12 - Im Auge des Tigers
auf dem sich ein Guthaben von etwas über 500.000 Dollar befand.
Ausreichend für ihre Zwecke.
Pablo las den Namen: JOHN PETER SMITH. Gut – jedenfalls hatte der Verantwortliche den Fehler vermieden, einen Namen zu wählen, der nach Nahost klang. Solange die Karte nicht einem Polizisten in die Hände fiel, der sich da-für interessierte, woher genau Mr Smith kam… Hoffentlich hatte man die Araber über die amerikanische Polizei und ihre Eigenheiten informiert.
»Sonstige Papiere?«, fragte Pablo.
»Unsere Pässe stammen aus Qatar. Wir besitzen internationale Führerscheine. Wir alle sprechen passables Englisch und können Straßenkarten lesen. Wir kennen die amerikanischen Gesetze. Wir werden die Geschwindigkeitsbegren-zungen einhalten und vorsichtig fahren. – Der Nagel, der zu weit heraussteht, wird flachgeklopft. Wir werden nicht herausstehen.«
»Gut«, kommentierte Pablo. Man hatte die Leute also instruiert. Ein paar von ihnen würden sich die Anweisungen vielleicht sogar zu Herzen nehmen. »Denken Sie daran: Ein einziger Fehler kann all Ihre Pläne zunichte machen. Und Fehler passieren leicht. Amerika ist ein Land, in dem man ohne große Schwierigkeiten leben und reisen kann, aber die Polizei ist nicht zu unterschätzen. Solange Sie nicht auffallen, haben Sie nichts zu befürchten. Sie müssen also jegliches Aufsehen unter allen Umständen vermeiden. Wenn Ihnen das nicht gelingt, kann es das Scheitern für Sie alle bedeuten.«
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»Diego, wir werden nicht scheitern«, versicherte Mustafa.
Wobei eigentlich?, ging es Pablo durch den Kopf, aber er sprach die Frage nicht aus. Wie viele Frauen und Kinder wer-det ihr umbringen? Doch im Grunde war ihm das egal. Es war eine feige Art zu töten, aber in der Kultur seines
»Freundes« herrschten in puncto Ehre eben gänzlich andere Gesetze als in seiner eigenen. Hier ging es um Geschäftliches, mehr brauchte er nicht zu wissen.
Fünf-Kilometer-Lauf, Liegestütze und nach dem Kaffee ein Gläschen Hochprozentiges – so war das Leben im südlichen Virginia.
»Brian, sind Sie daran gewöhnt, eine Waffe zu tragen?«
»Klar, Pete, für gewöhnlich ein Ml6 und fünf oder sechs Magazine extra. Außerdem ein paar Splittergranaten – so was gehört zur Grundausstattung.« »Ich meinte eigentlich Handwaffen.«
»M9 Beretta, die bin ich gewohnt.«
»Sind Sie gut damit?«
»Gehört zu meinem Job, es zu sein, Pete. In Quantico hab ich als Scharfschütze abgeschnitten, aber das gilt für die meisten in meinem Jahrgang. Keine große Sache.«
»Sind Sie daran gewöhnt, die Waffe bei sich zu tragen?«
»Sie meinen, wenn ich in Zivil bin? Nein.«
»Dann gewöhnen Sie sich dran.«
»Ist das denn legal?«, fragte Brian.
»Virginia ist ein Staat der Soll-Bestimmungen. Wenn Sie nicht vorbestraft sind, bekommen Sie eine staatliche Genehmigung, eine Waffe auch verdeckt tragen zu dürfen.
Wie steht’s mit Ihnen, Dominic?«
»Ich bin immer noch ein FBI-Mann, Pete. Ich käme mir regelrecht nackt vor, so ganz ohne einen Freund auf die Straße zu gehen.«
»Was für eine Waffe tragen Sie?«
»Smith & Wesson Modell 1076. Eine Double-Action-Automatik. Zehn-Millimeter-Patronen. Beim Bureau wer-204
den neuerdings verstärkt Glocks ausgegeben, aber mir ge-fällt die Smith besser.« Und nein, ich habe keine Kerbe in den Griff geritzt, fügte er im Stillen hinzu. Allerdings hatte er sich mit dem Gedanken getragen.
»Okay, ich möchte, dass Sie beide ab sofort Ihre Waffen bei sich tragen, sobald Sie das Gelände hier verlassen – nur damit Sie sich an das Gefühl gewöhnen, Brian.«
Achselzucken. »Von mir aus.« In Wahrheit wäre für ihn ein 30-Kilo-Rucksack dagegen ein Kinderspiel gewesen.
Natürlich war bin Sali nicht Jacks einzige Aufgabe – insgesamt beschäftigte er sich mit elf verschiedenen Personen, alle bis auf einen aus Nahost, alle in der Finanzbranche tätig. Der Elfte war Europäer und lebte in Riad. Er stammte aus Deutschland, war jedoch zum Islam konvertiert. Diese Tatsache allein hatte jemand so außergewöhnlich gefunden, dass eine elektronische Überwachung veranlasst wurde.
Jack verfügte von der Uni her über genügend Deutschkenntnisse, um die E-Mails zu lesen, wobei jedoch nicht viel herauskam. Der Mann hatte sich in seinen Lebensgewohn-heiten offenbar seiner Umgebung angepasst – er trank nicht einmal Bier. Bei seinen saudischen Freunden war er offenkundig beliebt. Das war eine Besonderheit des Islam: Wenn man die Gesetze befolgte und sich an
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