1.000 Euro für jeden
ist wohl das berühmteste Beispiel dafür,
wie diese neue Produktionsmethode zum wirtschaftlichen Erfolg führte.
Das
Produktionsprinzip der Automobilbranche machte Schule; bald arbeiteten alle
Industriebetriebe mit einer Fließbandfertigung. Allerdings führte die Effizienz
in der Produktion zu einer enormen Mehrbelastung der Arbeiter, die durch
monotone Arbeit körperlich und psychisch stärker erschöpft wurden. Die
Produktivitätssteigerung führte außerdem nicht zu einer Steigerung der Löhne,
was die Arbeitsunzufriedenheit verstärkte. Bis in die 1960er Jahre ließen sich
die Menschen die beschwerlichen Arbeitsbedingungen in den Fabriken
weitestgehend gefallen. Offenbar erlebten sie den Zuwachs an Wohlstand, der
sich durch die günstigen Industriewaren ergab, als ausreichenden Gegenwert.
Doch die anfängliche Begeisterung für die revolutionären Fertigungsmethoden
ebbte schnell ab; in der Kunst und Literatur häuften sich kritische
Darstellungen. Filme wie Chaplins »Modern Times« oder Fritz Langs »Metropolis«
(1927), die die unmenschlichen Arbeitsbedingungen in den automatisierten
Betrieben schon Jahrzehnte zuvor thematisiert hatten, wurden verstärkt
rezipiert. Auch Huxleys »Brave New World« (1932) fand nun erst weltweite
Aufmerksamkeit – verbunden mit dem Erscheinen eines Essaybands mit dem
Titel »Brave New World Revisited« (1958), in dem Huxley seine Anklage der
Industriegesellschaft noch zuspitzte. In »Brave New World« zeichnete er eine
bizarre Vision, in der die Menschen selbst in Massenproduktion gefertigt werden
und speziell für ihre Rolle im großen Maschinensystem konstruiert sind. In der
neuen Welt existiert ein ausgeklügeltes Kastensystem aus Alpha- bis
Epsilon-Menschen, in dem nur die Alphas und Betas individuelle Personen und
alle Übrigen geklonte Produktionssklaven sind. Nach der »Geburt« werden alle
Menschen entsprechend ihrer Produktionskaste konditioniert; Bildung im humanistischen
Sinne ist verboten; es gibt allein eine auf die Nützlichkeit der
automatisierten Gesellschaft ausgerichtete Wissensvermittlung. In Zeiten
fundamentaler Gesellschaftskritik wurde der Roman zum Spiegel populärer Ängste:
Wie lange würde es noch dauern, bis die arbeitende Bevölkerung völlig zur
automatisierten Maschine degradiert würde?
Erste Ansätze der
Humanisierung
von oben
In diesen
bewegten Jahren entstanden erste vorsichtige Versuche zur Humanisierung der
Arbeitswelt. Die Unternehmer mussten stärkeren Unmut in der Belegschaft
verhindern. Maßnahmen machten Schlagzeilen, die uns heute mehr als
selbstverständlich erscheinen: Die Daimler-Benz AG eröffnete im Sommer 1962 auf
der Schwäbischen Alb ein Ausbildungszentrum für ihre Betriebsangehörigen, dort
sollte »die offene menschliche Begegnung« stattfinden und ein echter
»Bildungsauftrag« – im Sinne »einer Hilfe zur Teilnahme am ganzen Leben«.
Die Medien begrüßten das Experiment zurückhaltend und wünschten wie die
meinungsführende Wochenzeitung Die Zeit »den besten Erfolg«.
Es
dauerte noch weitere zehn Jahre, bis sich diese Experimente aus den
Schulungszentren der Wirtschaft auf die Produktion selbst auswirkten. Erst als
sich Anfang der 1970er Jahre die Meldungen häuften, dass der Unmut der
Betriebsbelegschaften sich immer öfter in wilden Streiks oder Sabotageakten
Luft machte, begann erzwungenermaßen ein Umdenkungsprozess. Allmählich setzte
sich die Erkenntnis durch, dass die Fabrikarbeiter vor allem gegen die quälende
Langeweile der Fließbandproduktion rebellierten. Ein anderes Problem war die
hohe Ausschussquote. Bis zu einem Drittel der Produkte konnten aufgrund der
Mängel nicht verkauft werden.
Unter
dem Druck japanischer Konkurrenz waren die amerikanischen Konzerne gezwungen,
über Verbesserungsmöglichkeiten in der Produktion nachzudenken. Nun stand das
eherne Prinzip des Taylorismus auf dem Prüfstand: die radikale Trennung von denkender
und ausführender Arbeit – angeblich hatte Taylor mal zu einem kritisch
nachfragenden Arbeiter gesagt: »Sie sollen nicht denken; für Denken werden
andere bezahlt.« 1973 wagte man in dem Röhrenwerk von Kaiser Steel im
kalifornischen Fontana das Experiment, die Belegschaft selbst an der Konzeption
der Produktionsabläufe zu beteiligen: Deren Tätigkeit war zuvor meist auf einen
Handgriff reduziert. Nun änderten die Arbeiter die Anordnung der Maschinen, so
dass sich ein flüssiger Arbeitsablauf ergab, korrigierten den Produktionsplan,
sorgten selbst für die
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