109 - Via Diavolo - Straße des Bösen
Jubilees Mutter nicht mehr?
Ich hatte viele Fragen in meinem leichten Gepäck, und ich war gespannt, welche Antworten wir von Vaccaro bekommen würden.
Der Mann handelte nicht aus edlen Motiven, als er sich mit mir in Verbindung setzte. Er wollte Geld haben. Ich hatte Rücksprache mit dem Industriellen Tucker Peckinpah gehalten, und mein Partner hatte gesagt: »Wenn Sie glauben, daß Vaccaros Information etwas wert ist, feilschen Sie nicht mit dem Mann, Akzeptieren Sie seine Forderung. Egal, wie hoch sie ist.«
Wir durften wirklich neugierig sein, was dabei herauskam.
***
Salvatore Lupo sagte dem jungen Polizisten nicht, was er vorhatte, denn Carmine Rovere betonte immer wieder, es wäre gefährlich, die Via Diavolo zu betreten.
Wenn Rovere etwas zu sagen gehabt hätte, hätte er diese Straße des Unheils absperren lassen, aber er war nur ein kleines Rädchen, das froh sein mußte, im großen Getriebe der Polizei untergekommen zu sein.
Kommissar Ciangottini hätte etwas tun können, aber er hatte ihm nicht geglaubt, und er mußte froh sein, daß sein Vorgesetzter ihm nur befohlen hatte, Urlaub zu nehmen. Es hätte auch schlimmer kommen können.
Lupo verabschiedete sich unter einem fadenscheinigen Vorwand. Carmine Rovere war ohnedies lieber allein. Der Reporter verließ das Lokal und stieg in seinen roten Fiat.
Die Bereitschaftstasche, in der sich seine Fotoausrüstung befand, stand im Kofferraum. Er hatte eine Kamera mit einem sehr lichtstarken Objektiv, und er verwendete äußerst lichtempfindliche Filme. Scherzhaft behauptete er, mit seiner computergesteuerten Kamera könne er sogar noch in der Mitte eines kilometerlangen, unbeleuchteten Tunnels scharfe Bilder knipsen.
Lupo fuhr am Vatikan vorbei. Wolken zogen über den dunklen Himmel. Immer wieder deckten sie den Vollmond zu, gaben ihn aber schon bald wieder frei.
Als Lupo die Via Diavolo erreichte, nahm er den Fuß vom Gaspedal. Er bog in die dunkle Straße ein und rief sich ins Gedächtnis, was ihm Carmine Rovere erzählt hatte.
Merkwürdig. Obwohl auch er sich diese Ungeheuerlichkeit nicht erklären konnte, glaubte er dem jungen Polizisten. Rovere nahm es mit der Wahrheit sehr genau.
Lupo stoppte den Fiat neben der Kirche, stieg aber noch nicht aus. Er ließ den Motor laufen, kurbelte das Fenster nach unten und ließ die düstere Szene auf sich einwirken.
Ein Riß in der Luft! Lupos Augen suchten die Stelle, wo das ungefähr gewesen sein mußte. Er war entschlossen, darüber zu schreiben, und er war neugierig, wie die Leser es aufnehmen würden. Er hatte die Story schon in groben Umrissen im Kopf. Was für die Leser zu starker Tobak war, ließ sich auf eine recht einfache Weise abschwächen. Man brauchte die ungeheure Behauptung lediglich mit einem Fragezeichen zu versehen.
Ein alter, aber immer noch gern verwendeter Journalistentrick. Lupo verstand sein Handwerk.
Verbrecher von Gladiatoren entführt?
Eine beklemmende Stille, die nur vom Blubbern des Motors gestört wurde, herrschte in der Via Diavolo. Der Reporter griff nach dem Zündschlüssel und zog ihn ab.
Nun störte nichts mehr die Stille der Via Diavolo. Lupo öffnete den Wagenschlag und stieg aus. Er kniff die Augen zusammen und blickte sich argwöhnisch um.
Er hätte die Gladiatoren sehr gern gesehen. War es möglich, daß Männer aus der Vergangenheit in die Gegenwart gekommen waren? Hatten sie Orson Vaccaro in ihre Zeit verschleppt?
Der Reporter hatte ein eigenartiges Gefühl zwischen den Schulterblättern. Eine innere Stimme riet ihm, gleich wieder in den Wagen zu steigen und zu verschwinden.
Er hätte sich mit dem begnügen können, was ihm Carmine Rovere erzählt hatte, aber man sagte ihm nach, er wäre beim Recherchieren eine Laus, lästig bis dorthinaus.
Er fand, daß er lediglich gründlich war. Schließlich mußte er für das, was er schrieb, mit seinem Namen geradestehen, und was er seinen Lesern diesmal zumuten wollte, mußte auf einer sehr soliden Basis stehen, sonst schoß ihn der Chefredakteur zum Mars.
Er drückte die Tür ins Schloß und begab sich zum Kofferraum. Wurde er beobachtet? Es kam ihm so vor. Salvatore Lupo fragte sich, was er tun würde, wenn ihm die drei Gladiatoren erscheinen würden.
Ich werde die Beine in die Hand nehmen und so schnell rennen, wie nie zuvor in meinem Leben, dachte er. Aber erst, nachdem ich die Kerle fotografiert habe.
Er öffnete den Kofferraumdeckel, ließ den Chromverschluß der schwarzen Bereitschaftstasche aufschnappen und
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