1244 - Die Besucher
zu starken Irritationen geführt hätte. Aus diesem Grunde würde sie sich im Haus verstecken.
Am Telefon hatte ich herausgehört, dass nicht Maxine selbst in Schwierigkeiten steckte, sondern eine alte Freundin von ihr, mit der sie schon gemeinsam zur Schule gegangen war. Die Frau hieß Germaine Duc und lebte jetzt in einem kleinen Kaff in Irland, südwestlich von Dublin. Wir würden mit einem Leihwagen dorthin fahren. Das hatte Maxine bereits alles organisiert.
Da die Maschine noch nicht gelandet war, vertrieb ich mir die Zeit in einem kleinen, aber überheizten Bistro und trank das Mineralwasser in kleinen Schlucken.
Um mich herum standen oder saßen fröhliche und manchmal aufgekratzt wirkende Menschen, die schon in vorweihnachtlicher Stimmung waren, die sich bei mir allerdings nicht eingestellt hatte - obwohl auch im Bistro der weihnachtliche Schmuck auffiel und auch in der Flughalle die Spuren nicht zu übersehen gewesen waren.
Ich wusste nicht, um was es genau ging. Maxine hatte sich nicht darüber ausgelassen. Ich würde es schon früh genug erfahren, aber sie hatte mir fest versichert, dass ich keiner Luftblase hinterherlaufen würde.
Auf Nachfragen hin hatte sie mir dann von rätselhaften Erlebnissen berichtet, mit denen ihre Freundin konfrontiert worden war, und sie hatte auch deren eigenes Schicksal nicht unerwähnt gelassen, ohne jedoch auf Einzelheiten einzugehen.
Hätte mich eine andere Person angerufen und nicht Maxine Wells, wäre ich gar nicht erst abgeflogen. Doch ihr musste ich einfach trauen und vertrauen, denn sie war alles andere als eine Spinnerin, sondern eine Frau, die in ihrem Beruf als Tierärztin mit beiden Beinen fest im Leben stand.
Die Anzeigetafel gab es nicht nur in der Halle, sondern auch hier im Bistro. Allerdings verkleinert auf die Größe eines Fernsehbildschirms. Ich stand nahe genug, um die Tabelle im Auge zu behalten.
Nur Wasser, das war auch nichts. So bestellte ich mir noch einen Espresso, den mir die Bedienung, eine Bilderbuch-Irin mit roten Haaren, lächelnd brachte.
Lächelnd schaute ich auch auf ihr wohlgerundetes Hinterteil, das in einer strammsitzenden Hose steckte. Mein zweiter Blick galt der Anzeigetafel, und jetzt sah ich, dass die Maschine aus Schottland gelandet war. Dann würde Maxine bald hier erscheinen.
Dann tauchte sie auch auf. Ich sah sie, als sie sich durch die Eingangstür schob. Sie trug einen braunen Wollmantel, der offen stand. Darunter einen erbsengrünen Rollkragenpullover und dazu eine schwarze Hose, die unten an den Beinen leicht ausgestellt war. In Höhe der Taschen blinkten Metallknöpfe, so dass mich diese Hose mehr an die Beinkleider der Zimmerleute erinnerte, die diese auf Wanderschaft trugen.
Wie immer zeigte ihr Gesicht eine frische Farbe. Das lag einfach in der Natur der Sache. Ich hatte Maxine nie grau und müde erlebt. Sie wirkte immer so, als wäre sie gerade von draußen gekommen, nach einem langen Spaziergang, den sie nur zum Aufwärmen benutzt hatte, um anschließend richtig loszulegen.
Das blonde Haar benötigte keine Färbung. Das hatte ihr die Natur mitgegeben. Helle, graublaue Augen musterten die Welt mit kritischen, aber auch freundlichen Blicken, und die Kurzhaar-Frisur stand ihr noch immer gut, auch wenn sie jetzt aussah wie von einem Windstoß zerzaust.
Sie sah mich, winkte und suchte den kürzesten Weg zu mir.
Ich breitete schon meine Arme aus, in die Maxine hineinflog.
Zuvor hatte sie die Reisetasche fallen gelassen, und dann drehten wir uns auf der Stelle, wobei ich Maxine etwas vom Boden abhob.
»Du hast es geschafft, John.«
»Warum nicht?«
»Weil ich Verspätung hatte.«
»Sie hielt sich in Grenzen.«
»Puh.« Sie lächelte mich an und auch in ihren Augen sah ich das Lächeln. »Das hat gut getan.«
»Was?«
»Sich mal bewegen zu können.«
Ich gab mich enttäuscht. »Schade, und ich habe schon gedacht, du hättest meine Begrüßung gemeint.«
»Die natürlich auch. Es ist super, dass wir uns mal wiedersehen. Und ich freue mich, dass bei dir alles okay ist.«
»Bei dir auch?«
»Klar doch.«
»Und was ist mit Carlotta?«
Sie schluckte. Ihr Gesicht verdüsterte sich. »Ja, sie ist okay, aber ich habe sie allein zurücklassen müssen. Sie hat mir auch versprochen, dass sie sich an die Regeln hält und ihre Identität nicht preisgibt. Mal schauen, wie sich das alles regelt.«
»Du solltest ihr vertrauen. Das Vogelmädchen ist verdammt intelligent und weiß genau, worauf es ankommt.«
»Das
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