109 - Via Diavolo - Straße des Bösen
entgegengepreßt.
Eine Echse, die mit angewinkelten Beinen schwer und breit auf dem Boden lag. Ein Zackenkamm verlief - am Kopf beginnend - über den Rücken bis fast zum letzten Ausläufer des Schwanzes hin. An den Füßen hatte die Höllenechse scharfe Krallen, und in ihrem Maul blitzten lange, spitze Zähne.
Der Blick der kleinen roten Monsteraugen wirkte mordlüstern, und vom Unterkiefer tropfte heller Geifer, während aus der Tiefe des roten Rachens ein entsetzliches Fauchen drang.
Es war nicht verwunderlich, daß Alva Morena in diesem Moment glaubte, nicht mehr Herr ihrer Sinne zu sein. Sie riß verstört die Arme hoch und wich zurück.
Zum ersten Mal erfuhr sie, was Todesangst ist. Dieses Gefühl wünschte sie ihrem schlimmsten Feind nicht.
Die Echse drückte ihren massigen Körper hoch. Alva Morena rechnete mit einem Angriff und wich einen weiteren Schritt zurück, ln ihrer Aufregung hatte sie übersehen, daß sie bereits die Treppe erreicht hatte.
Jetzt trat ihr Fuß ins Leere. Ein spitzer Schrei flog von ihren Lippen, während sie hintenüber die Stufen hinunterstürzte. Sie verlor ihre Handtasche, schrammte sich die Knie auf.
Die Panik trieb sie hoch. Als sie sich halb aufgerichtet hatte, schob sich die Riesenechse über den grauen Treppenrand und kam einige Stufen hinunter.
Die Augen des gewaltigen Reptils begannen zu strahlen. Das Licht, das von ihnen ausging, hüllte Alva Morena ein. Eine geheimnisvolle Verbindung entstand zwischen dem Mädchen und dem Ungeheuer.
Zitternd stand Alva Morena auf. In ihrem Kopf befand sich auf einmal ein Befehl.
»Komm zu mir!«
Alva begriff überhaupt nichts mehr.
Konnte diese Riesenechse tatsächlich zu ihr sprechen?
» Gehorche!« verlangte das Höllenreptil, und Alva setzte sich langsam in Bewegung.
Mit schlotternden, blutenden Knien näherte sich das schwarzhaarige Mädchen dem Ungeheuer. Das rote Leuchten hüllte sie nun beide ein. Es wurde so dunkel, daß Salvatore Lupo die Echse und das Mädchen nicht mehr sah.
Endlich hörte er auf zu fotografieren. Endlich beschloß er, dem Mädchen beizustehen.
Doch zu spät!
Das Leuchten verblaßte. Lupo sprang aus seinem Versteck und rannte zur Treppe. Immer schneller verblaßte die Farbe. Ehe der Reporter die Treppe erreichte, war sie nicht mehr zu sehen, und mit ihr waren das Mädchen und die Echse verschwunden.
Es war beinahe wie ein böser Traum, doch Träume hinterlassen keine Spuren.
Aufgeregt bückte sich der Reporter und hob die Ledertasche des verschwundenen Mädchens auf.
Schuldgefühle meldeten sich in ihm. Ich hätte früher eingreifen müssen, sagte er sich. Aber woher hätte er wissen sollen, daß eine Höllenechse in der Via Diavolo erscheinen würde?
***
Als wir in Rom eintrafen, sprang mir die Schlagzeile ins Auge: Monster in Rom!
Ich kaufte die Zeitung und las den Bericht, den ein gewisser Salvatore Lupo verfaßt hatte. Je länger ich las, desto mehr packte mich die Story. Als ich damit fertig war, sagte ich zu Mr. Silver: »Wir kommen zu spät.«
»Du solltest dich mit Orson Vaccaro doch erst heute nachmittag treffen«, sagte der Ex-Dämon.
»Scheint so, als könnten wir dieses Treffen vergessen«, sagte ich.
»Vaccaro wurde entführt.« Ich drückte meinem Freund die Zeitung in die Hand. »Aber nicht von irgendwelchen Verbrechern, denn da bestünde noch Hoffnung, ihn irgendwann doch noch zu treffen. Drei Gladiatoren haben ihn sich geschnappt und sind mit ihm verschwunden.«
»Sind das die Monster, über die diese Zeitung berichtet?« fragte Mr. Silver.
»Lies selbst.«
»Ich bin zu faul dazu.«
»Das sieht dir ähnlich«, sagte ich und erzählte ihm, was ich gelesen hatte. »Was hältst du davon?« wollte ich wissen.
Der Hüne hob die Schultern. »Wenn ich mir ein genaues Bild von der Sache machen soll, muß ich mehr wissen.«
Ich klopfte mit der Hand gegen die Zeitung. »Vielleicht weiß dieser Salvatore Lupo mehr, als er seinen Lesern zumuten wollte. Wir werden uns mit ihm unterhalten. Und dann sehen wir uns die Via Diavolo an.«
»Wollte ich gerade vorschlagen«, sagte Mr. Silver.
Wir mieteten uns auf dem Flughafen Fiumicino einen Wagen und fuhren zu unserem Hotel. Die Zimmer hatte ich von London aus telegrafisch bestellt, obwohl dies nicht nötig gewesen wäre, wie sich herausstellte.
Vom Hotel aus rief ich die Zeitungsredaktion an. Salvatore Lupos Bericht hatte für einige Aufregung gesorgt. Man war gezwungen, einen Telefondienst einzurichten.
Ich verlangte den
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