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17 - Im Schatten des Grossherrn 06 - Der Schut

17 - Im Schatten des Grossherrn 06 - Der Schut

Titel: 17 - Im Schatten des Grossherrn 06 - Der Schut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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ERSTES KAPITEL
    Halef in Gefahr
    Unser Ritt neigte sich jetzt voraussichtlich seinem Ende zu; aber es stand zu erwarten, daß der letzte Teil desselben der schwierigste sein werde. Diese Schwierigkeit war teils eine Folge der Bodenverhältnisse, denn wir hatten Berge, Felsen, Täler, Schluchten, Urwälder und Sümpfe vor uns, durch oder über welche nicht leicht zu kommen war, teils beruhte sie darauf, daß die Absichten und Ereignisse, denen wir gefolgt waren und auch jetzt noch folgten, zu einem Abschluß, einem Ende drängten, bei welchem uns voraussichtlich größere Anstrengungen und Gefahren erwarteten, als wir bisher hinter uns hatten.
    Israd, unser Führer, erwies sich als ein munterer Bursche. Er erzählte uns interessante Episoden aus seinem Leben und gab uns lustige Schilderungen von Land und Leuten, so daß wir gar nicht daran dachten, die Zeit zu messen.
    Die fruchtbare Ebene von Mustafa liegt eigentlich am linken Ufer des Wardar, woher wir gekommen waren. Am rechten, an welchem wir uns befanden, steigt das Terrain allmählich empor, doch ist das Land noch sehr fruchtbar. Wir kamen an reichen Baumwoll- und Tabakfeldern vorüber und sahen fruchttragende Limonien stehen. Doch sagte Israd, daß dies bald aufhöre und wir jenseits der Treska sogar durch Gegenden kommen würden, welche ‚meratlü‘ seien.
    Um zu wissen, was dieses Wort bedeutet, muß man sich daran erinnern, daß der Grund und Boden des osmanischen Reiches in fünf verschiedene Klassen eingeteilt wird.
    Die erste Klasse ist der ‚Mirieh‘, das heißt das Land der Staatsdomänen, zu welchem selbstverständlich nicht der unfruchtbarste Boden gehört. Dann kommt der ‚Wakuf‘, das Eigentum der frommen Stiftungen. Dieser Klasse fällt ohne weiteres alles Land zu, dessen Besitzer ohne Hinterlassung direkter Erben stirbt. Die dritte Klasse faßt den ‚Mülk‘, den Privatgrundbesitz, in sich. Die Besitztitel werden in der Regel nicht nach einer genauen Messung, wie bei uns, sondern nach ungefährer Schätzung ausgestellt. Für jeden Wechsel des Besitzers, also Kauf, ist die Genehmigung der Regierung erforderlich, welche bei den dortigen Verhältnissen meist nur durch die Bestechung der betreffenden Beamten erlangt werden kann. Der Mülk leidet auch außerordentlich unter den Mißbräuchen welche bei der Steuererhebung eingerissen sind. So hat zum Beispiel die Bodenwirtschaft zehn Prozent Naturalabgabe zu entrichten. Die Steuerpächter verschieben aber gewöhnlich die Einholung dieses Zehnts so lange, bis die Früchte in Fäulnis überzugehen drohen und der Landwirt mehr als zehn vom Hundert bietet, um den Ertrag seiner Ernte retten zu können. In die nächste Klasse, ‚Metronkeh‘ genannt, gehören die Straßen, öffentlichen Plätze und Kommunal-Grundstücke. Die Verkehrswege befinden sich meist in einem beklagenswerten Zustand, was ein Hauptgrund für die wirtschaftliche Notlage des Landes ist. Die letzte Klasse wird ‚Merat‘ genannt und begreift alles wüste und unproduktive Land in sich. Dieses war es, was unser Führer meinte, als er ‚meratlü‘ sagte.
    Wir hatten zwei oder drei flache Terrassen zu ersteigen und kamen dann zu der Hochebene, welche im Westen steil nach den Ufern der Treska abfällt. Hier ritten wir durch einige kleine Dörfer. Der größte und bedeutendste Ort dieser Ebene, Banja, blieb links von uns liegen.
    Da wir wußten, daß Israd uns in gradester Richtung führen werde, hatte ich nicht danach getrachtet, die Spuren des uns vorangerittenen Suef aufzusuchen. Es hätte uns das nichts nützen können, sondern nur zur Verzögerung unseres Rittes geführt. Nachdem wir ungefähr vier Stunden unterwegs waren, kamen wir durch einen sehr lichten Wald, dessen Bäume weit auseinander standen. Dort trafen wir die Fährte eines einzelnen Reiters, welche von links auf unsere Richtung stieß. Ich betrachtete sie aus dem Sattel herab. Es war zwar nicht mit voller Bestimmtheit zu behaupten, aber es ließ sich vermuten, daß es die Fährte Suefs sei, zumal das Pferd so scharf ausgegriffen hatte, daß anzunehmen war, der Reiter habe große Eile gehabt. Da sie in unserer Richtung weiterführte, folgten wir ihr, bis nach einiger Zeit eine zusammengesetztere Fährte von rechts her kam.
    Jetzt stieg ich ab. Wer einigermaßen Übung besitzt, kann unschwer erkennen, von wie viel Pferden eine solche Spur gemacht wurde, falls es nicht gar zu viele gewesen sind. Ich sah, daß fünf Reiter hier geritten seien; also waren es höchst

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