1174 - Duell der Kosmokraten
überzufließen. Er sog Chthon förmlich in sich auf, und damit ging eine Kraft auf ihn über, wie er sie nicht zu kennen glaubte, obwohl sie früher ein fester Bestandteil von ihm gewesen war.
Taurec sprengte die Ketten des Vergessens. Erinnerungen überfluteten seinen Geist, Erinnerungen an vergangene Ereignisse, an Erlebnisse aus uralten Zeiten und aus jüngster Zeit: an den eigentlichen Auftrag der Kosmokraten ... im Zuge der anamnetischen Erweckung...
Und dann war die Anamnese abgeschlossen.
Taurec hatte seinen Schatten in sich aufgenommen, er war wieder ein vollwertiger Kosmokrat - Vishna zumindest ebenbürtig.
Vishna!
Taurec wurde aus seinen Gedanken gerissen, als zwei Gestalten in SERUNS bei ihm auftauchten. Er erkannte Roi Danton und Demeter. Er lächelte ihnen zu.
„Seid ihr gekommen, um mich zu befreien?" fragte er anzüglich.
„Ich fürchte, nun sitzen wir alle vier...", begann Demeter. Plötzlich stutzte sie. „Wo ist Chthon?"
Taurec hatte die Daumen an den Gurten des Kosmokratenkodex untergehakt, sein Gesicht zeigte einen zufriedenen Ausdruck. Das war Antwort genug, fand er. Ihm war nicht nach langen Erklärungen zumute. Aber er sagte: „Ich weiß jetzt, was zu tun ist - im kleinen wie im großen Maßstab."
Die Nullstohle war kein Gefängnis mehr für ihn. Er merkte, wie sie instabil wurde, dank verschiedener Einflüsse von außen. Vishnas Virenhorst wurde in seinen Grundfesten erschüttert, Vishna selbst schwankte.
Taurec durfte nicht zulassen, daß sie sich, die kommende Niederlage vor Augen, zu einer Verzweiflungstat hinreißen ließ. Sie hatte schon einmal in ihrem Ungestüm eine Katastrophe herbeigeführt. Sie war unberechenbar.
Während er sein neu zurückgewonnenes Wissen sichtete und verarbeitete, führte er die beiden Terraner aus der Nullsohle hinaus, zurück in die reale Welt, die jedoch noch immer in hohem Maß irreal wirkte.
Aber Taurec hatte keinen Blick dafür. Er suchte Vishna. Er wollte sie zum Duell stellen.
Dieser Auseinandersetzung konnte er nicht aus dem Wege gehen, und auch Vishna wußte, daß sie sich diesem Kräftemessen nicht entziehen konnte.
Sie wollte es auch gar nicht.
„Taurec, mein Feind, jetzt werde ich dich endgültig vernichten."
„Vishna, meine verhaßte Geliebte, du bist am Ende deiner Macht angelangt. Ich wußte es schon, als ich dir als Gesil begegnete. Aber du erkanntest mich damals nicht. In der Inkarnation der Gesil konntest du dich nicht entfalten."
„Es lag an dir, Taurec, denn ohne deinen Schatten warst du nicht als Kosmokrat zu erkennen."
Sie standen einander nicht gegenüber, sie waren räumlich voneinander weit entfernt, verschanzten sich an verschiedenen Orten des Virenimperiums, sie prallten nur im Geist aufeinander.
Und es war eine Art des Kampfes, den kein Wesen aus den Niederungen des Einsteinraumes als solchen erkennen konnte. Er fand auf der Ebene von Kosmokraten statt.
So focht man Händel auf der anderen Seite der Materiequellen aus, wo jene Wesen beheimatet waren, die sich aus eben diesen Materiequellen entwickelt hatten.
*
Einst gab es jenseits der Materiequellen zwei Kosmokraten, die eine innige innere Verbindung zu den Niederungen des Einsteinuniversums hatten. Sie entwickelten eine unstillbare Sehnsucht nach allem Materiellen, nach dem Leben in seiner einfacheren Form - dem körperlichen Dasein.
Dies waren Taurec und Vishna.
Ihre gemeinsamen Neigungen machten sie zu heimlichen Verbündeten. Sie verstanden einander ohne Absprache. Ihre Sehnsüchte waren gleichgeschaltet, und doch waren sie nicht gleichpolig.
Zwischen ihnen entwickelte sich allmählich eine Art Haßliebe. Denn während Vishna ihren Gelüsten hemmungslos freien Lauf ließ, versuchte Taurec, sie in Grenzen zu halten.
So kam es schließlich dazu, daß Vishna den Verlockungen der Macht verfiel. Sie wollte nicht nur das Leben in all seinen Facetten voll auskosten, sie wollte auch mächtiger als die Kosmokraten sein.
Den einzigen Weg, ihre Ziele zu verwirklichen, sah sie darin, das Virenimperium zu beherrschen, es als Instrument der Macht zu benützen und so zu einer Wesenheit zu werden, die noch über den Kosmokraten stand.
Insgeheim hatte sie immer gehofft, in Taurec einen Förderer ihrer Bestrebungen zu haben, einen Freund und Helfer im Augenblick der Entscheidung. Mit diesem Gesinnungsgenossen wollte sie das Virenimperium zum Aufbau eines Machtbereichs benutzen, der alles bisher Dagewesene übertraf.
Doch dies war Vishnas
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