Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
126 - Hinter der Grenze

126 - Hinter der Grenze

Titel: 126 - Hinter der Grenze Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephanie Seidel
Vom Netzwerk:
zu steuern. Es tat gut, wieder als Pilot tätig zu sein.
    »Ich bin froh, dass das Verfahren vorbei ist«, widersprach Corporal Simon Lansdale, der an der Waffenstation saß. »Egal aus welchem Grund.«
    »Weshalb waren Sie angeklagt?«, fragte Matt. Unter ihm strich der Schatten des EWATs über die schwarz verkohlten Ruinen einer kleinen Ansiedlung. Ein paar Kamauler, die auf den Wiesen grasten, hoben neugierig den Kopf. Menschen waren nicht zu sehen, »Feigheit vor dem Feind.« Lieutenant Cummings hob trotzig den Kopf. Sie hatte ein hübsches, leicht pummeliges Gesicht. »Mein Ex-Freund hat mir die Anklage eingebrockt. Ich habe den Rückzug erst angeordnet, als der Kampf offensichtlich nicht mehr zu gewinnen war. Das war vernünftig, nicht feige.«
    »Sie haben Recht«, sagte Jed Stuart von einem der Passagiersitze an der Rückwand des Cockpits. »Der Kampf war verloren.«
    »Sie müssen es ja wissen.«
    Matt sah Cummings an. Die Schärfe ihrer Bemerkung war ihm nicht entgangen. »Von welchem Kampf reden Sie?«
    »Natürlich von dem, als die Barbaren uns den EWAT abgenommen haben.«
    Das war die entscheidende Niederlage im Konflikt zwischen Arfaar und Salisbury gewesen. Matt drehte sich zu dem Mann an der Waffenkonsole um. »Waren Sie auch dabei, Corporal?«
    Lansdale schüttelte den Kopf. Er hatte kurze rote Haare und ein langes knochiges Gesicht. »Nein, Sir, ich wurde angeklagt, weil ich auf den Feind geschossen habe, bevor er offiziell der Feind wurde.«
    Jed schien etwas sagen zu wollen, blickte dann jedoch schweigend aus der Glaskuppel. Durch die geöffnete Tür sah Matt zu Aruula, die im hinteren Segment Tee kochte. Sie hatte sich bereits kurz nach dem Start dorthin zurückgezogen, hatte die angespannte Stimmung im EWAT wohl wesentlich früher als er selbst bemerkt.
    Die Wunden sind noch frisch, dachte er. Wir müssen vorsichtig sein, sonst brechen sie wieder auf.
    »Nun«, sagt er mit dem aufgesetztem Enthusiasmus eines Nachrichtensprechers, der zum Sportteil überleitet, »die Vergangenheit liegt hinter uns, die Mission vor uns. In Schottland dürften uns einige Überraschungen erwarten, nicht wahr, Jed?«
    Die Antwort kam leise und sarkastisch. »Bestimmt. Vielleicht finden wir sogar ein paar Eingeborene, die sich aus dem EWAT abknallen lassen.«
    Aus den Augenwinkeln bemerkte Matt, wie Cummings Lansdale warnend ansah. Der presste die Lippen aufeinander.
    Stille senkte sich über das Cockpit. Matt gab die Gesprächsansätze auf und konzentrierte sich wieder auf den Flug. Die Landschaft wurde hügeliger und karger. An geschützten Stellen unter Bäumen und auf Felsen war Schnee zu sehen. Die Außentemperatur lag bei null Grad.
    Er suchte nach Rauchsäulen oder anderen Hinweisen auf menschliche Besiedlung, fand jedoch nichts. Ab und zu schimmerte der Asphalt einer Landstraße, die seit fünfhundert Jahren niemand mehr befahren hatte, durch das dünne Gras.
    »Sehen Sie den Grenzstein da unten, Sir?«, fragte Cummings und zeigte nach rechts. Matt folgte der Richtung mit dem Blick und sah einen senkrecht stehenden Felsen auf einer Hügelkuppe. Auf der ihm zugewandten Seite stand nur ein Wort in großen, kaum verwitterten Buchstaben: SCOTLAND. Langsam lenkte er den EWAT daran vorbei.
    »Damit sind wir offiziell in Schottland«, sagte er.
    Ein Teil von ihm rechnete mit einer plötzlichen Katastrophe, einem Ausfall des EWATs, einem Angriff aus dem Nichts oder irgendwelchen Halluzinationen, doch sie glitten weiter ruhig über das Hügelland.
    »Die Menschen aus dem Norden nennen diese Gegend, das – hm – Verbotene Land«, sagte Jed. Er war aufgestanden und betrachtete die Gegend unter ihnen.
    »Sieht eher aus wie das langweilige Land«, entgegnete Lansdale. »Hier gibt's doch nichts.«
    Aruula betrat das Cockpit. Sie hatte die Hände um eine Tasse Tee gelegt, als wolle sie sich wärmen. »Die Gefahr, die man nicht sieht, ist die tödlichste«, sagte sie. »Wir sollten besonders vorsichtig sein.«
    Matt hätte beinahe gelächelt. Niemand mahnte häufiger zur Vorsicht als Aruula. Auf Expeditionen wie dieser schienen ihre Gedanken ständig um die Frage zu kreisen, wer oder was auf welche Weise versuchen könnte, sie umzubringen.
    Wenn sie nur nicht so oft Recht damit hätte.
    Fiona Cummings beugte sich vor. »Sir«, sagte sie. »Sehen Sie das?«
    Matt folgte ihrem ausgestreckten Arm mit dem Blick. Er fand kahle Hügel, Sträucher und einige Rauchsäulen, die senkrecht in den wolkenverhangenen Himmel stiegen. Ohne

Weitere Kostenlose Bücher