1110 - Killer-Katzen
Die beiden glattfelligen Katzen hielten sie in der Zange. Mal sah sie ein Tier in der Höhe ihres Kopfes, mal wanderten beide über ihren Körper und drückten die Pfoten tief in die Haut.
Hin und wieder öffneten sie ihre Mäuler. Sie taten es besonders lang, als sie auf dem Körper standen, und sich ausruhten. Dabei waren ihre Köpfe nach vorn gerichtet. Zwei Dreiecke mit Augen starrten in das Gesicht der liegenden Person, und Fay schaffte es nicht, den Blick abzuwenden.
Gleichzeitig rissen die Tiere die Schnauzen auf. Fay fürchtete sich vor den Zähnen, die ihr sehr lang vorkamen und an winzige Säbel erinnerten.
Etwas anderes war noch schlimmer.
Aus den Mäulern drang ihr eine Luft oder ein Atem entgegen, der sie wie der Atem aus einem tiefen Grab erwischte. Ein nach alter Luft und Moder stinkender Luftzug strich über ihr Gesicht hinweg und erreichte natürlich die Nase, so daß sie einfach gezwungen war, die Luft einzusaugen.
Selbst in der Leichengasse hatte Fay Waldon einen Geruch oder Gestank wie diesen noch nie wahrgenommen. Das aufsteigende Ekelgefühl war so stark, daß sie es nicht beschreiben konnte. Sie meinte, von diesem schrecklichen Geruch völlig ausgefüllt zu werden. Er blieb nicht nur in ihrem Mund bestehen, es bewegte sich auch tief hinein in ihre Kehle und fand seinen Weg bis zum Magen hin, so daß sie würgen mußte.
Beide Katzen bewegten ihre Pfoten. Dabei zogen sie die Krallen an und schleiften über Fays Körper hinweg. Fay wußte, daß die Spitzen Spuren auf der nackten Haut hinterlassen würden, doch das war nicht wichtig. Die Blicke störten sie viel mehr. Sie fraßen sich an ihrem Gesicht regelrecht fest, als suchten die Tiere nach einer Möglichkeit, wo sie den ersten Biß ansetzen konnten.
Fay atmete noch immer sehr flach. Anders war es ihr nicht möglich, Luft zu holen. Zwar hatte sie das Gefühl, zu zittern, trotzdem lag sie starr auf den Fliesen.
Zwei Schwänze bewegten sich und schlugen über ihren Bauch hinweg. Es war kein Streicheln, es war so etwas wie der Beginn einer Veränderung, und tatsächlich senkten die Tiere ihre Köpfe und streckten zugleich die Hälse.
Blitzschnell bissen sie zu.
Zum erstenmal erreichten die Zähne die Haut der Frau. Sie streiften über ihr Kinn hinweg, und Fay hatte das Gefühl, von harten Steinen angekratzt zu werden.
Das Gesicht lag frei. Da war sie besonders wehrlos, und auch als ein jammernder Laut über ihre Lippen drang, ließen die Katzen nicht nach. Sie bissen und hackten weiter. Die ersten Wunden waren entstanden. Der Geruch drang jetzt aus unmittelbarer Nähe in den Mund der jungen Frau, die plötzlich allen Mut zusammennahm und sich mit einer blitzschnellen Bewegung aufstemmte.
Beide Katzen sprangen zur Seite.
Die eine nach rechts, die andere nach links. Sie federten von den Wänden des Verlieses zurück, aber sie waren nicht in dem Sinne verletzt, sondern noch aggressiver geworden.
Mit einer flüssigen Bewegung schaffte es Fay, wieder auf die Füße zu kommen. Ihr Kinn schmerzte.
Aus den kleinen Wunden dort sickerte Blut hervor, was sie jedoch nicht störte. Die Katzen waren jetzt wichtiger, denn es gab keinen Ausgang für sie.
Diesmal standen sie vor ihr.
Die erste sprang mit einem langen Satz auf Fay Waldon zu. Sie riß die Arme in die Höhe und schlug einfach zu.
Dabei hatte sie Glück. Ihr rechter Ellbogen erwischte beim Hochziehen des Arms das breite und trotzdem schlank wirkende Gesicht der Katze, und es passierte etwas, das Fay nicht richtig begriff.
Sekundenlang spürte sie noch den Widerstand, dann hörte sie das Knirschen oder Knacken der Katzenknochen im Gesicht.
Das Tier fiel zurück. Es drehte sich noch in der Luft, und ein seltsam klingender Fauchlaut drang aus dem offenen Katzenmaul. Wie ein Stein prallte das Wesen mit dem Kopf zuerst gegen die Fliesen, und wieder war ein Knacken zu hören.
Erst als Fay das erneute Knirschen hörte, wurde ihr bewußt, was hier geschehen war.
Es gab den Katzenkopf nicht mehr. Er war einfach zusammengedrückt worden und bot ihren Blicken einen deformierten Anblick, als die Katze sich drehte.
Sie bewegte sich nicht mehr. War sie tot?
Die zweite Katze sprang auf Fay zu. Sie hatte sich keine Gedanken mehr darüber machen können und mußte sich ihrer Haut wehren. Beide Arme hielt sie angehoben und auch angewinkelt, und dieser Schutz reichte ebenfalls aus. Die Katze verbiß sich in ihrer Kleidung. Sie hing plötzlich wie ein Stück zappelndes Fell vom Arm herab und zog
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