1158 - Kalt wie der Tod
Mannschaft wieder wegschicken.«
»Gut. Je weniger Aufsehen, umso besser. Ich bringe nur die Spezialisten mit. Sie warten auf uns.«
»Sicher!«
Harry war froh, das Gespräch beenden zu können. Ich wollte in den nächsten Minuten noch allein bleiben und mit dem eben Erlebten fertig werden, Ihm fiel ein, dass er Peters nichts von dem zweiten Toten erzählt hatte. So sehr war er durch die Geschehnisse schockiert worden.
Er hatte den Mann auf dem Bett nicht richtig untersuchen können. Möglicherweise war es jemand aus dem Dorf, den sich Freese geholt hatte. Auf der anderen Seite allerdings wunderte sich Harry über das Gerede des Mörders. Vor der Aktion hatte er sich so seltsam verhalten. So etwas wie er sagte normalerweise niemand, der sich in einer großen Gefahr befand.
Entweder war er zu diesem Zeitpunkt verwirrt gewesen oder er hatte einen bestimmten Grund gehabt, so zu reden. Harry war leicht wütend darüber, dass er es nicht mehr herausfinden konnte. Er sah noch immer das Bild des Mannes vor sich, als in dessen Brust das Messer gesteckt hatte.
Mit diesem Gedanken betrat Harry Stahl das Zimmer erneut - und er erlebte eine zweite Überraschung.
Der Tote war gar nicht tot!
***
Harry starrte auf das leere Bett, und dann fiel sein Blick auf das Fenster, das der Mann geöffnet hatte. Er war dabei, hinauszuklettern und drehte Harry Stahl den Rücken zu, aber er musste einen sicheren Instinkt besitzen, denn er drehte plötzlich den Kopf.
Beide starrten sich an.
In diesen langen Augenblick nahm Harry das Gesicht des anderen überdeutlich wahr. Es war das Gesicht eines Menschen ohne Ausdruck. Man nahm es zur Kenntnis, und man hatte es wenig später schon wieder völlig vergessen.
Harry merkte, wie sich in seinem Magen ein Knoten bildete. Der Blick glitt tiefer und erfasste die Brust, in der das Messer gesteckt hatte.
Die Wunde war zu sehen, aber kaum Blut. Die Wunde befand sich sogar in Höhe des Herzens. Eigentlich hätte dieser Mensch tot sein müssen. Zumindest so schwer verletzt, dass er sich aus eigener Kraft sicher nicht mehr bewegen konnte.
Stahl hielt seine Waffe noch in der Hand. Er hob die Walther an und zielte auf den Mann. »Sie bewegen sich nicht!«, flüsterte er scharf. »Zwinkern nicht einmal mit den Augen!«
Dem letzten Befehl folgte er nicht. Er riss die Augen sogar weit auf, um seinen geflüsterten Worten Ausdruck zu verleihen: »Mach dich nicht unglücklich!«
»Keine Angst. Der Einzige, der sich hier unglücklich macht, sind Sie.«
»Nein, nein! Sie verstehen nichts, gar nichts. Das können Sie auch nicht. Drehen Sie sich um und laufen sie weg so schnell sie können. Ich schenke Ihnen das Leben!«
Harry Stahl hätte normalerweise gelacht. Hier blieb ihm das Lachen im Hals stecken, denn die Worte hatten ihn hart getroffen. Sie waren nicht einfach nur so dahin gesagt worden. Da steckte mehr, viel mehr dahinter. Dieser »Mensch« wusste genau, wovon er sprach. Harry hatte das Gefühl, dass der Fall, der so abgeschlossen aussah, erst jetzt richtig begann.
»Ich habe die Waffe!«
»Lächerlich!«, lautete die Antwort. »Na klar, du hast die Waffe. Aber glaubst du denn, dass mich eine Kugel schreckt?«
Ja, irgendwie hatte er recht. Das Messer hatte ihn nicht töten können, und so würde er auch gegen eine Kugel resistent sein. Und genau das ging nicht mit rechten Dingen zu. Harry wusste schon jetzt, dass es ein Fall für ihn geworden war. Einer, bei dem die normale Logik versagte.
War Heiner Freese schon schlimm gewesen, diese Gestalt mit dem nichtssagenden Gesicht war es sicherlich noch mehr. Er und Freese hatten sich hier getroffen und…
Harrys Gedanken brachen ab, denn der Mann am Fenster drehte sich ihm noch mehr zu, damit sie sich beide anstarren konnten. Harry, starrte in das Gesicht und er sah die Veränderung.
Das Gesicht des anderen dunkelte ein. Nicht schwer, nein, es erhielt einen gründlichen Schimmer, und auf die Haut legte sich eine dünne zweite. Nicht glatt, dafür aus zahlreichen Schuppen gebildet, die sich vom Hals bis zur Stirn hochzogen. Er war plötzlich in der Lage, in das Gesicht hineinzuschauen, denn es wirkte in diesen Augenblicken wie ein Hologramm.
Das war kein Gesicht mehr, sondern eine Fratze. Aber auch keine normale. Sie hätte eher zu einem Tier gepasst, was wiederum nicht zutraf, denn Tiere sahen so nicht aus.
Vielleicht ein Reptil, das in einer fernen Vergangenheit einmal gelebt hatte. Der Mund war zu einem Maul geworden, das weit offen stand.
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