1157 - Der PS-Teufel
meine aufrichtige Anteilnahme zum Tod Ihres Mannes.«
»Danke sehr.«
Ich drehte mich ab. Die Gänsehaut auf meinem Rücken war noch nicht verschwunden, aber schwächer geworden. Von der Seite her traten die Kinder an das Grab heran und nahmen ihre Mutter in die Mitte, die noch einmal in aller Stille Abschied von ihrem Mann nehmen wollte.
Ich ging dorthin, wo Glenda und Suko schon auf mich warteten. Die Rocker umstanden noch immer das Nachbargrab, wo weiterhin nichts passiert war.
Glenda nagte an der Unterlippe. Der Wind spielte mit ihrem dünnen Mantel und strich durch ihr Haar. »Es war eine scheußliche Sache«, flüsterte sie. »Ich hasse diese Beerdigungen, und jetzt brauche ich sogar einen Schnaps.«
»Kannst du bekommen«, sagte ich. »Du musst dich nur noch etwas gedulden.«
»Ist klar.«
Wir gingen von den anderen weg und bewegten uns dabei zwangsläufig auf die Gruppe der Rocker zu. Sie nahmen von uns keine Notiz. Nur die junge Frau mit dem Namen Dana schaute kurz zu uns rüber.
Genau in diesem Augenblick hörten wir das Dröhnen!
***
Es war da. Es war wie ein Aufschrei aus den Tiefen der Hölle, der über den Friedhof hinwegjagte.
Ein Geräusch, das nicht hierher passte und das die Stille brutal zerrissen hatte.
Alle, die es hörten, waren irritiert. Aber die Reaktionen der Rocker fielen aus dem Rahmen.
Sie standen bewegungslos auf der Stelle und schienen dort in ihren Haltungen eingefroren zu sein.
Sie waren blass geworden, niemand sprach ein Wort, und ein jeder wartete darauf, dass sich das Dröhnen wiederholte.
Glenda Perkins schaute mich an. »Was war das?« flüsterte sie.
»Ein Motor.«
»Von einem Motorrad«, erklärte Suko, der Kenner, der früher einmal Harley gefahren war. »Wenn mich nicht alles täuscht, ist es sogar eine Harley gewesen.«
»Auf dem Friedhof?« Glenda wollte es kaum glauben. »Wer fährt denn damit über den…«
»Ein Rocker!« sagte ich.
»Nein, die sind doch…«
Sie sprach nicht wieder zu Ende und schaute hin zu der Gruppe, die sich auch jetzt nicht bewegt hatte. Sie standen da wie Starter vor dem Schuss. Dabei schauten sie in eine bestimmte Richtung, und zwar hin zum Eingang, wo sich auch die Trauergesellschaft hinbewegte.
Dort war noch nichts zu sehen, aber auch ich war mir sicher, dass das Geräusch aus dieser Richtung über den Friedhof gedonnert war. Zudem versperrten uns die höheren Grabsteine und auch die Büsche die Sicht.
Das Dröhnen war wie ein Schuss gewesen, dem kein zweiter mehr folgte. Wieder hatte die normale Stille von diesem Friedhof Besitz ergriffen, aber das Geräusch vergaß so leicht keiner. Es war irgendwie immer bei uns.
Die normalen Trauergäste kümmerten sich darum nicht. Sie gingen weiterhin dem Ausgang zu, die Rocker und wir bleiben stehen, was Glenda nicht verstand, denn sie schüttelte den Kopf. »Was habt ihr denn, verdammt noch mal?«
»Uns gefällt das Geräusch nicht«, sagte Suko.
Sie winkte ab. »Jetzt macht euch nicht verrückt. Das ist von irgendwoher außerhalb des Friedhofs erklungen. Was… was… soll das überhaupt? Und wenn es ein Motorrad gewesen ist, dann ist das für mich auch nichts Unnormales, denn…«
»Da ist es wieder!« sagte Suko.
Er hatte Recht mit seiner Behauptung. Es war wieder da. Ein kurzer, dröhnender Donnerschlag war es diesmal, aber der Laut verstummte nicht, er wandelte sich nur um.
Es war das Geräusch, das entsteht, wenn jemand mit einem Motorrad relativ langsam über einen Weg fährt. Einleichtes Knattern oder Brummen, das schon etwas frustriert klang, weil die eigentliche Kraft zurückgehalten wurde.
Suko war einen Schritt nach vorn gegangen. Er schaute und lauschte angespannt. Dabei schüttelte er leicht den Kopf wie jemand, der es nicht wahrhaben will. Zudem hatte er sich auf die Zehenspitzen gestellt, um besser sehen zu können.
Das Geräusch blieb. Es blieb nicht an der gleichen Stelle, sondern bewegte sich kreuz und quer über den Friedhof hinweg. Der Fahrer und sein Motorrad schienen unsichtbar zu sein, denn bisher hatte er sich nicht gezeigt und die Grabsteine als Deckung benutzt.
Ich warf wieder einen Blick auf die nicht weit entfernt stehenden Rocker. Sie waren ebenfalls gespannt, vielleicht sogar leicht geschockt. Die Köpfe waren in eine bestimmte Richtung gedreht, denn auch sie wollten wissen, woher dieses verdammte Geräusch kam.
Dann sahen wir den Grund!
In eine Lücke zwischen zwei Sträuchern hinein schob sich der Fahrer auf dem Motorrad. Er fuhr aber
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