105 - Der Leichenfledderer
Sphäre zurück.
Cotton lag röchelnd im Staub. Normalerweise starb man nicht durchs skalpieren, doch der Schnitt des Schamanen brachte immer den Tod.
Cotton sah die Häuser, sah die untergehende Sonne. Es ging rasend schnell. Der Schamane schien genau in den Glutball hineinzugehen. Die Mainstreet, dachte der Sterbende. Ich liege hier wie einer der vielen, die einen Besseren trafen. Gegenwart und Vergangenheit vermischten sich miteinander. Dann war Cotton Mather tot.
Sie sahen den Schamanen auf dem Plateau.
Unga hatte recht gehabt. Der Unheimliche wollte auch die letzten Nuggets erbeuten. Sein dämonischer Auftrag ließ ihm keine andere Wahl.
„Olivaro hat ihn zum Leben erweckt", sagte Coco.
Unga hatte ihr alles über die Zwischenlandung am Nordpol erzählt. Sie wußte jetzt, daß der Schamane ein weiteres Monster war, dessen Hilfe sich Olivaro vergewissern wollte.
„Er tötet wahllos jeden", erklärte Unga, „der ein magisches Nugget bei sich trägt."
„Der Schwarze Samurai wird den Schamanen mitnehmen. Wir müssen ihm zuvorkommen."
Wie zur Bestätigung von Cocos Worten tauchte der Schwarze Samurai am anderen Ende des Plateaus auf. Es war dasselbe Plateau, auf dem Ta-Ko-Te vor mehr als hundert Jahren gestorben war. Coco warf Tim einen kurzen Blick zu.
„Du bleibst beim Hubschrauber! Maria und die Frauen sind hier besser aufgehoben!"
Morton fühlte sich zu sehr in die Rolle des Beschützers gedrängt. „Wollt ihr das allein erledigen?" „Selbstverständlich", erwiderte Coco und rannte mit Unga davon.
Der Schamane hatte sich in der Mitte des Plateaus aufgestellt. Er drehte sich suchend um. Als er Ungas Nähe spürte, setzte er sich in Bewegung. Die magischen Nuggets wirkten für ihn wie eine Lichtquelle auf Insekten. Sie lockten den Untoten an.
Tomotada riß das Schwert Tomokirimaru aus der Scheide. Er würde um den Schamanen kämpfen. Hatte Olivaro seine Abmachung mit Coco vergessen? Oder war ihm der Schamane wichtiger?
Unga kletterte über den Rand des Plateaus. Die letzten Sonnenstrahlen schossen über die Felshänge. Die Wüste lag in düsterem Zwielicht da.
Ta-Ko-Te schnellte auf den Cro Magnon zu. Das Skalpmesser hätte Unga getötet, wenn sich Coco nicht in den schnelleren Zeitablauf versetzt hätte. Es sah so aus, als wären Unga und der Schamane zu absoluter Reglosigkeit erstarrt. Wenige Meter, von ihnen entfernt drohte das Schwert des Samurai.
Coco hatte das Gefühl, durch eine Wand zu rennen. Die dämonische Aura des Schamanen verwirrte sie. Jetzt griff sie nach dem Handgelenk des Unheimlichen. Sie blockte den Todesstoß ab. Unter ihrem stahlharten Griff zerbröselte das Handgelenk der Mumie. Sie hatte den Dolch erbeutet und ließ die Klinge in der Hand herumschnellen. Ein kurzer Streich, und sie hatte den Schamanen geköpft. Staub wallte auf. Ein puffendes Geräusch war zu hören, dann sank der Schamane in sich zusammen. Ein Bündel Knochen kullerte aus dem Poncho. Unmenschliches Stöhnen hallte über das Plateau.
Coco sprang zurück. Tomotada hätte sie fast mit dem Tomokirimaru erwischt. Doch er schlug nicht zu. Für den Bruchteil einer Sekunde war sie wehrlos. Sie wechselte vorn schnellen in den normalen Zeitablauf zurück.
„Keine Angst, Coco! Ich werde dich nicht töten."
Das war Olivaros Stimme.
„Du hast unsere Abmachung also nicht vergessen?"
„Nein, Coco. Wie könnte ich das? Du denkst immer noch, ich wäre ein Dämon. Aber das stimmt nicht. Der schlechte Einfluß der Schwarzen Familie hat mich geformt. Ich stand aber nie auf der Seite des absolut Bösen. Ich gebe zu, daß ich immer auf meinen Vorteil bedacht war, aber ist das wirklich so schlimm? Die Geschichte dieses Planeten ist vom Kampf jedes gegen jeden geprägt. Ich mußte mich wehren, wenn ich überleben wollte. Ich glaube, wenn ich eine Chance bekomme, dann könnte ich ein Mensch werden - ein Mensch wie du, Coco."
„Die Chance sollst du bekommen, Olivaro", flüsterte Coco benommen.
Als sie auf blickte, war der Schwarze Samurai verschwunden.
Der Schamane hatte sich aufgelöst. Coco glaubte im Säuseln des Windes indianische Totentrommeln zu hören. Sie kannte die Geschichte Ta-Ko-Tes nicht, aber es war sicher eine Geschichte unbeschreiblicher Leiden.
Wortlos warf Unga die magischen Nuggets in den Staub der Mumie. Er sah zu, wie der Wind die Reste des Schamanen in die Nacht hinaustrieb. Ta-Ko-Te hatte seinen Frieden gefunden.
„Kehren wir zu den anderen zurück", sagte Coco heiser. „Hier können wir
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