1174 - Duell der Kosmokraten
Vorsichtsmaßnahme nicht übertrieben gewesen war. Er ließ sich davon nicht aufhalten, sondern folgte der Vorhut dichtauf durch das Ringlabyrinth.
Nicht viel später erfolgten zwei Explosionen rasch aufeinander, und kurz darauf schloß die Nachhut zu ihm auf.
Obwohl Taurec klar war, daß Vishna jederzeit ein ganzes Heer von Verfolgern auf die Beine stellen konnte, verzichtete er auf die weiteren Dienste seiner Roboter. Er rief sie in die Kaserne zurück und setzte seinen Weg alleine fort.
Er näherte sich bereits dem Zentrum mit Chthons Gefängnis, das merkte er an der Wölbung der Wände, die Gänge bildeten immer engere Ringe. Ihn wunderte nur, warum ihm Vishna keine weiteren Hindernisse mehr in den Weg legte.
Plötzlich fand sich Taurec in einer Sackgasse: Als er um eine Biegung des Ganges kam, versperrte ihm eine Wand den Weg. Er ging denselben Weg zurück und stand bald wiederum vor einer Wand, wo zuvor keine gewesen war.
Dafür fand er einen Durchlaß, wo er vorher keinen entdeckt hatte. Taurec benutzte ihn und kam ins Zentrum des Ringsystems.
Entlang der Mauern verlief ein schmaler Steg über einem unergründlichen Schacht aus bodenloser Schwärze.
Vishnas Absicht war nun klar. Sie hatte ihn nur zum Schein jagen lassen, ihn in Wirklichkeit aber absichtlich hierher getrieben. Sie wollte, daß er das Gefängnis seines Schattens fand.
Den Rückzug, dessen war er überzeugt, würde sie ihm nicht so leicht machen. Aber an Flucht dachte er ohnehin nicht. Er hatte von Anfang an gewußt, auf welches Risiko er sich da einließ.
„Worauf wartest du denn noch?" erklang Vishnas höhnische Stimme. Diesmal war sie jedoch vorsichtig genug, sich ihm nicht in einer Mentalprojektion zu zeigen. „Dort unten, auf der Nullsohle, befindet sich Chthon. Es ist nicht mehr viel von ihm übrig. Wenn du noch lange zögerst, verpaßt du deine letzte Chance, dich mit ihm zu vereinigen. Hast du nicht endlich erreicht, was du wolltest?"
Er brauchte nicht lange um einen Entschluß zu ringen. Die ganze Zeit hatte er gewußt, wie er sich in einem solchen Fall entscheiden würde. Er hätte sich nur gewünscht, den einen oder anderen Trumpf gegen Vishna in die Hand zu bekommen.
Aber da ihm das nicht gelungen war, mußte er sich ihr völlig ausliefern. Er konnte nicht zulassen, daß sein vierdimensionaler Schatten verging und damit ein Teil seiner Selbst.
Taurec tat den entscheidenden Schritt - unter Vishnas triumphierendem Gelächter. Er schwebte entlang der Schachtwände aus schwarzem Kristall, passierte die verschiedenen Zeitsohlen, von denen jede einen Abschnitt irdischer Geschichte darstellte.
Bilder stürmten auf ihn ein, aber er ignorierte sie. Er glitt tiefer und tiefer, bis hinunter zum Urknall, dem dieses Universum seine Existenz verdankte. Für einen Moment bekam Taurec die Vision eines gigantischen Lichtblitzes, aber auch dieses einmalige Schauspiel von der Geburt des Universums übte auf ihn keine nachhaltige Wirkung aus.
Taurec sank noch tiefer - er erreichte die Nullsohle, wo Zeit und Raum keinerlei Bedeutung mehr hatten, die Naturgesetze des Universums, in das er gesandt worden war, keine Gültigkeit besaßen. Denn dies war der raumzeitlose Punkt vor ihrer Entstehung.
Und hier traf Taurec auf seinen Schatten. Von Chthons ursprünglicher Erscheinung war nicht mehr viel übrig. Er hatte nur noch annähernd menschliche Umrisse. Er war nur noch Rauch und Nebel, die Konturen verloren sich allmählich.
Nicht mehr lange, und Chthon würde zu existieren aufhören.
„Da bist du endlich", meldete sich die schwache Mentalstimme des Schattens. „Dein Kommen wurde mir angekündigt. Du bist gerade noch zurechtgekommen. Nicht mehr lange, und ich ..."
Chthon verstummte.
„Hast du also deine Meinung geändert?" fragte Taurec nicht ohne Verbitterung; ihnen beiden wäre einiges erspart geblieben, und vielleicht hätte sich die Lage auf der Erde längst schon normalisiert, hätte sich Chthon nicht so eigensinnig gezeigt. „Wieso bist du auf einmal bereit, dich mit mir wieder zu vereinigen?"
„Es klingt wie eine Ironie des Schicksals", sagte Chthon. „Aber Grau Worttreu, mein Kerkermeister, hat mich von der Notwendigkeit der Verschmelzung mit dir überzeugt."
„Er ist auch mein Kerkermeister", sagte Taurec, aber Grau Worttreu stand nur als Synonym für Vishna. „Wir sind Leidensgenossen. Auch ich habe nicht die Kraft, ohne die Hilfe anderer von hier zu fliehen."
„Aber vielleicht gemeinsam, zusammen in einem
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