1152 - Gespensterwelt
von Xanthen. „Ihr solltet sofort starten."
„Okay, wir kommen", entschloß sich Roi. Nachdem die Verbindung unterbrochen war, fügte er hinzu: „Aber zuerst müssen wir noch Taurec warnen."
Er funkte die SYZZEL an, doch bekam er nicht sofort Antwort. Erst nach mehreren Anrufen meldete sich Taurec. Er hörte jedoch nicht auf Rois Argumente und weigerte sich, Pseudoerde zu verlassen.
„Was hält dich denn hier noch?" fragte Roi.
„Ich vermisse einen Freund", antwortete Taurec. „Ich gehe nicht ohne Asco Chipon fort, ich kann ihn nicht im Stich lassen. Fliegt ihr schon los, ich komme nach."
„Wenn es dir recht ist, gehe ich an Bord der SYZZEL und warte dort auf dich", sagte Roi kurz entschlossen. Taurec gab darauf keine Antwort mehr.
„Und was wird aus uns?" fragte Galt kläglich.
„Ihr fliegt mit der Space-Jet zur RAKAL WOOLVER", sagte Roi. „Was danach mit euch geschieht, überlasse ich deiner Phantasie."
Roi befahl Aiser Triegor, ohne sie zum Mutterschiff zurückzufliegen und verließ die Space-Jet. Demeter schloß sich ihm kommentarlos an. Als sie zur SYZZEL hinüberschritten, hatten sie das Gefühl, als würde der Boden unter ihren Fußen nachgeben. Aber das mochte alles nur Einbildung sein.
Etwas anderes bildete sich Roi dagegen nicht ein. Er merkte aus den Augenwinkeln irgendeine Veränderung im Hintergrund. Als er in die Richtung blickte, stellte er fest, daß ein Teil der Skyline von Terrania verschwunden war.
*
Tanyas Garten war das Paradies, Asco hatte noch nie einen idyllischeren Flecken Erde gesehen. Dabei gab es in diesem Garten nichts Exotisches, nichts was ihm nicht bekannt gewesen wäre. Diese Obstbäume, Blütensträucher, Blumen und Nadelgehölze konnte man überall in den Grünzonen von Terrania finden - jedoch nicht in dieser Zusammenstellung.
Tanya bewohnte einen flachen Bungalow, den Asco noch nicht zu betreten gewagt hatte. Es gab auch ein Gästehaus, das hatte sie ihm als Quartier zugewiesen. Aber darin hatte er sich bisher noch kaum aufgehalten. Er hatte auch nicht die Absicht, darin zu wohnen. Wenn er bei Tanya bleiben würde - dieser Gedanke kam ihm spontan und erschien ihm geradezu als selbstverständlich -, wenn Tanya ihn also in ihrem Garten aufnehmen würde, wollte er zu ihr ziehen.
Er hatte es aber noch nicht gewagt, mit ihr darüber zu sprechen. Sie war ein so schreckhaftes Wesen, daß er Angst hatte, sie durch irgendein unbedachtes Wort zu verscheuchen. Ja, er fürchtete sogar, daß sie entschwinden könnte, wenn er sich irgendeine Verfehlung gegen sie erlaubte.
Sie war die Frau seiner Träume, aber sie war kein Traum. Er bildete sich ihre Existenz nicht nur ein. Und er glaubte sie schon nach dem ersten Kontakt so gut zu kennen, als sei er von klein auf mit ihr aufgewachsen. Sie war seine Jugendfreundin, das Nachbarmädchen, mit dem man die schönsten Jahre verlebte und mit dem man ein Leben lang verbunden war.
Sie war seine Traumfrau.
Er sah sie nur selten, sie lief immer wieder von ihm fort. Er wußte jedoch, daß sie ihn nicht floh, weil sie von ihm nichts wissen wollte. Es war mehr ihrer Scheu zuzuschreiben, aber es hatte auch ein wenig mit Koketterie zu tun.
Ihre Begegnungen waren nur kurz, die dazwischenliegenden Zeiträume erschienen Asco dagegen wie Ewigkeiten. Den SERUN hatte er längst schon abgelegt.
Er suchte nach ihr und fand sie an einem kleinen, von hohem Schilf umsäumten Teich.
Sie hockte auf einem Badesteg und schöpfte mit den Händen Wasser. Als er sie so sah, hatte er plötzlich das Bedürfnis, ihren schlanken, geschwungenen Nacken zu streicheln.
„Vergiß nicht, was du versprochen hast", sagte sie, ohne sich umzudrehen.
„Dann wende dich wenigstens nicht von mir ab", bat er.
Sie drehte sich um, stützte sich mit den Händen am Rand des Steges ab und blickte ihn an. Er ließ sich im Gras vor dem Steg nieder. Das Schilf beugte sich im Wind, irgendein Tier raschelte darin. Ein Frosch sprang klatschend ins Wasser, die Grillen zirpten, die Luft war erfüllt vom Summen der Insekten - und es gab Bienen, die von Blüte zu Blüte summten. Das alles gab es sonst nirgends auf dieser öden, verlassenen Erde.
„Lächle", bat er. Sie tat es.
„Du lächelst, aber du bleibst traurig", stellte er bedauernd fest. „Kann ich nichts tun, daß auch deine Augen lächeln? Was bedrückt dich, sage es mir."
„Ich bin glücklich, seit du da bist, Asco."
„Vielleicht, das sehe ich nicht. Ich sehe nur, daß deine Schwermut geblieben
Weitere Kostenlose Bücher