126 - Der Vampir vom roten Mond
stockhäßlichen Gesicht mit verzerrtem, schiefem Maul, einer unförmigen Nase und nur einem Auge auf der Stirn. Damit blinzelte er ständig. Und er zeigte grinsend schwarze Hauer von Zähnen, die unregelmäßig nach allen Seiten auseinanderstanden. Der Dämon trug nur einen Dhoti, einen Lendenschurz, der so schwarz war wie sein ganzer Körper. Er stank nach ekligen Ausdünstungen, die Unga nicht näher definieren konnte. In den beiden Händen, an deren Fingern lange Krallen wuchsen, hatte er eine Schale. Grinsend präsentierte er sie dem Cro Magnon.
Unga schnupperte an dem trüben Inhalt, in dem unappetitliche Brocken schwammen.
„Pfui, das stinkt! Soll ich das etwa austrinken?"
„Ein Schluck genügt", sagte Rana höhnisch. „Aber den wirst du trinken, oder wir trichtern ihn dir ein."
Unga nahm den dunklen Metallbecher und trank mit Todesverachtung einen Schluck. Das Zeug brannte wie Feuer in der Kehle. Die Brocken kratzten im Hals, und Unga war es, als bewegten sich ein paar davon. Er bekämpfte seinen Brechreiz.
Der stinkende Dämon präsentierte nun Don Chapman die Schale, der nach dem Beispiel seines großen Freundes daran nippte.
Sofort fühlten Unga und Don sich leicht und so aufgekratzt, als hätten sie ein Aufputschmittel eingenommen. Sie nahmen alles viel intensiver wahr, die Gerüche und Geräusche, das dämonische Flüstern und Geraune. In dem Trank war etwas, das die Sinne schärfte und auch die Gefühle verstärkte. So empfanden Unga und Don Chapman auch die Angst, die Spannung, die Sorge und die Abneigung viel intensiver.
„So", sagte Rana, die Schlangendämonin. „Jetzt können wir gehen."
Der Dämon mit der Schale trat zur Seite. Krachend flogen die Flügel des einem Schlangenmaul nachstilisierten Tores auf.
Unga und Don Chapman traten vor Rana in den Hauptraum des Tempels. Er war nicht allzu groß, düster und wie der Vorraum von Fackeln erhellt. Es stank nach wilden Tieren und Blut, ein Geruch, den Unga kannte. Es war die Ausdünstung, die Luguri meistens hinterließ.
Die Augen des Cro Magnon weiteten sich vor Schreck, als er sah, was sich im Hintergrund des Hauptraums befand. Stufen führten zu einer breiten Plattform hoch. Auf dieser Plattform aber stand eine große Orgel, mit dämonischen Figuren der indischen Mythologie geschmückt oder vielmehr verunziert. Die Tastatur war blutrot und schwarz, die Pedale sahen aus wie Schlangenköpfe. Die Orgelpfeifen waren gewunden, so daß manche Korkenziehern ähnelten.
Schon der Anblick dieses Instruments erregte Übelkeit bei Unga und Don Chapman. In die Orgel waren sechs Padmas mit kahlgeschorenen Schädeln und Kutten in verschiedenen Gelbtönen eingespannt. Sie hingen an und zwischen den Orgelpfeifen und daneben am Orgelgestühl. Ihre Gesichter waren vor Schreck und Qual verzerrt, und sie stöhnten und wimmerten leise. Im Mittelpunkt der Orgelpfeifen aber befand sich Reena, exotisch schön, mit langem, schwarzem Haar und dunklen Mandelaugen, in denen jetzt Todesangst stand. Reena war nackt, ihre Glieder durch die Fesselung verdreht. Sie mußte große Schmerzen haben.
Es war für ihn wie ein Dolchstoß ins Herz, als Unga Reena, seine Geliebte, so sah. Er war mit dem Zweck der Orgel vertraut. Es handelte sich um eine Blutorgel, die Luguri zu seiner Erbauung zu spielen pflegte.
Ungas Gefühle wurden durch den Zaubertrank noch verstärkt.
„Reena!" brüllte der Cro Magnon und stürzte vorwärts.
Aber klebrige Netzfäden stoppten ihn. Sie waren elastisch und hart. Er konnte sie nicht zerreißen. Sie hielten den Cro Magnon fest. Er zappelte wütend, konnte sich aber nicht befreien. Jetzt wußte er auch, womit die Padmas an die Blutorgel gefesselt waren.
Rana lachte höhnisch und triumphierend. Sie zeigte sich wieder in ihrer wahren Gestalt - als Schlangenweib. Ranas Haut wurde schuppig. Eine gespaltene Zunge zuckte aus ihrem Mund, den sie aufriß und dabei zwei lange Giftzähne entblößte.
Krachend schlug das Tor hinter ihr zu und sperrte den Irrwisch und den einäugigen Dämonen aus. Don Chapman blieb stehen; er wartete erst einmal ab. Unga schlug wild um sich, aber mehr als seine Arme und allenfalls einmal ein Bein konnte er von den unsichtbaren Fäden nicht lösen.
„Luguri!' schrie Unga, daß es im Tempel widerhallte. „Was soll das? Gib Reena heraus, sonst hast du von mir nichts zu erwarten!"
Dem schlauen Cro Magnon war klar, daß Luguri etwas von ihm wollte; sonst hätte er sich nämlich nicht all die Mühe gemacht und ihn
Weitere Kostenlose Bücher