1.000 Euro für jeden
Klasse nicht – wie im Schulmusterland Schweden. Bis dahin wird auch
eine der Grundideen aus der Reformpädagogik verwirklicht: in altersgemischten
Gruppen voneinander zu lernen, zusammenzuleben und sich gegenseitig zu unterrichten
wie Geschwister.
Erst ab
dem neunten Jahrgang lernen die SchülerInnen in altershomogenen Gruppen und
werden im Hinblick auf die drei relevanten Abschlüsse nach Klasse 10 mit
Zensuren beurteilt und in einigen Fächern fachleistungsdifferenziert unterrichtet.
In der
Montessori-Gesamtschule engagieren sich auffallend viele Eltern, die
Unternehmer oder Freiberuflerinnen sind. Sie teilen ihre Ziele mit Schulleitung
und Lehrern: das Selbstbewusstsein der Kinder stärken, eine Arbeitshaltung
vermitteln und eine Atmosphäre erzeugen, »in der die unendliche Individualität
jedes Kindes respektiert wird«, wie Christoph Miethke, einer der Förderer der
Schule, es formuliert. »Und Zusammenarbeit!«, schickt er hinterher. Damit haben
die Eltern selbst angefangen. Sie veranstalten regelmäßig pädagogische
Seminare, zu denen auch am Wochenende 60 Mütter und Väter kommen. Oder sie
bieten eine Woche lang selbst Unterricht an, damit die Lehrer in dieser Zeit
neue Projekte vorbereiten können. Eltern präsentieren, was sie gut können.
»Anschließend war unserer Respekt vor der Lehrerarbeit enorm gewachsen«, sagt
Miethke.
Der
Filmemacher Reinhard Kahl resumiert in der Zeit : »Am beeindruckendsten sind in
dieser Schule die Gesichter der Schüler. Diese Schönheit beim Erwachen und allmählichen
Erwachsenwerden von Intelligenz ist ein unschlagbares Argument. Kein Wunder,
dass mancher, der das gesehen hat, (nach Potsdam) umzieht.«
Humanistische Bildung
revisited
Kreativität
ist die Ressource des 21. Jahrhunderts und ist daher nicht als Exklusivgut
oder Feierabendbeschäftigung zu verstehen.
Entscheidend
ist vielmehr der freie Zugang zu einer Bildung und einer Umgebung, die
Kreativität als jeder und jedem Einzelnen innewohnende Fähigkeit versteht, die
es zu entfalten gilt.
Das
autonome Individuum ist einer der Zentralbegriffe der bürgerlichen
Aufklärung – ein Individuum, das sich aus eigenem Antrieb bilden und
erweitern, das Weltbürger sein will. Für Wilhelm von Humboldt ist es der Dreh-
und Angelpunkt seines Bildungsideals: »So viel Welt als möglich in die eigene
Person zu verwandeln, ist im höheren Sinn des Wortes Leben.« Was könnte in der
globalisierten Welt aktueller sein?
Ohne
Leidenschaft läuft alle Pädagogik ins Leere. Der Bologna-Prozess, die
Vereinheitlichung, ja Industrialisierung der Wissensvermittlung, erstickt
jegliche Leidenschaft, die schon Humboldt einforderte und heute dringlicher
denn je gebraucht wird. Je mehr staatliche Kontrolle und Vorschriften, je
weniger Freiraum für Begeisterung, desto einförmiger die AbsolventInnen der Bildungsinstitutionen.
Forschung
und Lehre sollten von staatlichen Forderungen und Auflagen einengender Art
freigehalten werden. Universitäre Bildung sollte eben keine berufsbezogene,
sondern eine von schnelllebigen und deshalb schnell überholten wirtschaftlichen
Interessen unabhängige Ausbildung sein.
Wir
brauchen anschlussfähiges Orientierungs- und Überblickswissen, Kreativität und
Improvisationstalent: Wissen, das dem Einzelnen nützt und ihn in die Lage
versetzt, die eigene Kreativität zu entwickeln. Humboldt hat es zu seiner Zeit
Mannigfaltigkeit genannt, heute nennen wir es Vielfalt.
Den Lehrberuf neu denken
Doch sind
unsere LehrerInnen der Herausforderung und Chance, die eine Bildungsvielfalt
bedeutet, gewachsen? Zuallererst fehlt ihnen die gesellschaftliche
Wertschätzung. Zusammen mit Politik und Polizei zählt der Lehrberuf zu den
unbeliebtesten Berufsbildern. Im Gegensatz zu beispielsweise Finnland, dem
Pisa-Paradies, wo der Lehr- und Vermittlungsberuf eine hohe Wertschätzung
genießt – wer ihn studieren will, muss zu den Besten eines Jahrgangs
gehören. Da müssen wir in Deutschland perspektivisch hin. Hierzulande tragen
die Absolventen eines Lehramtstudiums häufig noch den Stempel auf der Stirn, in
ihrer jeweils studierten Fachdisziplin Zweite Klasse zu sein. Die
Lehramtsstudierenden werden von den forschenden Kommilitonen belächelt. Ihnen
wird die Ernsthaftigkeit abgesprochen, sich in das jeweilige Fach wirklich
einarbeiten zu wollen.
Das
gilt besonders für die kreativen Fächer wie Kunst und Musik. Wer an einer
Kunstakademie oder Musikhochschule auf Lehramt studiert, erlebt bald den Makel
und
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