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11 - Die Helden des Westens

11 - Die Helden des Westens

Titel: 11 - Die Helden des Westens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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verwundet worden.“
    Er deutete auf die linke Achsel des Roten, über welche sich eine breite Narbe zog. Sein Gegner konnte diesen Edelmut nicht begreifen; er maß ihn mit einem Blick größten Erstaunens und antwortete:
    „Willst du mich beleidigen? Sollen die Deinen, wenn ich dich getötet habe, sagen, daß dies nicht geschehen wäre, wenn du mir nicht diese Gnade erwiesen hättest? Ich verlange, daß du mit mir lost.“
    „Nun wohl; ich bin bereit.“
    Das Los entschied nach Old Shatterhands Willen, nämlich zu Gunsten seines Gegners, dessen linke Hand gefesselt wurde. Nach wenigen Augenblicken standen sich die beiden gegenüber, und wer die Muskeln des Riesen sah, welche sich wie langgezogene Knäuel um seine Glieder ballten, dem mußte um Old Shatterhand bange werden.
    Dieser aber zeigte denselben äußerlichen Gleichmut wie vorhin Winnetou.
    „Du kannst beginnen“, forderte ihn der Upsaroka auf. „Ich werde dir den ersten Stoß erlauben. Drei Stöße werde ich nur abwehren, dann aber wirst du von meinem ersten Stoß fallen.“
    Da lachte Old Shatterhand kurz auf. Er stieß sein Messer in den Stamm der Linde und antwortete:
    „Und ich verzichte ganz auf diese Waffe. Dennoch wirst du gleich beim ersten Angriff fallen. Wir haben keine Zeit zu einem langen Spiel. Sei also aufmerksam, denn ich beginne!“
    Er erhob den Arm zum Schlag und sprang auf seinen Gegner ein. Dieser ließ sich durch die Finte täuschen und stieß nach ihm. Aber der Weiße war gedankenschnell wieder zurückgewichen, so daß der Stoß fehl ging. Eine abermalige blitzschnelle Bewegung Old Shatterhands – seine Faust traf den Gegner an die Schläfe; der Riesenleib desselben wankte einen Augenblick und krachte dann mit lautem Schlag auf die Erde nieder.
    „Da liegt er, mit dem ganzen Körper am Boden! Wer hat gesiegt?“ rief Old Shatterhand.
    Hatten vorhin, als der ‚Hundertfache Donner‘ besiegt worden war, die Upsarokas sich ruhig verhalten, so brachen sie jetzt in ein Geheul aus, welches klang, als ob es aus tierischen Kehlen käme. Die anderen erhoben ein lautes Freudengeschrei.
    Hatte irgendeiner vielleicht erwartet, daß die Krähenindianer im Fall ihres Unterliegens eine schleunige Flucht versuchen würden, so bewahrheitete sich dies jetzt nicht. Hielten sie sich wirklich durch ihren Schwur gebunden, oder waren sie viel zu bestürzt, um einen so schnellen Entschluß fassen zu können, keiner von ihnen machte eine Bewegung, welche auf die Absicht schließen ließ, sich dem Tod zu entziehen, der nach der vorausgegangenen Vereinbarung ihnen allen nun gewiß zu sein schien.
    Old Shatterhand zog sein Messer aus dem Stamm und schnitt sich los. Die weißen Jäger traten zu ihm, um ihn und sich zu beglückwünschen. Auch die befreundeten Indianer priesen das Lob der beiden Sieger, waren aber auf das schleunigste bemüht, zu ihren Waffen zu kommen, um den Upsarokas jeden etwa beabsichtigten Widerstand und auch die Flucht zur Unmöglichkeit zu machen.
    Diese aber hatten ihr Geheul eingestellt, gingen nach der Stelle, an welcher der ‚Donner‘ saß, und ließen sich still bei ihm nieder. Selbst derjenige von ihnen, welcher mit bei den Waffen gestanden hatte, schloß sich ihnen an, obgleich es ihm nicht schwer gewesen wäre, auf eines der Pferde zu springen und davonzureiten.
    Old Shatterhand trat wieder zu dem ‚Tapferen, welcher Medizin sucht‘. Derselbe kam eben aus seiner Betäubung wieder zu sich. Er öffnete die Augen und sah, daß der Sieger ihm den Riemen durchschnitt. Es bedurfte einiger Zeit, ehe er zum Verständnis der Situation gelangte. Dann aber sprang er von der Erde auf. Er starrte Old Shatterhand mit einem ganz unbeschreiblichen Blick an. Die Augen schienen ihm aus ihren Höhlen treten zu wollen, und seine Stimme klang heiser, als er stockend fragte:
    „Ich – lag – am Boden! Hast du mich denn besiegt?“
    „Ja! Oder hast du nicht selbst die Bedingung ausgesprochen, daß derjenige, welcher mit dem Körper zur Erde zu liegen kommt, für besiegt gelten solle?“
    Der Rote betrachtete sich. Trotz seiner Größe bot er jetzt ein Bild des tiefsten Erschreckens. „Ich bin doch nicht verwundet!“ rief er aus.
    „Weil ich dich nicht töten wollte. Ich steckte ja mein Messer in den Baum.“
    „So hast du mich mit der bloßen Hand niedergeschlagen?“
    „Ja“, lächelte Old Shatterhand. „Ich hoffe, daß du mir das nicht übelnehmen wirst. Es ist das für dich besser, als wenn ich dich niedergestochen

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