1254 - Welt ohne Hoffnung
auch Reginald Bull nicht - auch wenn man sich üblicherweise an ihn wandte, wenn Rat in schwierigen Situationen einzuholen war. Menschen mit mehr als zweitausend Jahren Lebenserfahrung gab's eben nur selten.
In diesem Fall ging es nur um dreißig von den insgesamt 1300 Segmenten. Die restlichen 1270 befanden sich nach wie vor im Orbit über Eremit. Und als Reginald Bull seine Ideen publik machte, da bekam er zu seiner großen Bestürzung von mehr Stellen, als er erwartet hatte, zu hören: „Neuer Standort? Zu kompliziert. Zu gefährlich. Warum bleiben wir nicht einfach hier und warten, bis die Cloreonen sich melden?"
Bull hatte früher gegen die Disziplinlosigkeit an Bord der EXPLORER nichts einzuwenden gehabt, also hätte es sich merkwürdig angehört, wenn er ausgerechnet jetzt auf Ordnung und Loyalität gepocht hätte. Er war von Roi Danton und Ronald Tekener gewarnt worden. Als die LOVELY BOSCYK und die LA-SHAT sich kurz vor dem Einflug in die Mächtigkeitsballung ESTARTU von der EXPLORER trennten, hatten der Freifahrer und der Smiler Reginald Bull darauf aufmerksam gemacht, daß er Gefahren, wie sie ihm in Erendyra entgegentreten mochte, mit einer total disziplinlosen Mannschaft nicht werde bannen können. Er hatte sich damals über die Bedenken der Freunde lustig gemacht. Jetzt war er dabei, sich eines Besseren zu besinnen. Aber die Gelegenheit, so schien ihm, war längst vertan. Er konnte keine Befehle geben, keine Aufträge erteilen. Er mußte sich mit dem begnügen, was ihm freiwillig geboten wurde. Schließlich war er froh, daß sich sechs der insgesamt dreißig Segmente bereit erklärten, mit ihm nach Norden zu fliegen.
Sein Plan war nicht ganz klar. Er unterlag selbst ein wenig der Disziplinlosigkeit, die er von Seiten der Mannschaft gewissermaßen an sich hatte heraufkriechen lassen. Er wollte Verbindung mit dem Bewußtsein aufnehmen. Er wollte die Anlage finden, die den planetenweiten Schutzschirm erzeugte.
Genaueres wußte er nicht. Des öfteren ging ihm der Gedanke durch den Kopf: Wenn Perry mich jetzt sähe, wüchsen ihm ein paar graue Haare.
Schließlich brach die kleine Streitmacht auf. Die übrigen 23 Segmente blieben vorerst am ursprünglichen Landeplatz zurück - in unmittelbarer Nähe eines Ruinenfelds, das eine längst verlassene cloreonische Stadt hinterlassen hatte.
Für Reginald Bull begann damit eine Zeit, die er noch viel später zu den aufregendsten seines Lebens rechnete. Er bekam es nicht nur mit einem verständnislosen, in die Worte und Bilder seiner Überlieferung verbohrten Gegner zu tun, sondern auch mit der hartnäckigen Psyche des eigenwilligen terranischen Individualisten. Welcher von beiden ihm die größeren Schwierigkeiten bereitete, darüber ist er sich heute noch nicht im klaren.
Das Unternehmen stand von allem Anfang an unter einem üblen Stern. Reginald Bull hatte die sieben Segmente weit über das Gebiet des Polarmassivs verteilt. Jedes der Virenschiffe war in der Nähe eines der zahlreichen unterirdischen Hohlräume gelandet, die die Hyperecholote ohne Schwierigkeit nachwiesen. Reginald Bull hatte den Besatzungen höchste Wachsamkeit empfohlen. Es war denkbar, daß die Cloreonen nervös reagieren würden, wenn man ihnen so dicht auf die Haut rückte. Wie ernst man seine Warnungen indes nahm, dessen war er sich nicht sicher. Die Stimmung an Bord der Virenschiffe war mürrisch und gedrückt. Das Gespenst der Aufsässigkeit ging um.
Die EXPLORER war auf einer mit schütterem Buschwald bedeckten Hochebene gelandet. Irgendwo unter ihr befand sich ein mächtiger Honlraum./aus dem verworrene energetische Signale empfangen wurden. Reginald Bull nahm an, daß er eine cloreonische Stadt unter sich habe. Er trommelte eine Gruppe von rund sechzig mehr oder weniger Freiwilligen zusammen und brach mit ihr auf, um nach einem Eingang in die unterirdische Anlage zu suchen.
Sie brachen zu Fuß auf, wie man hätte sagen mögen. Als Transportmittel dienten ihnen die SERUNS, deren Gravo-Paks unter den vorherrschenden Bedingungen Geschwindigkeiten bis zu einhundert Kilometern pro Stunde erlaubten.
*
Bull ließ die Vironauten ausschwärmen. Er riet ihnen, Kontakt untereinander zu halten und so vorzugehen, daß jeder zumindest einen seiner Nebenmänner ständig im Blickfeld hatte. Stronker Keen war diesmal an Bord der EXPLORER zurückgeblieben. Dafür hatten Mirandola Cainz.und Colophon Bytargeau sich nicht abhalten lassen, an der Expedition teilzunehmen. Reginald Bull
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