1051 - Als Verfluchte grüßen...
so interessant?«
»Es geht, aber man kann das Meer sehen. Dort liegen dann auch die alten Hafenanlagen.«
»Und wo finden wir die Tempel und Kultstätten?«
»Nahe dabei, aber nicht direkt am Wasser. Man hat die Anlage etwas mehr in das Innere des Landes hineingebaut.«
»Du weißt viel.«
»Wundert dich das?«
»Kaum.«
»Unten lag ein Prospekt«, erklärte Suko. »Ich habe hineingeschaut. Ein kurzer Blick auf die Graphik reichte aus, um zu wissen, wie wir fahren müssen. Das sind alles nur Minuten.«
»Wenigstens etwas Positives.«
Wir standen nebeneinander. Ich wartete auf eine Bemerkung meines Freundes, aber er sagte nichts.
»He, was hast du?«
»Was hältst du von La Roche?«
»Es ist gut, daß wir ihn haben. So brauchen wir uns nicht durchzufragen. Ich gehe auch davon aus, daß er sich in den Tempeln und Nekropolen auskennt.«
»Das wird wohl so sein.«
»Du magst ihn nicht, oder?«
Suko wand sich. »Das kann man nicht so genau sagen. Er kommt mir mehr vor wie ein von der Behörde abgestellter Aufpasser. Ich kann mir auch vorstellen, daß er noch andere Fäden zieht und seine Kontakte ausgezeichnet sind.«
»Das ist normal.«
»Ich hoffe nur, daß er nicht gegen uns arbeitet. Er hat sich ja aufgeschlossen gegeben, aber ob er unseren Angaben glaubt, das ist schon fraglich.«
»Wenn ein Mann wie La Roche zum erstenmal mit diesen anderen Dingen konfrontiert wird, fällt es ihm zwangsläufig schwer, daran zu glauben. Die Phönizier sind Geschichte. Nach ihnen kamen die Römer, danach wurde das Land islamisiert. Da ist das erste Volk mehr und mehr in Vergessenheit geraten. Trotz den Ausgrabungen, für die sich meistens Fachleute und Archäologie-Touristen interessieren und am wenigsten die Einheimischen, meine ich.«
»Kann stimmen.«
Ich lachte und schlug ihm auf die Schulter. »Im Zimmer gibt es eine Minibar. Ich hole mir mal einen Schluck.«
»Für mich nicht.«
Hin und wieder trinke ich gern ein Fläschchen Bitter Lemon. Ich schraubte es auf und trank direkt aus der Flasche. Dabei ging ich im Zimmer auf und ab, beschäftigt mit den Gedanken, die ich schlecht in eine Reihe bringen konnte.
Auch mir gefiel nicht alles, was wir seit unserer Ankunft erlebt hatten. La Roche hatte die Dinge sehr vereinfacht gesehen, nur wollte ich ihm das nicht zum Vorwurf machen. Da war jeder Mensch anders, wenn er mit etwas konfrontiert wurde, das ihn in seinem bisherigen Leben nicht berührt hatte.
Ich für meinen Teil fand, daß er ziemlich normal reagiert hatte.
Seine wahren Gedanken behielt er natürlich für sich. Das war manchmal gut so.
Neben dem Bett war ich stehengeblieben. Die kleine Flasche hatte ich zur Hälfte geleert, schaute über das Bett hinweg auf das Fenster und den Balkon, wo sich hinter der Gardine Sukos Gestalt abmalte.
Ich überlegte, ob ich nicht jetzt schon nach unten gehen sollte, senkte dabei den Blick und sah die Decke auf dem Bett.
Schon beim Eintritt war mir das wellenförmige Muster aufgefallen. Nun schaute ich genauer hin und war doch ein wenig irritiert, denn mir fiel die Ausbeulung dicht vor dem Kopfkissen auf.
Sie war gerundet, und es sah so aus, als hätte jemand etwas unter der Decke versteckt.
Sehr langsam stellte ich die Flasche auf den schmalen Nachttisch.
Noch zog ich die Decke nicht zurück. Dafür tastete ich mit der rechten Hand über die Ausbeulung hinweg.
Als läge darunter ein Kopf!
Etwas stieg warm in mir hoch. Mein Herz klopfte schneller. Ich tastete auch nicht weiter nach und hoffte nur, einem Irrtum anheimgefallen zu sein.
Schließlich zerrte ich die Decke mit einem Ruck zurück!
Der Schrei des Entsetzens blieb mir im Hals stecken, als mich leere, tote Augen anglotzten. Es war ungeheuerlich, es war nicht zu fassen, aber es war eine Tatsache.
Die Augen gehörten einem toten Kind!
ENDE des ersten Teils
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