123 - Der Tempel im Dschungel
schaute auf Reena, die schöne Inderin, eine Padma-Anhängerin, die seit Manjushris grausigem Tod seine Führerin war. Er hätte sie gern etwas gefragt, aber sie war in Meditation versunken. Plötzlich schrie der tanzende Sannyasin auf. Aus den Schnitten in seiner Brust quoll Blut. Auch andere Padmas brüllten. Ein paar von den Männern mit den Dolchen und Schwertern im Körper stürzten schreiend nieder. Zwei, drei der in der Luft schwebenden Padma-Sadhu stürzten zu Boden. Einer regte sich nicht mehr; er war aus zehn Metern Höhe heruntergefallen.
Unga sprang auf. Die Padmas erwachten aus ihrer Trance, und im nächsten Augenblick war der Höhlentempel ein Tollhaus. Das elektrische Licht flackerte.
Unga umspannte seinen Kommandostab, aber da waren keine körperlichen Feinde, gegen die er kämpfen konnte. Er spürte den Einfluß von etwas Fremdem, Unmenschlichem und Bösem. Die Chakras und der Chakravartin setzten ihre Parakräfte gegen die der Padmas ein.
Die Oberen der Padma-Sekte, die Gurus und Yogins, blieben als einzige ruhig. Sie konnte wirklich nichts aus dem inneren Gleichgewicht bringen. Die Männer mit den hellgelben Gewändern traten zwischen die aufgelösten Padma-Anhänger, beruhigten sie und sprachen ihnen Mut zu. Den Toten war nicht mehr zu helfen, Die Verwundeten und Schwerverletzten wurden versorgt, ihre Schmerzen gelindert, so gut es ging. Leider besaßen die Padmas kaum Medikamente und auch nur wenig Verbandszeug, denn sie verließen sich ganz auf ihre geistigen Kräfte. Endlich wurde es wieder ruhiger in der Tempelhöhle.
Unga trat auf Reena zu, die wie die anderen ein Gewand in dunklem Gelb trug. Sie hatte die Haare nicht abrasiert wie die übrigen Padma-Sadhu. Der zwei Meter große Cro Magnon überragte die exotische Schönheit Reena um einen ganzen Kopf.
„Was wird nun?" fragte er ungeduldig. „Es ist wieder nicht gelungen, uns zum großen Padma zu versetzen. Wenn wir noch lange hier herumsitzen, werden die Chakras immer wieder unsere Bemühungen vereiteln."
„Ich habe das nicht zu entscheiden. Die Oberen müssen sprechen."
„Dann sollen sie es bald tun und sich etwas Vernünftiges einfallen lassen. Sonst gehe ich nämlich auf eigene Faust vor."
„Du kennst den Aufenthaltsort des Lotosgeborenen nicht."
Unga brummte etwas Unverständliches. Er trat zu einem alten Padma, der sich den Bauch aufgeschlitzt hatte und furchtbare Schmerzen litt. Der Cro Magnon hypnotisierte den Mann mit dem Kommandostab, um ihm das Sterben zu erleichtern.
Als der Alte mit dem runzeligen Gesicht endlich sein Leben aushauchte, waren die Gurus und Yogins mit ihrer Beratung fertig. Ihr Sprecher, ein hochgewachsener Inder mit durchgeistigtem Gesicht, wandte sich der Menge zu und breitete die Arme aus. Es wurde ruhig in dem Höhlentempel, der von den anderen Kulthöhlen abgetrennt war.
„Es ist uns nicht möglich, auf geistigem Wege zum aus dem Lotos Geborenen Bodhisattwa zu kommen, Brüder und Schwestern", rief der Guru. „Unser Versammlungsort hier ist unseren Feinden bekannt. Sie wirken auf uns ein und haben die transzendentalen Verbindungslinien zum großen Padma zerstört. Wir können nicht an den Ort kommen, an dem er sich befindet. Aber es gibt noch andere Punkte als diesen hier, die über Verbindungslinien verfügen, die den Chakras nicht bekannt sind, und wo wir bessere Aussichten haben werden. Wir müssen versuchen, einen solchen Punkt zu erreichen, einzeln und in kleinen Gruppen. Dazu ist es nötig, daß wir uns zersplittern, denn die Chakras werden Jagd auf uns machen. Aber es gibt keine andere Möglichkeit."
„Was ist mit unseren Brüdern und Schwestern, die von anderen Versammlungsorten zum großen Padma zu kommen versuchen?" fragte Reena.
„Wir wissen es nicht", sagte der Guru. „Wir können keine Verbindung mehr zu ihnen bekommen. Ich nehme an, bei den anderen Hauptversammlungsorten ist es so wie hier."
„Dann wollen wir gehen", sagte Unga, dem das tagelange Herumsitzen in der Höhle nicht behagte. „Je eher, desto besser."
„Wir werden jedem ein Ziel zuteilen", sagte der Guru.„Versucht, es so schnell wie möglich zu erreichen! Begebt euch zum aus dem Lotos Geborenen, der von seinen Feinden umzingelt und in großer Gefahr ist."
An den beiden Tagen zuvor hatte es auch schon Zwischenfälle gegeben. Unga war heilfroh, daß er endlich aus der Höhle herauskommen würde. Er wußte aber auch, daß es draußen nicht einfach war, denn die Chakras gewannen mehr und mehr die Oberhand.
Weitere Kostenlose Bücher