0222 - Schlucht der stummen Götter
Hier waren sie begraben, hier warteten sie ab, bis das Ende aller Tage kam.
Die Berge, die das Tal umschlossen, besaßen eine seltsame Form.
Sie waren mit einem normalen Gebirge kaum zu vergleichen, denn ihre Gipfel zeigten sich nicht schräg, schief oder mal weicher, sondern stachen hart und vor allen Dingen steil in eine Luft, die einen grünen Schimmer besaß.
Er lag über allem. Über den Bergen, über dem Tal und über den Spitzen der Berge, die wie schweigende Mahnmale den Weg durch das leere Tal markierten.
Wer hierher kam, der war ein Suchender oder ein Gerufener, wie die einsame Gestalt, die nur als Punkt innerhalb des grünen Himmels zu erkennen war. Ein winziger Fleck in der unendlichen Weite dieser Dimensionen, doch ein Fleck, der sich bewegte und nicht auf der Stelle stehenblieb.
Ein paarmal hatte er seinen Kurs schon geändert, als müßte er noch suchen, dann aber hatte er sein Ziel gefunden, stieß aus der Luft nach unten und steuerte das geheimnisvolle Tal an.
Sie hatten ihn gerufen, er war da!
Das Tal lag vor ihm. Seine Flügel hatte er fast zusammengelegt, die Arme weit ausgestreckt. So ließ er sich tragen und nahm die Atmosphäre auf, die ihm entgegengeweht wurde.
Es war eine seltsame Atmosphäre. Der einsame Flieger merkte, daß hier die Gesetz der Magie galten. Uralt waren sie, älter als die Menschheit. Geisterhafte Stimmen berichteten von fremden Ländern, von anderen Zeiten, von unendlichen Dimensionen. Sie berichteten von einer Zeit, als sie sich noch im Kampf mit den Großen Alten befanden und schließlich aufgeben mußten, weil sich die Lage so zu ihren Ungunsten verändert hatte.
Die Götter gewannen den Kampf nicht, und auch die Großen Alten konnten nicht siegen. Es kam zu einem Unentschieden, das Jahrtausende anhielt, aber jetzt gestört werden sollte, denn die Großen Alten hatten sich schneller erholt als die stummen Götter, die in dieser Schlucht gefangen waren und der Ewigkeit entgegenträumten.
Hilfeschreie waren ausgestoßen und von dem gehört worden, der sich als ihr Sohn bezeichnete.
Die Götter hatten ihn erschaffen, den Göttern mußte er gehorchen, den Göttern würde er gehorchen, denn er war dem Guten zugetan, und er flog hinein in die Schlucht, um sich anzuhören, was ihm seine Schöpfer mit auf den Weg zu geben hatten.
Er erinnerte an eine kupferne Figur, denn wie Kupfer schimmerte auch seine Haut. Übergroß war er, größer als die Menschen, und im alten Atlantis war er der Herrscher der Vogelmenschen gewesen, die jedoch samt und sonders bei dem großen Kampf umgekommen waren.
Er war ein friedlicher Geist, aber er trug auch ein Schwert bei sich, mit dem er fürchterlich unter seinen Gegnern aufräumen konnte.
Er kannte die normale Welt, er kannte die Welt der Geister. Er hatte die Vergangenheit erlebt und erlebte die Gegenwart. Nur in die Zukunft konnte er nicht schauen, deshalb hatten ihn seine Schöpfer auch gerufen.
Er flog hinein in die Schlucht der stummen Götter und merkte sofort die Strömungen, die ihm entgegengeweht wurden. Sie, die stummen Götter, hatten ihn erschaffen, während zur gleichen Zeit von den Großen Alten der Schwarze Tod erschaffen wurde.
Der Schwarze Tod lebte nicht, er existierte aber weiter und kämpfte gegen das Böse.
Denn er war – der Eiserne Engel!
***
Im Wagen hatten wir ein paar Stunden geschlafen, da wir nicht erst noch nach Darkwater, dem kleinen Ort am See, wollten. Außerdem mußten wir schnell zurück nach London, denn was wir erlebt hatten, war ein seltsames und gefährliches Abenteuer gewesen.
Angefangen hatte es mit Leichenteilenfunden. Sie waren bei Scotland Yard gelandet. Gefunden oder angeschwemmt worden waren sie am Ufer eines kleinen Sees, der nicht nur durch Vertorfung ein schwarzes Wasser besaß, sondern noch ein weiteres Rätsel barg.
Ein Ungeheuer.
Es war kein Wesen der Schwarzen Magie, das will ich mal vorwegnehmen, sondern ein Überbleibsel aus einer Zeit, die Tausende von Jahren zurücklag. Es hatte in diesem See seine Heimat gefunden und ernährte sich von dem, was es bekommen konnte. Und darunter waren auch Menschen.
Wir kämpften gegen das Ungeheuer, besiegten es sogar, doch anschließend trafen wir auf ein zweites Phänomen.
Auf das blaue Skelett! [1]
Es war wirklich ein Phänomen, denn es glitt auf einer Barke über den See und seine Knochen schillerten in einem eigentümlichen, dennoch faszinierenden Blau. Das interessierte uns natürlich besonders. Wir verfolgten das Skelett,
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