1154 - Flucht aus dem Grauen Korridor
Gezeitenfeld ihn wieder in die Gegenwart zurückholte.
Leicht und ohne den geringsten Widerstand zu verspüren, drang er in den Anführer der Sippe ein und verhielt sich passiv, ohne das andere Bewußtsein zu übernehmen.
*
Munga führte die Sippe an, seit sein Vater von den Knochensaugern erschlagen worden war. Diese Wilden, die auch nicht davor zurückschreckten, das Fleisch und Knochenmark ihrer getöteten Feinde zu verzehren, hausten in dem grünen Tal auf der anderen Seite des Gebirges am Flußufer in ihren Erdlöchern und unternahmen in regelmäßigen Abständen ihre Jagdausflüge.
Die Knochensauger kannten zwar das Feuer, aber sie wußten nicht, wie man es machte. Wenn der Regen ihr Feuer löschte, waren sie gezwungen, sich neues bei den anderen Sippen zu holen.
Das Feuer war reiner Zufall gewesen, aber die meisten Männer der Sippe Mungas glaubten, daß die Götter es ihnen geschickt hatten.
Kaum hatte Ellert Munga übernommen, ohne aktiv zu werden, da nahm er auch die Gedanken des Sippenanführers auf und verstand zugleich die kehligen Laute der anderen Steinzeitmenschen, den Vorläufern der späteren Cro-Magnon.
Das Gespräch drehte sich um den vor einigen Tagen erfolgten Überfall der Knochensauger, und sie alle, Männer wie Frauen, konnten sich noch gut an den schrecklichen Nachmittag erinnern, an dem es geschah.
Ellert, der im Hintergrund von Mungas Bewußtsein lauerte, erlebte diesen Tag mit, als sei er selbst dabei gewesen. War das vielleicht der Grund, warum ES ihn in die Vergangenheit geschickt hatte?
Es begann noch nicht zu dämmern an diesem Tag, als ein Trupp der kannibalischen Knochensauger das Lager der Höhlenbewohner umzingelte und überfiel. Sie stürmten, mit Holzkeulen und Steinen bewaffnet, durch die Büsche und stürzten sich auf die Überraschten, die ahnungslos ihrer täglichen Beschäftigung nachgingen.
Die Angreifer suchten Beute, und Menschen waren leichter zu erlegen als wilde und schnelle Tiere.
Die Frauen flüchteten sich in die Höhlen, die von jungen Männern bewacht und verteidigt wurden, sehr oft vergebens. Die älteren und erfahrenen Jäger stellten sich zum Kampf, der lange dauerte. Sie ergriffen ihre Waffen, die jenen der Knochensauger überlegen waren. Längst schon hatten sie lange Holzäste, vorne angespitzt, zum Kampf und zur Jagd erfunden, und in der Sippe gab es bereits zwei Männer, die Pfeil und Bogen mit großem Erfolg benutzten. Mit ihnen ließ sich ein Tier, und natürlich auch ein menschlicher Feind, auf größere Entfernung töten.
Die Knochensauger waren von dem erbitterten Widerstand überrascht. Einer nach dem anderen verlor sein Leben oder schleppte sich zurück in die rettenden Büsche, schwer verwundet oder gar dem Ende nah. Nach Anbruch der Dunkelheit, so hofften sie, würden sie sich in Sicherheit bringen können.
Einer der leichter Verwundeten entkam dem nachfolgenden Vergeltungsgemetzel und wartete in einem Versteck, bis es völlig dunkel geworden war. Die Höhlenbewohner hockten um ihr Feuer und feierten den errungenen Sieg mit gebratenem Fleisch und frischem Quellwasser.
Die lodernden Flammen faszinierten den Überlebenden. Er wußte, daß die Hitze, die von ihnen ausging, das rohe Fleisch schmackhafter machte und daß sich mit ihnen auch eine nahrhafte Brühe zubereiten ließ.
Das Feuer seines Stammes am Fluß war schon lange erloschen. Wenn er, der junge Jäger, es ihnen jetzt brachte, würde er die junge Moika bekommen, auf die er schon lange ein Auge geworfen hatte.
Das Feuer konnte auch die kalten und feuchten Erdlöcher wärmen, ebenso die kalten Gebeine der Männer, wenn sie durchfroren von ihren Jagdzügen zurückkehrten.
Von seinem Versteck aus beobachtete er, wie die Flammen an den trockenen Ästen emporzüngelten und sie zu glühender Asche werden ließen. Feuer konnte also auch zerstören.
Und da fiel ihm etwas ein, das er schon fast vergessen hatte.
Und er wußte auch, daß seine Sippe bald eine Waffe haben würde, mit der die Jäger alle Feinde besiegen konnten.
Als die Feiernden einer nach dem anderen in ihre Höhlen krochen, schlich sich der junge Knochensauger zu dem erloschenen Lagerfeuer und wühlte so lange in ihm herum, bis er die noch glühende Asche fand. Er füllte sie in einen halb ausgehöhlten Stein und verschwand mit seiner wertvollen Beute im Dunkel der Nacht.
*
„Das Feuer, das uns wärmt und das Fleisch besser schmecken läßt", rief Munga mit lauter Stimme, „haben uns nicht die
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