11 - Nie sollst Du vergessen
Außenseitergefühl rühre daher, dass sie ungewohnterweise zusammen mit ihren Vorgesetzten feierte, von denen einer sie vor knapp drei Monaten vor dem beruflichen Absturz gerettet hatte, während der andere ihr am liebsten höchstpersönlich den tödlichen Tritt gegeben hätte. Später sagte sie sich, ihr Unbehagen sei darauf zurückzuführen, dass sie wie immer ohne Begleitung auf der Party erschienen war, während alle anderen jemanden mitgebracht hatten. Selbst Constable Winston Nkata, der ihr unter den Kollegen der Liebste war, war mit seiner Mutter gekommen, einer großen imposanten Frau, die in den lebhaften Farben ihrer karibischen Heimat gekleidet war. Am Ende diagnostizierte sie die simple Tatsache, dass andere einen Partner hatten, mit dem sie den Hochzeitstag feiern konnten, und sie nicht, als Quelle ihres Missbefindens und schimpfte sich angewidert einen gemeinen Neidhammel.
Aber nicht einmal diese Erklärung hielt genauerer Prüfung stand. Normalerweise fiel es Barbara nicht ein, Energie an Gefühle wie Neid und Eifersucht zu verschwenden. Zwar wären solche negativen Regungen gerade an diesem Abend verständlich gewesen: Auf allen Seiten umgaben sie heiter schwatzende Paare und Grüppchen - Ehepaare, Eltern mit ihren Kindern, Freundescliquen, Liebespaare -, während sie selbst ohne Kind und Kegel dastand und nicht hoffen konnte, dass sich an dieser Situation etwas ändern würde. Aber nachdem sie sich in bewährter Reaktion auf diese Lage der Dinge mit Köstlichkeiten vom Büfett abgelenkt hatte, war sie sehr schnell dazu übergegangen, mit Dankbarkeit die vielen Freiheiten zu bedenken, die sie sich, ungebunden wie sie war, erlauben konnte, und alle beunruhigenden Gefühle, die ihren Seelenfrieden zu stören drohten, rigoros zu verscheuchen.
Dennoch war sie längst nicht so guter Dinge, wie sie auf so einer Party hätte sein können, und als das Jubelpaar mit vereinten Händen ein Riesenmesser ergriff und einer Torte zu Leibe rückte, die mit Marzipanrosen und Zuckerherzen und den Worten Viel Glück, Malcolm und Frances verziert war, sah Barbara verstohlen in die Runde, um festzustellen, ob außer ihr noch jemand sich mehr für die Uhrzeit interessierte als für die Feier. Nein. Die Aufmerksamkeit aller Gäste war auf Superintendent Malcolm Webberly und seine Ehefrau Frances gerichtet.
Barbara war Webberlys Frau vor diesem Abend nie begegnet, und während sie jetzt zusah, wie diese ihrem Mann einen Bissen Torte in den Mund schob und dann lachend einen von ihm entgegennahm, wurde ihr bewusst, dass sie den ganzen Abend lang jeden Kontakt zu Frances Webberly gemieden hatte. Miranda, die Tochter des Hauses, die für diesen Abend in die Rolle der Gastgeberin geschlüpft war, hatte sie miteinander bekannt gemacht, und sie hatten ein paar höfliche Worte gewechselt, wie das die Form gebot. Wie lange arbeiten Sie schon mit meinem Mann zusammen? und Finden Sie die Arbeit in einem
Beruf, wo man rundherum mit Männern in Konkurrenz ist, nicht schwierig? und Was hat Sie denn bewogen, zur Mordkommission zu gehen? Während des ganzen Gesprächs hatte Barbara nur gewünscht, Frances entkommen zu können, obwohl diese durchaus freundlich gewesen war und sie mit ihren vergissmeinnichtblauen Augen herzlich angestrahlt hatte.
Aber vielleicht war es gerade der Blick dieser Augen, der bei ihr Unbehagen hervorrief, der Blick und das, was sich hinter ihm verbarg: ein Gefühl, eine Unruhe, etwas, das spürbar nicht so war, wie es sein sollte.
Aber was genau dieses Etwas war, hätte Barbara nicht sagen können. Sie widmete sich also den, wie sie aus tiefstem Herzen hoffte, letzten Momenten der Party und applaudierte mit den anderen, nachdem die letzten Takte der Gratulationshymne verklungen waren.
»Jetzt verratet uns mal, wie ihr es geschafft habt!«, rief jemand aus der Menge, als Miranda Webberly herankam, um ihre Eltern beim Tortenschneiden abzulösen.
»Indem wir keine großen Erwartungen hatten«, antwortete Frances Webberly prompt und umfasste mit beiden Händen den Arm ihres Mannes. »Das musste ich schon zeitig lernen, nicht wahr, Schatz? Nichts zu erwarten, meine ich. Und es war gut so. Das Einzige, was ich nämlich durch diese Ehe gewonnen habe - abgesehen von meinem Malcolm natürlich -, sind die fünf Kilo, die ich nach der Schwangerschaft mit Randie nie wieder losgeworden bin.«
Die Gästen stimmten in ihr herzliches Gelächter ein. Miranda senkte nur den Kopf und fuhr fort, die Torte
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