1242 - Geheimbund Omega
Schritttempo.
Natürlich war die Stadt geschmückt worden. Christmas grüßte an jeder Ecke und von jedem Schaufenster aus. Alles lief wieder seinen normalen Gang, als hätte es den Schock der Terroranschläge nie gegeben. Aber das Leben musste weiterlaufen, man wollte die Käufer locken, doch ob das Geld tatsächlich so locker saß, war fraglich. Im Unterbewusstsein der Menschen wirkten die Ereignisse schon noch nach.
»Was kann sie herausgefunden haben, Suko? Was hat sie wieder ausgegraben?«
»Ich kann es dir nicht sagen. Es ist jedenfalls etwas gewesen, auf das wir nicht gekommen sind. Sie muss einige Schritte weitergekommen sein. Omega muss für sie kein so großes Rätsel sein wie für uns. Mehr kann ich dir auch nicht sagen.«
»Ja«, erwiderte ich stöhnend. »Genau das ist das Problem. Wir haben unsere tolle Technik angewendet und nichts herausbekommen. Aber Sarah hat die Spur gefunden.«
»Noch ist nichts sicher, John.«
»Ich gehe einfach davon aus.«
»Wir werden es herausfinden.« Da wir mal wieder feststeckten, griff ich erneut zum Handy und rief Sarah an. Ich hätte es mir sparen können, eine Verbindung bekam ich nicht. Mit einem Fluch auf den Lippen steckte ich den Apparat wieder weg und ich merkte, dass mir dieser Zorn die Röte ins Gesicht trieb. Ja, ich hatte Angst um die Horror-Oma. Ich bangte um ihr Leben.
Ich wollte nicht, dass sie starb, aber ich wusste zugleich, dass dies nicht in meiner Hand lag. Es war mir auch nicht gelungen, den Tod des Abbé Bloch zu verhindern.
Ich will nicht behaupten, dass dieses Ereignis einen seelischen Bruch bei mir hinterlassen hatte, aber es war ihm schon gelungen, einiges zu relativieren. Ich sah mich plötzlich nicht mehr als der große Held, was ich sowieso nie gewesen war, aber es war Suko und mir oft genug gelungen, in allerletzter Sekunde einzugreifen, um den Tod eines Menschen zu verhindern.
Das war beim Anführer der Templer leider nicht der Fall gewesen. Jetzt befürchtete ich, dass es sich bei Lady Sarah wiederholen würde. Ausgerechnet bei ihr. Bei einer Frau, die für mich mütterliche Gefühle hegte. Sie hatten sich nach dem Tod meiner Eltern noch verstärkt. Für Sarah war ich so etwas wie ein Sohn. Nicht grundlos nannte sie mich oft »mein Junge«.
Ich hatte sie gewarnt. Wir hatten ihr eingeschärft, ihre Nase nicht immer in die gefährlichsten Dinge zu stecken. Sarah hatte sich auch zurückgehalten, doch ganz aufgegeben, wie es uns am liebsten gewesen wäre, hatte sie nie.
Das würden wir bei ihr auch nie erreichen können. Dazu wusste sie einfach zuviel. Sie war zudem an unserer Arbeit interessiert und ging mit hellwachen Augen durch das Leben, beobachtet von Jane Collins, die bei ihr wohnte.
Aber die Detektivin war unterwegs. Sie ging ihrem Job nach und lebte nicht nur in den Tag hinein.
Was war tatsächlich geschehen?
Objektiv betrachtet konnten wir uns keine Vorwürfe machen.
Wir hatten Sarah gebeten, nachzuschauen, ob sie etwas über eine bestimmte Organisation herausfand. Geheimbund Omega, eine Sterbehilfe. Nun, es gab ihn, er war ordentlich registriert, dieser Verein und ich erkannte auch die lauteren Absichten an, aber die Organisation, die wir meinten, musste schon etwas Besonderes sein und somit aus dem Rahmen fallen. Allerdings sehr negativ.
Eine Organisation, die sich im Geheimen gebildet hatte. Die mordete und ihre Taten wie Selbstmord aussehen ließ.
Warum? Welchen Grund hatte sie? Was steckte wirklich dahinter? Ich konnte mir vorstellen, dass es auch ums Geld ging. Dass Menschen, denen auf eine bestimmte Art und Weise »geholfen« wurde, ihr Vermögen der Organisation überschrieben.
Es wäre nicht das erste Mal gewesen. Und es war auch siche rlich nicht das letzte Mal. Solange es Menschen und eine Gesellschaft gibt, versuchen bestimmte Kräfte immer wieder, ihre eigene Suppe zu kochen, auch wenn sie mit den Gewürzen des Todes angereichert wurde.
Suko sah mir an, wie es mir ging. Er versuchte, mich zu trösten oder zu beruhigen. »John, was soll denn geschehen sein, verdammt? Nichts ist passiert…«
»Sie hat sich nicht gemeldet.«
»Ja, ich weiß. Aber das ist kein Grund für uns, die Flinte ins Korn zu werfen.«
»Daran hatte ich auch nicht gedacht.«
»Dann ist es ja gut.«
»Aber ich kann auch nicht neben dir sitzen und locker sein. Das musst du einsehen.«
»Keine Frage.«
Bis Mayfair war es eigentlich nicht weit vom Yard Building aus, aber unsere Probleme blieben. Je länger es dauerte, desto
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