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1001 Nachtschichten

1001 Nachtschichten

Titel: 1001 Nachtschichten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Osman Engin
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verärgert.
    »Papa, du hast echt von nichts ’ne Ahnung!«, lacht sie.
    »Von Köfte schon. Lasst uns endlich gehen«, sage ich.

    Wir sind gerade im Treppenhaus, als uns ein herzzerreißender Schrei im Duett mit einem nasezerreißenden Gestank erreicht.
    »Frau Engin, Herr Engin, haaalt, bitte bleiben Sie doch stehen«, kreischt jemand von oben.
    »Was zum Kuckuck ist denn das?«, frage ich überrascht.
    »Du hast es erraten, es ist Frau Kuckuck«, lacht Eminanim.
    Kurz darauf poltert Frau Anabella Kuckuck mit rosa Hausschuhen an den Füßen, einer großen Pfanne in der Hand und reichlich Lockenwicklern in den Haaren die Treppen herunter.
    »Frau Kuckuck, Sie haben uns aber erschreckt, was ist denn los? Ist in Ihrer Wohnung etwa Feuer ausgebrochen? Soll ich die Feuerwehr rufen?«, frage ich ängstlich.
    »Feuer würde ich nicht sagen, aber wegen dem vielen Knoblauch sind sie schon ein bisschen arg scharf geworden. Schauen Sie, ich habe heute echte türkische Frikadellen für Sie gebraten«, sagt unsere Nachbarin mit stolzgeschwellter Brust. »Die kleinen Hackfleischbällchen schmecken richtig gut!«
    »Frau Kuckuck, das glaube ich Ihnen gerne. Die riechen ja auch herrlich«, versuche ich zu lächeln, was mir bei dem eigenartigen Gestank aber sehr schwer fällt. Wie man sieht, beherrsche ich die Kunst des Schleimens unter schwierigsten Bedingungen in allen Situationen perfekt!
    Mit einer Zange greift Frau Kuckuck eine dieser verkohlten Stinkbomben und hält sie mir unter die Nase:
    »Greifen Sie ruhig zu, Herr Engin, lassen Sie es sich schmecken.«
    Mir graust …
    »Siehst du, Ossi, unsere Nachbarn lesen dir jeden Wunsch von den Augen ab. Wir haben aber tolle Nachbarn«, lacht meine Frau und ruft: »Frau Kuckuck, wie haben Sie denn erraten, dass mein Mann heute so gern Köfte essen wollte?« Eminanim kommt aus dem Lachen gar nicht mehr heraus.
    »Vielen Dank, Frau Kuckuck, zu gütig von Ihnen. Aber ich habe gerade erst was gegessen!«, lüge ich.
    Mein Onkel Ömer meint, wenn es niemandem schadet, darf man ab und zu ruhig ein bisschen lügen.
    »Aber Herr Engin, wie können Sie denn mein türkisches Essen zurückweisen? Millionen von Ausländern sterben vor Hunger in Afrika, und Sie wollen nichts essen«, argumentiert unsere fleißige, aber untalentierte Köchin.
    Zugegeben, ihr Argument ist gar nicht mal so schlecht, aber ihr Benehmen dafür umso schlimmer. Sie hält mir nämlich diesen verkohlten Fleischkloß mit der Zange immer noch unter die Nase, um bei einer Unachtsamkeit meinerseits diese Stinkbombe in meinen Mund zu befördern. Ich muss sie unbedingt davon abbringen, um nicht wie die besagten Afrikaner vorzeitig jämmerlich zu krepieren; zwar nicht an Unterernährung, aber vielleicht an Lebensmittelvergiftung oder vor Ekel!
    »Frau Kuckuck, ich lebe doch in Deutschland und nicht in Afrika! Und die meisten Afrikaner in Afrika sind dort keine Ausländer. Abgesehen davon habe ich wirklich keinen Hunger!«, versuche ich zu argumentieren.
    »Herr Engin, bitte essen Sie! Tun Sie mir doch denGefallen. Ich kenne sonst keine Ausländer!«, lässt sie nicht locker.
    »Vielen Dank, Frau Kuckuck, ein anderes Mal gerne. Aber heute geht es beim besten Willen nicht.«
    »Aber Ihr armes Kind will bestimmt was essen. Es ist doch so abgemagert«, sagt sie und zeigt auf Hatice.
    »Das ist eine gute Idee«, pflichte ich ihr sofort bei.
    Und bevor Hatice sich in Sicherheit bringen kann, stopft Frau Kuckuck meiner Tochter die selbst gemachten Frikadellen in den Mund.
    »Ögh … Papi, Papi, hilf mir, ich kriege diese ekelhaften Dinger nicht runter«, jammert Hatice auf Türkisch.
    Meine kleine Tochter mochte noch nie Frikadellen. Nicht mal die genießbaren, die ihre Mutter immer macht. Ihre Grundnahrungsmittel sind Pommes mit Ketschap, Tschips und Schokolade.
    »Hatice, mein Kind, sei tapfer! Zeig der Frau, dass du sie lieb hast. Wo soll sie sich denn sonst Ausländer zum Füttern herholen«, flehe ich meine Tochter auf Türkisch an.
    »Bääh, iss du doch selber. Du wolltest doch die ganze Zeit teure Köfte essen gehen, obwohl man dich bei der Arbeit rausschmeißt«, kontert sie piepsig.
    »Hatice, tu so, als wenn du kaust. Gleich vor der Tür kannst du ja alles ausspucken«, lautet der mütterliche Rat meiner Frau.
    »Hatice, meine geliebte Tochter, die Situation ist von nationaler Bedeutung. Du darfst das Mitleid der Deutschen nicht enttäuschen. Iss es, um Himmels willen, iss es! Du bist doch das einzige Ausländerkind, das

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