1120 - Grauen hinter Gittern
hätte ich Suko umgerannt, in dessen Augen ein wilder Blick lag. So etwas hatten wir beide noch nicht durchgemacht, und auch Abe Douglas war geschockt. Er stand mit schussbereiter Waffe in der Nähe, um sofort feuern zu können.
Das brauchte er nicht.
Wir kamen frei, wir kamen durch. Aber die Insassen dachten nicht daran, die Verfolgung aufzugeben. Wie auf ein geheimes Kommando hin stürmten sie los.
Suko, Abe und ich konnten sie damit nicht überraschen. Dafür einen anderen, der sich mit dem Rücken gegen die Wand gepresst hatte und vor Grauen fast verging.
Master war nicht derjenige, der die Festung hier befehligte. Er hatte auch nicht an den Experimenten teilgenommen. Er war eigentlich nur ein Helfer und Mitläufer, der nur begrenzt eingeweiht worden war und gewisse Vorgänge möglicherweise nur aus Erzählungen kannte. Die ganze Wahrheit erlebte er jetzt, und das versetzte ihm einen Schock. Er hätte sich längst in Sicherheit bringen müssen, was ihm nicht gelungen war. So blieb er einfach zu nahe an den Gefangenen stehen, und die waren plötzlich bei ihm.
Sie kamen wie eine mächtige Woge. Sie überspülten ihn. Er brach unter dem Gewicht zusammen. Seine Schreie klangen dumpf und erstickt.
»Verdammt!« schrie Suko und lief hin. Ich blieb bei ihm.
Wir hatten vor, den Mann unter den Körpern weg zu zerren und in Sicherheit zu bringen. Zu spät.
Einmal sahen wir ihn noch.
Da war er bereits tot, denn jemand hatte seinen Hals aufgerissen.
Er schwamm im eigenen Blut. Ein schreckliches Bild. Diesen Tod hatte er nicht verdient. Aber jemand wie er, der Wind säte, musste auch damit rechnen, Sturm zu ernten.
Sie wollten auch uns.
Nein, die Chance gaben wir ihnen nicht. Suko hatte mir die Beretta gegeben, aber keiner von uns feuerte. Wir zogen uns normal zurück, denn der Ausgang stand noch offen.
Eine heulende Meute nahm die Verfolgung auf. Ich konnte nur hoffen, dass wir die Tür wieder zubekamen, denn wenn sie in die Freiheit gerieten und sich im Land verteilten, bedeutete das für zahlreiche Menschen den Tod.
Noch bevor wir die Festung verlassen hatten, hörten wir das knatternde Geräusch. Ich wusste, was sich dort draußen tat, aber sah es erst, als ich einen Schritt über die Schwelle getan hatte.
Zwei Hubschrauber waren gelandet. Schon flogen die Türen auf und Soldaten sprangen aus den stählernen Kolossen. Sie alle waren mit Gewehren bewaffnet, die unförmig aussahen, weil sie keine normalen Kugeln verschossen, sondern Gas.
Die Soldaten kümmerten sich nicht um uns. Sie stürmten vorbei und in die Festung hinein. Von ihren Gesichtern war kaum etwas zu sehen, da sie Masken trugen.
Erst am Chrysler blieben wir stehen und drehten uns um.
Die Soldaten waren bereits in der Festung und hatten geschossen.
Durch die offene Tür sahen wir die dicken Schwaden, die sich wie Nebel ausbreiteten und für Ruhe sorgten.
Wir aber waren gerettet. Keiner von uns würde für die nächsten Jahre in dieser Festung lebendig begraben sein…
***
»Nein, sie sind nicht tot. Nur betäubt!« antwortete der Einsatzleiter auf meine diesbezügliche Frage. »Wir brauchen sie noch als Beweise, denke ich mir.«
Ich lachte spöttisch. »Für wen?«
Der Mann hob seine Schultern. Er war jemand, der lieber schwieg.
Der Beruf hatte dafür gesorgt.
»Bestimmt nicht für die Öffentlichkeit«, erklärte ich. »So etwas wird gern unter den Tisch gekehrt. Man hat es auch bei uns versucht, obwohl Abe Douglas zum FBI gehört.«
»Es ist nicht meine Aufgabe, darüber zu entscheiden. Außerdem sollten Sie froh darüber sein, dass Sie noch leben. Alles andere müssen Sie uns überlassen.«
Obwohl der Mann und seine Leute uns praktisch rausgeholt und Schlimmeres verhindert hatten, hätte ich ihm am liebsten einen Tritt gegeben, als er sich abwandte und davonging.
Abe und Suko hatten geschwiegen. Jetzt übernahm der G-Man wieder, das Wort. »So ist das nun mal, John. Da machst du nichts. Die haben das Sagen.«
»Wer ist die?«
»Eine Sondertruppe. Frag mich nicht, wem sie genau unterstellt ist. Die Organisationen lassen sich nicht in die Karten schauen. Ein Wunder, dass sie überhaupt erschienen sind.«
»Das ist höhere Politik«, sagte Suko.
»Oh - kennst du dich aus?«
»Nein.« Er lächelte vor sich hin. »Aber ich kenne unseren Chef, Sir James. Er kann manchmal verdammt penetrant sein, und das hat er in diesem Fall bewiesen. Wäre er nicht gewesen und hätte er nicht Leute in der Regierung mobil gemacht, die sich dann
Weitere Kostenlose Bücher