1093 - Testwelt Cheyraz
allerdings einen Schock.
„Und der Handschuh?" hakte er nach.
„Wir konnten schemenhaft ein kleines fliegendes Objekt erkennen, das sich in die Berge entfernte", antwortete Ingmar. „Es muß wohl dieser... Handschuh gewesen sein."
Der Hyperphysiker atmete erleichtert auf. Solange das kostbare Instrument noch existierte und bei dem Duell nicht seinerseits unterlag, gab es genügend Chancen, doch noch zum Erfolg zu kommen.
Diese Aussicht versetzte ihn unvermittelt in erwartungsvolle Erregung. Plötzlich gelang es ihm, seine Schwäche zu überwinden. Er fühlte sich besser und von neuem Tatendrang erfüllt.
„Also ist der Handschuh dem Porleyter gefolgt", murmelte er und blickte hinüber zu den zerklüfteten Ausläufern des Hochgebirges. Täuschte er sich, oder hörte er leises Rumoren aus der Ferne? Ging der Kampf irgendwo in den Bergen bereits weiter?
„Übrigens ist Prudase-Pene-Sarth nicht mehr alleine", bemerkte Pierre wie nebenbei.
„Ich nehme an, daß er seinen Freund irgendwie zu Hilfe gerufen hat."
„Wie kommst du darauf?"
„Wir müßten in der Stadt erleben, daß Nedo die von uns inszenierten Vorgänge plötzlich kalt ließen. Nachdem er anfangs bemüht war, Ruhe und Ordnung wieder herzustellen, zog er sich mit einemmal zurück und scherte sich um nichts mehr. Dann verschwand er einfach."
„Deshalb sind wir auch hergekommen", ergänzte Silvia. „Wir dachten uns, daß der Porleyter sich um seinen bedrängten Artgenossen kümmern würde, und wollten nachsehen, was hier los ist."
„Folglich sind sie jetzt zu zweit", nickte Josuar. „Und der Handschuh kämpft immer noch..."
Als Pierre nur mit den Schultern zuckte, packte der Hyperphysiker ihn an den Schultern und drückte fest zu.
„Verstehst du nicht! Der Handschuh nimmt es mit beiden auf. Er setzt sich durch. Er gewinnt das Duell."
„Langsam, langsam", versuchte Silvia seinen Eifer zu bremsen. „Was macht dich so sicher? Es könnte auch umgekehrt sein."
„Der Handschuh gewinnt", wiederholte Josuar überzeugt. „Ich... ich spüre es."
In Wahrheit, gestand er sich ein, gab er sich lediglich einer verwegenen Hoffnung hin.
Was jetzt in ihm vorging, war eine Art triumphale Erwartung auf einen möglichen Sieg, die durchaus irrational sein konnte. Aber das brauchten die anderen nicht zu wissen. Sie hätten seine Empfindungen kaum geteilt.
Er blickte sich um und entdeckte in einiger Entfernung den Gleiter, mit dem Silvia und Pierre hergekommen waren.
„Ich sehe mir das an", verkündete er. „Vielleicht muß ich noch einmal eingreifen."
Ohne die Reaktion der anderen abzuwarten, hielt er auf die Flugmaschine zu. Er humpelte leicht, weil die Prellungen, die er sich bei seinem Sturz zugezogen hatte, doch noch recht schmerzhaft waren. Neben ihm tauchte Pierre auf und grinste ihn an.
„Ich komme mit - falls du Unterstützung brauchen solltest."
„He!" rief Ingmar ihnen nach. „Ihr nehmt die einzige funktionsfähige Maschine. Die Gleiter der Station sind alle zerstört."
Josuar hörte, wie Silvia beschwichtigend auf sie einredete und ihr versicherte, daß sie über ein tragbares Funkgerät verfüge, mit dem im Kontor Transportmaschinen für die Stationsbesatzung angefordert werden könnten.
„Und außerdem", schrie er zurück, „kommen wir wieder!"
*
Unwillkürlich fragte sich Josuar, ob er nun von Eifer und Ehrgeiz erfüllt war - oder ob ihn nicht auch ein beträchtlicher Teil Fanatismus trieb. Er fieberte dem Ausgang des Duells förmlich entgegen, wollte unbedingt miterleben, ob und wie der Handschuh mit den Kardec-Schilden fertig wurde. Darüber vergaß er seine Schmerzen ebenso wie die Befürchtung, daß er sich womöglich abermals in tödliche Gefahr begab.
„Wir werden zu spät kommen", drängte er zum wiederholten Mal. „Kannst du nicht schneller fliegen?"
Bisher hatte Pierre auf solche Fragen nur schweigend den Kopf geschüttelt. Jetzt jedoch platzte ihm der Kragen.
„Wir sitzen schließlich nicht in einem Abwehrjäger", fuhr er den Hyperphysiker an.
„Das ist ein einfacher Atmosphärengleiter!"
Josuar beugte sich vor und starrte durch die Frontscheibe nach draußen. Den Bereich des Nebellochs hatten sie längst unter sich gelassen; dort entzog sich die zerstörte Relaisstation und das weiter entfernte Handelskontor durch den hell reflektierenden Dunst allen Blicken. Ansonsten war die Sicht so klar, wie sie es auf Cheyraz bisher noch nicht erlebt hatten. In einem mächtigen, nur nach Süden offenen
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