109 - Via Diavolo - Straße des Bösen
Varcus war bestimmt nicht gleichzusetzen mit Mr. Silvers Freiheit. Dämonen geben zwar hin und wieder Versprechen, aber sie halten sie in den seltensten Fällen.
Sollte Mr. Silver seinen Gegner erledigen, würde sich mit Sicherheit Clesmus persönlich gegen ihn stellen, und ob mein Freund auch ihn bezwingen konnte, war fraglich.
Wir standen unseren Gegnern gegenüber. Jener, der mich töten wollte, trat vor und schnitt mit seinem Dolch meine Fesseln durch. Dann fragte er mich, welche Waffe ich haben wolle.
Ich entschied mich für das Kurzschwert, weil ich damit am besten umgehen konnte.
Ich hatte nicht die Absicht, mir hier eine Auszeichnung für Tapferkeit und Fairneß zu holen. In meinen Taschen befanden sich drei silberne Wurfsterne und ein magischer Flammenwerfer. In meiner Schulterhalfter steckte der Colt Diamondback, der mit geweihten Silberkugeln geladen war, und ich hatte die Absicht, diese Waffen hier einzusetzen.
Ich war nicht daran interessiert, Clessius eine schöne Vorstellung zu geben. Mir ging es einzig und allein darum, meine Haut und die meiner Mitgefangenen zu retten und in das Rom des zwanzigsten Jahrhunderts zurückzukehren.
Allerdings nicht, ohne wenigstens versucht zu haben, Clessius zu vernichten. Aber all das behielt ich für mich. Noch machte ich das Theater mit.
Auf den Rängen befanden sich nur wenige Zuschauer. Alles Gladiatoren aus Clessius’ Schule. Sie sollten Zusehen und lernen.
Das Ganze war mehr oder weniger éine Privatvorstellung für Clessius. Nun, vielleicht würden die Geschehnisse nicht das reine Vergnügen für den Echsendämon sein.
Ich hatte einige gute Karten im Ärmel, die ich zu gegebener Zeit ausspielen würde.
Clessius rief seine vier Kämpfer zu sich. Er erhob sich und streckte die Arme vor. Rotes Licht löste sich von seinen Handflächen und übergoß die Gladiatoren.
Das war der magische Schutz, der Panzer, der sich mit keiner gewöhnlichen Waffe knacken ließ. Die Farbe drang in die vier Kämpfer ein und war nicht mehr zu sehen.
Ich spürte, wie die kalte Wut in mir hochstieg.
Ich streifte Orson Vaccaro, Giuliano und Carmine Rovere mit einem kurzem Blick. Vaccaro war entmutigt und ohne jede Hoffnung.
»Kopf hoch, Freunde!« sagte ich, um meinen Optimismus an diese Männer weiterzugeben.
»Wir stehen unter dem Galgen, über uns baumelt die Schlinge, und er ruft ›Kopf hoch, Freunde!‹« sagte Vaccaro mit herabgezogenen Mundwinkeln. »Das ist der schwärzeste Witz, den ich je gehört habe, Ballard.«
»Sie müssen kämpfen, Vaccaro. Geben Sie, was Sie können. Wehren Sie sich. Machen Sie’s Ihrem Gegner nicht leicht. Ich hole Sie hier raus. Sie, Giuliano und Carmine - und natürlich auch Renata.«
Mein Herz krampfte sich zusammen, als ich an Alva Morena dachte. Für sie konnte leider niemand mehr etwas tun. Auch ich war davon überzeugt, daß sie nicht mehr lebte.
Die magisch gepanzerten Gladiatoren kamen auf uns zu.
»Nun wird also doch nichts aus unserem Geschäft, Ballard«, knirschte Vaccaro. »Dabei hatte ich Ihnen die besten Konditionen eingeräumt.«
»Sie dürfen sich nicht schon vor dem Kampf aufgeben, Vaccaro.«
»Keine Bange. Ich werde kämpfen, was das Zeug hält, denn das ist die einzige Möglichkeit, die Sache so rasch wie möglich hinter sich zu bringen. Ich halte nichts davon, im Sand zu liegen und langsam vor Clessius zu verbluten… Komm her, du Bastard!« schrie er seinem Gegner zu. »Ich schlage dir den Schädel ein!«
Er hielt ein Schwert in seiner Hand. Die Brüder Rovere hatten sich für einen Dreizack entschieden, vermutlich deshalb, weil er länger war als ein Schwert. Sie hofften wohl, sich ihren Gegner damit weiter vom Leib halten zu können.
Mein Gegner hielt einen Dreizack in der Rechten und ein großes Netz in der Linken. Er schleifte es hinter sich her, und mir war klar, daß ich mich davor höllisch in acht nehmen mußte.
Die Gladiatoren nahmen uns gegenüber Aufstellung. Für einen Moment herrschte absolute Stille in der glühendheißen Arena. Die Hitze und die nervliche Anspannung trieben mir den Schweiß aus allen Poren, Die halbnackten Muskelmänner warteten auf Clessius’ Zeichen, Orson Vaccaro hatte nicht die Nerven, darauf zu warten. Er stieß einen grellen Schrei aus und schnellte nach vorn.
Er stach mit dem Schwert zu. Die Spitze traf die muskulöse Brust des Kämpfers, vermochte jedoch nicht einzudringen. Das Schwert glitt an dem unsichtbaren magischen Panzer ab, und Vaccaro fiel gegen den
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