1205 - Wer die Totenruhe stört
den Häuter so schnell nicht. Zu viel hatte ich durchmachen müssen, bis diese Person endlich in der Hölle schmorte. Dabei war er nicht mal ein Dämon gewesen, sondern ein normaler Mensch. Doch was hieß bei ihm schon normal? Schlimmer als er konnte auch kein Dämon sein.
Der Häuter hatte sich in die Wahnsinnsidee verrannt, noch grausamer und schlimmer zu sein als sein Filmidol Hannibal Lecter. Er hatte dabei zu einem irren Trick gegriffen und Menschen über Jahre hinweg täuschen können. Wer dachte, ihn sicher in der Psychiatrie zu wissen, hatte sich geirrt. Als der neue Film in die Kinos gekommen war, hatte er wieder zugeschlagen.
Er lebte nicht mehr. Eine Kreissäge hatte seiner Existenz ein Ende bereitet. Eigentlich war dieses grässliche Mordinstrument für mich vorgesehen gewesen, doch ich war im letzten Moment dem grausamen Schicksal entwischt.
Das alles hatte sich in der Nähe von Lauder abgespielt, dem Ort, auf dessen Friedhof auch das Grab meiner Eltern lag.
Natürlich hatte es für uns viel zu tun gegeben. Aussagen mussten hinterlassen werden. Es hatte auch einen Pressewirbel gegeben, doch dem war ich entwischt und hatte das meiste Suko überlassen.
Dafür war ich auf den Friedhof gegangen, hatte meinen toten Eltern einen Besuch abgestattet und wie erschlagen vor dem Doppelgrab der beiden gestanden.
Okay, ich war inzwischen über den Tod der beiden hinweg, doch auf dem Friedhof stehend, war alles wieder in mir hochgestiegen, und ich hatte mich verdammt mies gefühlt.
Ich war dann später auch zum Haus meiner Eltern gefahren.
Es verdiente den Namen nicht mehr. Es bestand nur noch aus verbrannten Ruinen und wirkte auf dem kleinen Hügel wie ein Mahnmal für die Nachwelt. Ich war mir nicht sicher, was mit dem Haus geschehen sollte. Abreißen oder neu aufbauen?
Ich hatte keine Ahnung. Außerdem kostete so etwas viel Geld, und das hatte ich nicht. Okay, mir gehörte als Erbe das Grundstück, aber Lauder ist nicht London. Die Preise bewegten sich in der unteren Hälfte des Durchschnitts. So war ich wieder mal zu dem Schluss gelangt, alles so zu lassen wie es war. Ich verschob die Entscheidung auf später, obwohl ich nicht der Typ dafür war.
Als die administrativen Dinge alle geregelt waren und ich auch noch mit verschiedenen Leuten gesprochen hatte, machten Suko und ich uns auf den Heimweg.
Wir hatten einmal in Lauder in einem kleinen Hotel übernachtet. Auch bei Scotland Yard wusste man Bescheid, was uns widerfahren war. Unser Chef, Sir James Powell, drängte zudem nicht auf eine schnelle Rückkehr. Er hatte Verständnis für meine Lage.
Wir waren in Glasgow gelandet und nicht in Edinburgh, obwohl es von dieser Stadt aus näher nach Lauder gewesen wäre. Allerdings hätten wir nicht so früh in London starten können. Außerdem wollte ich auf der längeren Fahrt zum Flughafen meinen Gedanken nachgehen. Gewisse Ruhepausen braucht der Mensch.
Wir waren recht früh am Morgen mit dem Vauxhall gestartet.
Den Wagen hatten wir uns am Flughafen geliehen. Auch wenn die Strecke weiter war, sie hatte einen Vorteil. Hier staute sich kein Verkehr, denn die Zeit der großen Touristenströme war noch nicht gekommen. Auf den Kuppen der Berge lag noch der Schnee, an manchen Nordhängen ebenfalls, und der Frühling hatte noch keine Vorboten geschickt.
Dieses Gebiet war mit Straßen nicht eben reich gesegnet. Wir mussten zusehen, so schnell wie möglich auf die A 72 zu gelangen. Über die und die A 70 erreichten wir dann kurz vor Glasgow die Autobahn.
Gegen Mittag machten wir Rast, tankten auch auf, und Suko, der mir in der Raststätte gegenübersaß, schaute mich leicht skeptisch an, als ich den Kaffee trank und dabei auf einem nicht besonders gut schmeckenden Sandwich kaute.
»Soll ich mal einfach behaupten, dass du nicht besonders in Form bist, John?«
Ich schluckte erst, bevor ich die Antwort gab. »Damit triffst du den Nagel genau auf den Kopf.«
»Kann ich dir helfen?«
»Nein.«
»Willst du nicht reden?«
Ich hob die Schultern. »Was soll das? Es sind immer wieder die Erinnerungen, die mich überfallen. Es passiert jedes Mal, wenn ich in Lauder bin. Nur war es in den letzten Tagen besonders schlimm. Die Sache mit dem Häuter ist mir verdammt an die Nieren gegangen. Schließlich ist man keine Maschine.«
»Kann ich dir nachfühlen.«
Ich räusperte mich. »Stell dir mal vor, der hätte so weitergemacht. Daran will ich gar nicht denken.«
»Es ist aus und vorbei, John. Endgültig.«
»Du hast
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