1157 - Der PS-Teufel
hineingelassen wurde, schluchzten nicht wenige Menschen auf. Irgendwie hatte diese Bewegung etwas Endgültiges an sich. Jetzt war er weg. Jetzt war er endgültig aus dem Leben der anderen verschwunden und existierte nur mehr in der Erinnerung weiter.
Ich bekam dies alles mit und musste dabei auch an meine Eltern denken, die gemeinsam gestorben waren. Nicht eines natürlichen Todes. Man hatte sie brutal umgebracht.
Es lag noch nicht sehr lange zurück, und es war auch verdammt viel um den Tod meiner Eltern herum geschehen. Sehr oft musste ich daran denken, besonders in Situationen wie dieser. Da kam mir immer wieder dieser Schrecken in den Sinn.
Es sprach nicht nur der Pfarrer. Auch Freunde hielten kurze Reden. Die Rocker dachten nicht daran, ihren Platz zu verlassen. Sie blieben und unterhielten sich weiter. Mal flüsternd, dann wieder halblaut, wenn Emotionen hochkochten.
Ich wollte nicht zuhören, aber es ging einfach nicht anders. Besonders die weiblichen Stimmen klangen lauter.
»Warum sollte der Sarg nicht mehr geöffnet werden? Ich hätte ihn gern noch mal gesehen.«
»Nein, er hat es so bestimmt.«
»Warum?«
»Das weißt du doch. Er will uns nicht im Stich lassen.«
»So ein Mist.«
»Warte es ab.«
»Was denn? Worauf soll ich warten?«
»Shakko war immer für Überraschungen gut. Das weißt du genau.«
»Ja, so ist er auch gestorben.«
»Ein Super-Tod. Einfach ins Gelände rasen, sich vorstellen zu können, wegzufliegen und dann…«
»Dann bist du tot«, sagte die Frau leicht schrill. »Dann bist du nichts mehr. Nur noch Asche. So wie er vielleicht. Aber ich glaube das alles nicht. Wir haben ja nicht einmal seine Maschine gefunden. Da gibt es zu viele Rätsel.« Sie hustete. »Und… und… warum hat er festgelegt, dass wir noch an seinem Grab bleiben sollen?«
»Das hättest du ihn fragen müssen, Dana. Jetzt ist es zu spät. Aber nicht für seine Überraschungen, die bestimmt eintreffen werden.«
»Dann kommt er, als Zombie aus dem Sarg zurück«, sagte ein anderer.
»Bei Shakko ist alles möglich. Er hat die Hölle immer geliebt, sagte er mir jedenfalls. Für den Teufel hat er mehr übrig gehabt als für den Himmel.«
Ich hatte eigentlich nicht zuhören wollen, doch es war mir praktisch nichts anderes übrig geblieben.
Das Gespräch bewegte sich in eine Richtung, die mich zwar interessierte, mir aber nicht gefiel.
Trotzdem drehte ich mich langsam nach rechts. Ich bekam auch mit, dass Suko seine Stirn in Falten gelegt hatte. Sicherlich hatte er die gleichen Worte gehört wie ich.
Die Rocker standen zusammen. Sie waren ruhig, aber auf ihren Gesichtern entdeckte ich einen etwas ratlosen Ausdruck. Höllenengel waren es nicht. Zumindest trugen sie nicht die entsprechenden Embleme auf ihren Lederjacken.
Vor Jahren hatte ich mal oben in Schottland mit den Teufelsrockern zu tun gehabt, und ich erinnerte mich noch an ihre flammenden Schädel, die auf ihren Körpern gesessen hatten, als sie über die einsamen Straßen des Hochlands gedonnert waren.
Diese hier waren anders. Nur kam mir das Thema hier am Grab seltsam vor. Aber ich wollte nicht eben das Schlimmste befürchten. Ein Pfarrer hatte die Beerdigung nicht begleitet. Ein Wanderprediger, der für Geld auftrat, hatte die salbungsvollen letzten Worte gesprochen. Zumindest erinnerte ich mich daran, einen ähnlichen Mann gesehen zu haben. Einen Eid wollte ich darauf allerdings nicht leisten.
»Ich finde das alles Scheiße!«, sagte Dana. Die anderen jungen Frauen hielten sich zurück. Es waren zwei, die zusammenstanden und sich an den Händen hielten.
»Kann ich nichts daran ändern.«
Dana zuckte mit den Schultern. Sie war Mitte Zwanzig. Ihr Haar war fahlblond. Sie hatte es hochgesteckt und zu einem Knoten gebunden.
Ich sah sie im Profil. Sie hatte ein feingeschnittenes Gesicht. Ringe klemmten in den Ohren und steckten auch in den Nasenflügeln.
»Außerdem habe ich Angst!«
»Ist nicht mein Problem!«
Der Mann, der gesprochen hatte, schien so etwas wie ein Anführer der Truppe zu sein. Jedenfalls deutete sein Gebaren darauf hin. Er hatte sich breitbeinig am Kopf des Grabs aufgebaut und seine Daumen in den Gürtel gehakt. So kam er sich vor wie John Wayne in seinen allerbesten Zeiten. Das dunkle Haar hatte er straff nach hinten gekämmt, und in seinem Gesicht fiel die gebrochene Nase auf, die die Form eines Sattels hatte. Er trug Lederkleidung und halbhohe Stiefel. Dabei spielte er lässig mit seinen Stulpenhandschuhen.
Weitere Kostenlose Bücher