1254 - Welt ohne Hoffnung
ersonnen und installiert hat, damit die Cloreonen sich nicht aus lauter Angst vor der Letzten Schlacht heimlich aus dem Staub machen. Einfach, summarisch und wirksam. Auf diese Weise erspart er sich die Mühe, den Planeten fünftausend Jahre lang überwachen zu lassen."
„Der Schirm existiert schon so lange, und die Cloreonen haben keine Möglichkeit gefunden, ihn zu neutralisieren?" erkundigte sich Bull ungläubig. „Das mag verwundern", sagte die EXPLORER. „Aber man muß bedenken, daß die cloreonische Technik etwa das Niveau der terranischen im Jahr zwoviernullnull alter Zeitrechnung besitzt. Dabei ist von Gentechnik nicht die Rede; die ist wesentlich weiter entwickelt. Vor sechzehnhundert Jahren hätten die Terraner den Schirm auch nicht beseitigen können."
„Aber jetzt können sie es", knurrte Reginald Bull. „Wir haben somit zwei Ziele vor uns. Erstens muß die Anlage gefunden werden, die den Feldschirm produziert. Ich nehme an, daß sie sich irgendwo auf diesem Planeten befindet. Sie muß desaktiviert werden. Zweitens müssen wir Kontakt mit der Institution aufnehmen, die sich das Bewußtsein nennt. Ich möchte die Cloreonen darüber aufklären, daß sie sich mit ihrem Glauben an den Krieger und die Letzte Schlacht in einen gefährlichen, selbstzerstörerischen Wahn hineingesteigert haben."
„Und wenn es nun kein Wahn ist?" fragte das Schiff. „Wenn der Krieger morgen über Eremit erscheint?"
„Unsinn", sagte Bull. „Laß dir von An Perdar sagen, ob er etwas über die Installation weiß, die das Schirmfeld erzeugt, und dann..."
„Verzeih, daß ich dich unterbreche", sagte das Schiff. „Dein Vorschlag läßt sich nicht verwirklichen. Wir haben An Perdar nicht mehr."
„Was? Ist er durchgebrannt?" rief Reginald Bull voller Überraschung. „Nein. Er lebt nicht mehr. Er hat sich beim Sturz innere Verletzungen zugezogen. Außerdem wirkte der Schock auf ihn ein. Wir kennen die Biologie der Cloreonen noch nicht in ausreichendem Maß. Wir konnten ihm nicht helfen. Er starb uns unter den Händen."
Ein paar Sekunden lang saß Bull reglos. „Verdammt", sagte er schließlich. „Das wollte ich nicht."
*
Allmählich rundete sich der Umfang des Wissens, den die EXPLORER aus den abgehörten cloreonischen Nachrichtensendungen bezog. Es bedurfte eine Menge kombinatorischer Kleinstarbeit, um Zehntausende von Informationsbruchstücken zu einem einigermaßen überschaubaren und plausiblen Bild zusammenzusetzen.
Aber schließlich stand fest, daß das Zentrum cloreonischer Macht unter den Bergen des Nordpolmassivs lag, dem man den Namen die Krone gegeben hatte und das ironischerweise auch von den Cloreonen so genannt wurde. Unter den Felsgraten lagen unterirdische Städte und Fertigungsanlagen. Die Klonfabrik MUTTER befand sich dort; wahrscheinlich waren auch jene Anlagen dort zu suchen, aus denen die Antikörper 'hervorgingen. Der Rest des großen Nordkontinents war unterirdisch ebenfalls mit Städten durchsetzt, aber die Besiedlungsdichte war dort nicht annähernd so groß wie unter den Bergen der Krone.
Es stand so gut wie fest, daß auch die Trinität des Bewußtseins ihren Sitz irgendwo im Innern des Polargebirges hatte.
Reginald Bull hielt es für nützlich, den aus dreißig Segmenten bestehenden Virenschiffverbund, als dessen Kontrollsegment die EXPLORER füngierte - die Original-EX-PLORER also, die er und seine Mannschaft aus der Substanz einer Virenwolke nach eigenen Vorstellungen geformt hatten -, an einen Standort in der Nordpolarregion zu verlegen. Als er seine Idee jedoch laut werden ließ, erlebte er eine Überraschung.
Die Vironauten, die an Bord der insgesamt 1300 Segmente des Virenschiff-Konglomerats hausten und reisten, das sich nach seinem Flaggschiff ebenfalls EXPLORER, nannten, waren auf dem Grund ihrer Seele Abenteurer, die sich Bull angeschlossen hatten, weil er versprach, sie zu interessanten Zielen zu führen. Zuerst hatte er es auf die Mächtigkeitsballung ESTARTU abgesehen, und dort insbesondere auf die Galaxis Erendyra, in der nach Stalkers überschwenglicher Schilderung das Phänomen der Elysischen Ringe besonders deutlich ausgeprägt war. Das ließen die Vironauten sich gerne gefallen. Sie wollten die Wunder des Universums sehen.
Nichts anderes war ihr Motiv.
Sie gebärdeten sich ihrer Motivation entsprechend. Von Ordnung und Disziplin, von Befehlen und Gehorchen wollten sie nichts wissen. Sie waren Individualisten, Unabhängige. Niemand hatte ihnen etwas zu sagen,
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