1.000 Euro für jeden
offiziell abgeschafft, doch Frauen
blieben Bürger zweiter Klasse und waren weder mündig, autonom, noch
gleichberechtigt, sondern – im Wortsinne – bevormundet durch den
Vater, den Bruder, den Ehemann.
»Liberté,
Égalité, Fraternité!«
Im
Laufe des 19. Jahrhunderts setzten sich die Prinzipien der Französischen Revolution
im europäischen Raum allmählich und mit vielen Rückschlägen durch: Gleichheit
vor dem Gesetz, Freiheit der Person, Garantie des Eigentums, Volkssouveränität
und Mitbestimmungs- und Selbstverwaltungsrechte der Bürger und Kommunen wurden
in die Verfassungen aufgenommen.
Zwar
gilt die Sklaverei seit dem 19. Jahrhundert weltweit offiziell als
abgeschafft, doch die Gleichberechtigung der schwarzen Bevölkerung schaffte es
in den USA erst in den 1960er Jahren auf die politische Agenda, fast
zweihundert Jahre nach der legendären Unabhängigkeitserklärung. Auch in Europa
dauerte es bis zur annähernden Gleichberechtigung aller Bürgerinnen mehr als
drei Generationen: In Deutschland bekamen Männer aller sozialer Schichten erst
Ende des 19. Jahrhundert gleiches Wahlrecht; das Frauenwahlrecht wurde in
Deutschland wie in den meisten europäischen Ländern erst 1919 eingeführt, in
der Schweiz erst 1971 und im Schweizer Kanton Appenzell sogar erst 1990.
Heute
leben wir wieder in einer Zeit gewaltiger Umwälzungen. Die brennenden Autos in
den Pariser Banlieues 2005, die revolutionären Unruhen in Teheran nach der
Präsidentenwahl 2009, die aufgebrachten Massen auf dem Syntagma-Platz in Athen
im Frühjahr 2010 sind Ausdruck gewaltiger gesellschaftlicher Spannungen,
sozialer Ungerechtigkeiten, die sich in Wut und Aggression entladen, wie einst,
als die Sansculotten die Barrikaden stürmten.
»Liberté«
und »Égalité« sind in unseren Gesetzen verankert und doch nicht durchgesetzt.
Von Brüder- oder Geschwisterlichkeit und Solidarität ganz zu schweigen. Solange
inmitten des gesellschaftlichen Reichtums Menschen unter Armut leiden, besteht
die Gefahr sozialer Unruhen, die sich gegen Unfreiheit und Ungleichheit
richten. Längst geht es nicht mehr allein um die wachsende Armut, die sich vor
den Suppenküchen, in Arbeitsagenturen und im Niedriglohnsektor zeigt. Immer
mehr Menschen eint die Angst vor der Zukunft – unabhängig von ihrer
Zugehörigkeit zu einer bestimmten Schicht, Berufs- oder Altersgruppe.
Das
bedingungslose Grundeinkommen würde dieser diffusen, lähmenden Angst, der
Ohnmacht, die ein würdeloses Leben unterhalb des Existenzminimums auslöst,
begegnen. Das würde die gesamte Gesellschaft spüren. Es würde zwar den
Unterschied zwischen Arm und Reich nicht aufheben. Doch wer nicht um seine
eigene Existenz fürchten muss, wer sein Grundauskommen hat, kann in allem
großzügiger und gelassener sein, mit sich und den anderen.
Es
könnte die Kreativität entfesseln, die wir auf allen Ebenen brauchen, weil die
menschengemachten Natur- und Finanzkatastrophen mit den herkömmlichen Methoden
nicht mehr zu bewältigen sind.
Der
Reichtum den wir in der Gesellschaft an Wissen und Vermögen haben, könnte
endlich genutzt werden, wenn die, die fortwährend Ideen produzieren, in den
Wissenschaften und Künsten oder den NGOs, sich nicht mit perspektivlosen
Brotjobs über Wasser halten müssten. Deutschland zählt nach wie vor zu den
reichsten Ländern der Erde. Historisch gesehen waren wir noch nie so reich wie
heute. Selbst die Kaiser und Könige vergangener Jahrhunderte kannten keinen
solchen Wohlstand wie die Durchschnittsbürger heute. Wenn dabei gleichzeitig
quer durch fast alle gesellschaftlichen Schichten inmitten dieses Reichtums
erdrückende Armut entsteht, sind wir aufgefordert, die Praxis
gesellschaftlicher Solidarität zu überdenken .
Die Freiheit zu zeigen, was
wir können
Heute
wissen wir, was von Anfang an zu ahnen war, dass das ausgerufene Ziel der
rot-grünen Agenda 2010, »Eigenverantwortung zu fördern und mehr Eigenleistung
von jedem Einzelnen abzufordern«, mehr als verfehlt wurde. Die Menschen fühlen
sich nicht gefördert, sondern gedemütigt; nicht die Eigenverantwortung ist
gewachsen, sondern die Bevormundung und das Gefühl, ausgeliefert zu sein.
Ein
bedingungsloses Grundeinkommen hingegen würde die Eigenverantwortung stärken,
weil es Freiheit gibt: die Freiheit, sein Leben selbst in die Hand zu nehmen.
Nicht mehr Opfer sein zu müssen, weder der Vorgesetzten oder der Eltern, noch
der Verhältnisse. Der so oft gehörte entschuldigende Satz »Wenn ich
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