1119 - Das Satansgrab
Dunkel.
Er hatte recht. Hier oben stand tatsächlich jede Menge Gerümpel herum. Kleinmöbel wie Truhen, Tische, Sideboards, auch Stühle, Kommoden. Sie berührten allesamt mit ihren Rücken die Wand, so dass zwischen ihnen und dem Geländer noch ein genügend großer Zwischenraum blieb, durch den wir uns bewegen konnten. Tatsächlich sah ich auch die aufgerollten Teppiche, die hochkant an der Wand lehnten.
»Hast du in die Schränke hineingeschaut?« fragte ich überflüssigerweise.
»Ja, habe ich. Da hat sich niemand versteckt oder ist versteckt worden.«
Ich blies die Luft aus.
»Und doch muss er hier irgendwo sein. Ich kann mir nicht vorstellen, dass man nur seine Hand zurückgelassen und ihn woanders hingeschafft hat.«
»Ich habe noch nicht überall nachgeschaut.«
Er drehte sich von mir weg.
»Komm, lass uns gemeinsam suchen.«
Diesmal gaben zwei Lampen die nötige Helligkeit. Wir sprachen nicht und öffneten auch keine Schubladen, obwohl mir ein fürchterlicher Gedanke kam. Ich kannte den unheimlichen Killer nicht. Ich wusste nur, wozu er fähig war, und da konnte ich mir vorstellen, dass er sogar Menschen zerrissen und die einzelnen Teile versteckt hatte.
Kalt wie Totenleuchten huschten die Lichtkegel über alles hinweg.
Manchmal strahlten sie auch gegen das Dach hinein und in das Gebälk, dessen kreuz und quer angebrachte Balken die entsprechende Stütze bildeten.
Für einen Moment hatte ich den Eindruck, dass sich unter dem Dach ein perfektes Versteck für ein monströses Ungeheuer befand, das nur darauf wartete, herab zufliegen und anzugreifen.
Es passierte nichts. Man ließ uns in Ruhe, und auch wir fanden keine weiteren Spuren, die auf den Killer hingedeutet hätten.
Dann sahen wir den Schrank, der genau in die Ecke passte. Zwei Lichtkegel blieben auf ihm kleben.
»So weit bin ich noch nicht gekommen«, flüsterte Douglas mir zu.
Der Schrank war recht hoch. Zumindest höher als ein Mensch.
Man hätte ihn als schmalen Besenschrank bezeichnen können, dessen Tür geschlossen war.
Abe schaute mich an. Ich sah, dass er schwitzte. Das blonde Haar klebte auf der Stirn.
»Wahrscheinlich denkst du das gleiche wie ich, John.«
»Lass uns nachschauen.«
Während ich auf den Schrank zuging, zog der FBI-Mann seine Waffe, um mich zu sichern. Mit einem unguten Gefühl zog ich die Tür auf. Wenig später gelang uns der erste Blick in das Innere des alten Möbelstücks.
Es war dunkel. Aber wir sahen den Schatten, der sich dort abzeichnete und auch die Dunkelheit ausfüllte. Der Schatten war ein Mensch. In der Dunkelheit schimmerte das blasse Gesicht wie bläulich-weißer Teig.
»Ist das Guzman?« fragte ich, halb zu meinem Freund hingewandt.
»Er muss es einfach sein, verflucht!«
Im Licht sahen wir ihn besser. Man hatte ihn in den Schrank hineingedrückt. Er lehnte mit dem Rücken an der Wand, leicht nach hinten gekippt. Er war starr, aber das Schlimmste sahen wir, als das Licht an seinem Körper entlang nach unten glitt.
Ihm fehlte die rechte Hand!
Abe atmete zischend aus. Sein Blick hatte etwas Starres bekommen, und er flüsterte: »Die verdammten Schweine!«
Ich hielt mich mit einem Kommentar zurück. Im Schrank lassen wollte ich den Toten auch nicht. Deshalb trat ich näher, fasste ihn an, und schon bei der ersten Berührung wunderte ich mich, konnte aber nichts über den Grund sagen.
Ich zog ihn vor. Er kippte mir entgegen und dabei auch in meine auffangbereiten Arme hinein. In diesem Augenblick wusste ich, was mich so irritiert hatte. Der Mann war nicht so steif, wie es eine Leiche hätte sein müssen. Er schwitzte noch, er roch, und das konnte nur einen Grund haben.
Guzman lebte trotz seiner abgerissenen Hand!
»Was?« hauchte Abe Douglas, »er lebt?«
»Ja.«
»Verdammt, das ist…«
»Sag nicht unmöglich!« flüsterte ich und ließ den Schwerverletzten behutsam zu Boden gleiten, wo ich ihn auf den Rücken legte. Douglas holte eine Teppichrolle, die er quer unter Guzmans Kopf legte.
Ich ließ meinem Freund den Vortritt. Schließlich hatte Guzman mit ihm Kontakt gesucht. Douglas kniete sich neben ihn, während ich stehen blieb.
Jetzt spürte ich auch die Feuchtigkeit auf meiner Handfläche. Als ich hinschaute, sah ich das Blut. Es stammte nicht von Guzmans verletztem Arm. Das Blut musste aus einer Wunde an seinem Rücken gequollen sein. Dass der Mann noch die Kraft gefunden hatte, überhaupt noch am Leben zu bleiben, grenzte schon an ein Wunder.
Während sich Abe mit ihm
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