
die eigene Wahrnehmung.
Das
bedingungslose Grundeinkommen ist eine gesellschaftlich organisierte Form von
wechselseitigem Vertrauensvorschuss. Was – wenn nicht fehlendes
Vertrauen – hindert uns denn daran, jedem Bürger und jeder Bürgerin jeden
Monat tausend Euro in die Hand zu drücken?! Dieses fehlende Vertrauen oder
besser gesagt: falsche Misstrauen in unsere Mitmenschen ist es, das uns dabei
im Weg steht. Vertrauen ist aber im Regelfall nicht nur richtig, sondern auch
die beste Strategie zum ökonomischen Erfolg. So jedenfalls sehen das die
Wissenschaften, und so beweist es auch die betriebswirtschaftliche Praxis.
5. Kapitel:
Industrielle Arbeit –
Humanisierungsversuche
Furchtbar effizient:
Fließbandarbeit
Eine der
berühmtesten Szenen der Filmgeschichte stammt aus Charlie Chaplins Film
»Moderne Zeiten – Modern Times«: Der Höhepunkt des Films ist, als Charlie,
der als Arbeiter in einer Fabrik am Fließband steht, die stumpfsinnige monotone
Arbeit, bei der er stets dieselbe schraubende Handbewegung machen muss, zu
Kopfe steigt und er völlig durchgedreht durch die Straßen der Stadt rennt und
dabei an Mantelknöpfen wie Damenbusen herumschraubt.
Ein
junger Reporter, so schreibt Chaplin später in seinen Erinnerungen, habe ihm
vom Fließbandsystem in den Detroiter Fabriken erzählt. Die Geschichten von den
gesunden jungen Männern, die zuvor noch tatkräftig in der Landwirtschaft
gearbeitet hatten, aber nach vier oder fünf Jahren in der Großindustrie geistig
und körperlich zusammenbrachen, hätten ihn erschüttert und auf die Idee für
»Modern Times« gebracht.
Der in
den 1930er Jahren entstandene Film wurde zur weltberühmten Satire auf die
moderne Arbeitswelt, die sich seit der frühen Industrialisierung Ende des
18. Jahrhunderts innerhalb weniger Jahrzehnte in allen westlichen
Industrienationen entwickelt hatte. »Taylorismus« nannte sich das Prinzip
radikaler Arbeitsteilung, bei dem der einzelne Arbeiter nur noch engdefinierte
Handgriffe zu erledigen hatte, um die Produktivität zur Höchsteffizienz zu
treiben – also maximaler Output in minimaler Zeit.
Namensgeber
dieses Prinzips ist der amerikanische Ingenieur Frederick Winslow Taylor, der
als Pionier der Rationalisierung in die Geschichte einging. Mit der Stoppuhr in
der Hand wurden einzelne Arbeitsschritte so lange ausgewertet und analysiert,
bis man den effizientesten Herstellungsprozess ermittelt hatte. Dann wurde die
gesamte Produktion auf dieses ideale Verfahren eingestellt. Auf diese Weise
ließen sich – im Zusammenspiel mit modernen Dampfmaschinen – sehr
viel größere Stückzahlen von Produkten herstellen, was die Herstellungskosten
enorm senkte. Dadurch verringerte sich der mögliche Verkaufspreis für
Industrieware, und zugleich vergrößerte sich der Gewinn für die Unternehmen.
Die amerikanische Ford Motor Company
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