111 - Das Spukschloß
keine Möglichkeit, wie ich das verhindern sollte.
„Halte dich von den Ghouls fern!" warnte ich den Dänen. „Überlaß alles mir! Irgendwas wird mir schon einfallen. Wir dürfen jetzt keinen Fehler machen. Die Geistererscheinung da draußen ist ziemlich mächtig. Sie könnte das ganze Haus in Grund und Boden stampfen."
Abi wollte etwas sagen, doch in diesem Augenblick nahm das Verhängnis seinen Lauf.
Bei zwei Pilgern brachen die Blutbeulen auf. Das Blut besprenkelte den Boden. Die armen Kerle wanden sich in höchster Agonie. Sekunden später traf Margot Artner dasselbe Schicksal. Zwei ihrer riesigen Blutbeulen platzten und überschütteten sie mit Blut.
Ich schauderte. Jetzt wußte ich, daß Margot unschuldig am Schicksal der Pilger war. Sie konnte nicht für die grauenhafte Blutpest. Sie war ebenfalls ein Opfer der Dämonen geworden. Mir wurde schlagartig bewußt, daß uns Luguri zum Narren gehalten hatte. Das Leuchten in den Augen des Mädchens war nur ein Trick gewesen, um uns vom wahren Träger der Es-Anteile abzulenken.
Die Ghouls hoben Margot und die beiden Blutopfer auf.
„Was habt ihr mit ihnen vor?" fragte ich.
„Sie sind die ersten", gurgelte der Ghoul, der Margot trug. „Luguri braucht ihr Blut, damit er auf seiner Blutorgel spielen kann."
Ich tat so, als würde ich mich den Unheimlichen anschließen. Als sie draußen waren, flüsterte ich Abi hastig zu: „Kümmere dich nicht um das, was draußen passiert! Wir müssen jetzt denjenigen ausfindig machen, der die Es-Anteile der Pilger übernommen hat. Hast du einen Verdacht?"
Abi hob die Schultern. „Bedauere, aber damit kann ich leider nicht dienen."
Währenddessen schafften die Ghouls die drei Toten ins Freie. Sie verneigten sich vor der überdimensionalen Spukgestalt.
„Nimm ihr Blut und überlaß uns anschließend ihre Körper!"
Die Spukgestalt lachte höhnisch. Es klang wie das Rauschen eines Orkans. Langsam senkte sie sich über die Toten und saugte die Blutströme gierig in sich auf. Dabei wurde die Landschaftsprojektion erneut sichtbar. Auf geheimnisvolle Weise füllten sich ein paar Näpfchen der Blutschalen-Menhire mit dem Blut der Opfer. Es waren noch viele leer. Sie sollten anschließend das Blut der übrigen Pilger aufnehmen.
Auf einmal verschwanden die Blutbeulen bei den Toten. Nichts deutete mehr darauf hin, welche Qualen sie gelitten hatten. Im Tode verklärten sich ihre Züge. Es war, als hätte man sie von einer ungeheuren Bürde befreit. Sie schienen zu schlafen.
Dann bäumte sich das Gespenst auf. Es war gewachsen. Vermutlich war auch die ursprüngliche Kraft der Opfer auf sein unbegreifliches Wesen übergegangen. Ich wagte mir nicht vorzustellen, wie mächtig das Ding erst sein würde, wenn es allen Pilgern das Blut ausgesaugt hatte.
Die Ghouls zerrten die Toten ins Haus zurück. Ich ahnte, daß sie sie in den Keller schaffen wollten. Doch Abi Flindt machte ihnen einen Strich durch die Rechnung.
„Satansbrut!" keuchte der Däne. „Habt ihr noch nicht genug Unheil angerichtet? Jetzt ist Schluß. Ihr werdet die Totenruhe dieser Unglücklichen nicht länger stören."
Ich griff nicht ein, denn ich mußte warten, bis der unheimliche Drahtzieher die Maske fallenließ. Vielleicht würde er reagieren, wenn der Däne die Ghouls attackierte.
Die unförmigen Gestalten legten die Toten auf die Schwelle des Hauses. Sie jammerten enttäuscht.
Einer schwitzte vor Aufregung und sonderte einen dickflüssigen Schleim ab. Ein anderer verwandelte sich in ein häßliches Quallenwesen.
Das war zuviel für Abi Flindt. Er feuerte die Signalpistole zweimal kurz hintereinander ab. Die Schüsse krachten dumpf durch die Vorhalle. Einen Atemzug später loderte helles Feuer zur Decke empor. Ein Ghoul wälzte sich brennend auf dem Boden. Dabei verwandelte er sich in eine riesige Qualle. Zischend verschmorten seine Pseudoarme. Der andere Ghoul verbrannte sofort. Für einen kurzen Augenblick wurde sein monströses Knorpelskelett sichtbar, dann war nur noch ein Aschehäufchen von ihm übrig.
Abi nahm den dritten Ghoul aufs Korn. Das Biest taumelte schreiend durch den Flur. Es wollte die Kellertreppe erreichen. Abi zielte sorgfältig. Bevor er abdrücken konnte, jagte jedoch die schwarze Katze heran. Wie ein Blitz schnellte sie hoch und schnappte nach der Schußhand des Dänen.
Der Ghoul nutzte seine Chance und verschwand im Keller.
Als ich die lodernden Augen der Katze sah, fiel es mir wie Schuppen von den Augen. Ich hätte es schon
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