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1.000 Euro für jeden

1.000 Euro für jeden

Titel: 1.000 Euro für jeden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Götz W. Adrienne; Werner Goehler
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Abhängigkeit,
Arbeitslosigkeit und gesellschaftlicher Ausgrenzung zu geraten oder einen
erniedrigenden Job annehmen zu müssen. Es könnte ein Hauch von Würde durchs
Land ziehen, weil die Einzelnen, wenn auch auf einem bescheidenen Niveau, die
Freiheit hätten zu wählen. Das würde gesellschaftlich eine spürbare Energie
freisetzen.
    Das
Grundeinkommen würde eben allen, unabhängig von Geschlecht und Alter, Arbeit
oder Einkommen gezahlt und auf jede Art der Zwangsarbeit verzichtet. Dann ist
jemand, der erwerbslos ist, nicht stigmatisiert, sondern einfach ein Mensch
ohne Erwerbseinkommen.
    Mythos Vollbeschäftigung
    Diejenigen,
die sich lautstark darüber beschweren, dass das Nichtstun belohnt werde,
verweisen gerne auf die niedrigen amerikanischen Arbeitslosenzahlen und bringen
diese in Zusammenhang damit, dass die schlechte Sozialsicherung eben nicht dazu
einlade, sie in Anspruch zu nehmen. Der amerikanische Soziologe und Ökonom
Jeremy Rifkin warnt, dem amerikanischen Beispiel zu folgen: »Natürlich ist die
US-Arbeitslosenquote niedriger als die deutsche. Aber bei uns sitzen allein
zwei Millionen Leute in den Gefängnissen. Meinen Sie, das ist keine versteckte
Arbeitslosigkeit?«
    Je
härter man die Sozialsysteme beschneidet, desto mehr tauchen die Probleme an
anderer Stelle wieder auf: größere Armut, schlechtere Gesundheit, weniger
Sicherheit, mehr Kriminalität. Denn das eigentliche Problem ist nicht fehlender
Arbeitswille, vielmehr fehlen die Arbeitsplätze. Unsere Arbeitswelt hat sich
zur »Reise nach Jerusalem« entwickelt: Es gibt immer einen Stuhl weniger, als
es Spieler gibt. Wer keinen Platz hat, fliegt raus. Am Ende stehen lauter
Verlierer um den einzigen sitzenden Gewinner.
    Die
Erwerbsarbeitsplätze in Wirtschaft und öffentlichem Dienst werden immer
weniger, die Erwerbslosen deshalb immer mehr und deshalb die Sanktionen immer
härter. Der Soziologe Georg Vobruba spricht von der »Beschäftigungsfalle«, in
die sich die Politik mit der Agenda 2010 hineinmanövriert habe und in der alle
nur verlieren können.
    Statt
diese Realität zur Grundlage ihres politischen Handelns zu machen, hält die
Regierungspolitik am Mythos der Vollbeschäftigung fest und bezahlt diese
Irrationalität mit immer weniger Zustimmung der Wähler. Die glauben in ihrer
großen Mehrzahl dieses Märchen nicht mehr, vertrauen lieber ihrer eigenen
Wahrnehmung. Jedes Jahr verschwinden in Deutschland über zehn Prozent aller
Arbeitsplätze – und das bei gleichbleibender und steigender Produktivität.
Schätzungen gehen davon aus, dass dauerhaft zwanzig Prozent der arbeitsfähigen
Bevölkerung ausreichen, um die Wirtschaft auf dem heutigen Stand in Schwung zu
halten. Achtzig Prozent der erwerbsfähigen Bevölkerung blieben demzufolge langfristig
ohne Job.
    Neben
Politik und Gewerkschaften hat die Wirtschaft ein Interesse, den Mythos der
Vollbeschäftigung weiter zu nähren. Es ist eine nüchterne Kalkulation: Wenn
mehr Menschen arbeiten wollen und müssen, als es Arbeitsplätze gibt, kann sie aus
dieser »industriellen Reservearmee« die besten, aber auch gefügigsten Kräfte zu
günstigen Preisen einkaufen. Unternehmen haben also kein Interesse an realer
Vollbeschäftigung, aber am Fortbestehen ihres Mythos.
    Gewerkschaften
dagegen haben ein originäres Interesse, an dem Ziel von Vollbeschäftigung
festzuhalten, weil sie im Fall ihrer Verwirklichung eine stärkere
Verhandlungsmacht gegenüber den Arbeitgebern hätten. Je mehr Menschen
arbeitslos sind, desto weniger Macht und Geld haben die Gewerkschaften. Ohne
die Fiktion »Wir kümmern uns für euch darum, das Ziel Vollbeschäftigung zu
erreichen«, drohen sie in der Bedeutungslosigkeit zu verschwinden.
    Man
stelle sich vor, es wäre gesellschaftlicher Konsens, dass nur jeder Fünfte
arbeiten müsste. Die Gewerkschaft würde sichtbar zur Interessenvertretung einer
Minderheit. Deshalb geben die Gewerkschaften auch nicht viel auf die
begleitende Unterstützung neuer Arbeitsformen. Sie sind in ihrem
Selbstverständnis gefangen, dass Arbeit betriebsförmig organisiert sein muss,
am besten in einer bestimmten Anzahl von sicheren sozialpflichtigen
Arbeitsplätzen, so dass gesetzliche Bestimmungen greifen. Ähnlich, wie der
Sozialstaat deshalb nicht mehr funktionieren kann, weil sein Subjekt – der
lebenslang angestellte, verlässlich ausrechenbare männliche Ernährer der
Familie – im Schwinden begriffen ist, kann Gewerkschaftsarbeit so wie
bisher nicht mehr funktionieren. Es

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