1014 - Der Seelenkompaß
öffnen.«
»Stimmt. Obwohl es schade um den Seelenkompaß ist. Er ist wirklich eine Sensation, und die Flammen sind noch immer da.«
»Aber nicht mehr so groß.«
Sie waren zusammengesackt und tanzten nur noch in der unteren Hälfte. Kleine, fingerlange Feuerteufel, mal hell, dann wieder etwas dunkler, von einer Unruhe beseelt, die sich durch ein starkes Flackern bemerkbar machte.
Ich holte endlich das Kreuz hervor und bemerkte auch Janes angespannten Blick.
»Es ist unsere einzige Chance, um Kam-El-Baad zu zerstören. Wir müssen über den Seelenkompaß an ihn herankommen.«
»Gib acht auf den Schatten.«
»Glaubst du, er kehrt zurück?«
»Bestimmt.«
Nach diesen Worten ging ich auf mein neues Ziel zu. Das Feuer war noch geblieben, aber keine Flamme schlug so hoch, als daß sie wieder einen neuen Namen geschrieben hätte.
Ich hatte den Seelenkompaß bisher noch nicht berührt. Das holte ich jetzt nach. Mit der linken Hand strich ich über die goldenen Einfassungen hinweg. Ich rechnete damit, etwas zu spüren, eine gewisse Wärme oder ein Vibrieren, aber das Gold blieb ziemlich kühl, beinahe schon kalt. Auch das Feuer hatte es nicht erwärmen können.
Das Kreuz mußte mir helfen.
Ich hängte es kurzerhand an den Kompaß an, ohne es allerdings loszulassen. Es lag auf dem oberen Rand, ich wollte nur abwarten, es auch nicht aktivieren, denn das brachte hier nichts.
Wichtig war das Ankh!
Genau dieses Zeichen ließ mich nicht im Stich. Grell strahlte es auf. Ein türkisfarbenes, blendendes Licht ging von ihm aus und tanzte durch die Verstrebungen des Kompasses wie ein gefärbtes Feuer.
Für einen Augenblick griff die andere Kraft auf mich über. Ich hörte irgendwo tief in meinem Kopf leise Schreie, hielt das Kreuz fest und schaute zu, wie die letzten Flammenzungen ineinandersanken, um dann zu verschwinden.
Das Gebilde fing an zu zittern. Auch der Widerstand löste sich allmählich auf. Das Gold weichte auf.
Unter der Kraft des Ankh sackte der Seelenkompaß zusammen. Wie zähes Fett landeten erste Tropfen auf dem Boden. Das gesamte Gebilde bekam einen Knick. Es drückte sich zur Seite und nahm eine Schieflage ein. Immer mehr löste es sich auf, und wir konnten einfach nur dastehen und zuschauen.
Ich zog das Kreuz zurück, weil ich nicht wollte, daß es in dieser zähen Masse feststeckte. Auf dem Boden hatte sich bereits eine Lache gebildet, und auch der Himmel über uns verlor sein Aussehen.
Jane brachte mich darauf. »Die Gestirne ziehen sich zurück…« Ich blickte hoch.
In der Tat verlor dieser Keller, auch Seelenhalle genannt, sein letztes Phänomen. Die Zeichen über uns drehten sich, sie zogen sich zurück, als hingen sie an Bändern, die von einer mächtigen Hand gezogen wurden. Die Magie verlor ihre Kraft, und auch das Licht zog sich zurück, so daß es immer dunkler wurde.
Keiner von uns hatte Lust, im Finstern zu warten. So ging ich zur Tür und fand dort einen Lichtschalter, der aber nicht funktionierte. Zudem gab es keine Lampe hier im Keller. Man hatte die Elektrizität ausgesperrt.
Aber hinter der Tür war es noch hell. Deshalb zog ich sie auf und ließ wenigstens einen Teil des Scheins in die Seelenhalle, die diesen Namen nicht mehr verdiente.
Der Kompaß schmolz weiter. Seine obere Hälfte war längst eingedrückt worden, und immer wieder fielen die dicken, goldenen Metalltropfen zu Boden.
Ich warf einen Blick auf mein Kreuz. Das Ankh strahlte noch, nur nicht mehr so stark. Ich war sicher, daß sein Licht verlöschen würde, sobald auch der Seelenkompaß völlig zusammengeschmolzen war.
Jane hatte sich an der Wand gestützt, stieß sich jetzt ab und kam auf mich zu. Ich sah sie deutlicher, als der Lichtschein auf sie fiel. Ihre Miene war nachdenklich und besorgt.
»Weshalb machst du dir Sorgen, Jane?«
»Ich denke, daß es noch nicht vorbei ist.«
»Kam-El-Baad?«
»Wer sonst? Er lebt noch, John. Oder existiert, wie auch immer. Ich bin mir fast sicher.«
»Kann sein.«
»Wir sollten verschwinden und die Leiche mitnehmen - oder?«
»Nein, das können die Kollegen erledigen. Aber du hast recht. Mich hält auch nichts mehr.«
»Das Ankh leuchtet immer noch.«
»Ja, daran denke ich auch.«
»Es will uns warnen«, flüsterte Jane. »Ich bezweifle, daß wir jetzt schon gehen können. Wir müssen ihn bekommen, sonst würden wir immer Ärger haben und uns Vorwürfe machen.«
Ich schwieg, schaute aber gegen die Decke. Dort waren die Gestirne verschwunden. Der Keller hatte
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