1263 - Die Freibeuter von Erendyra
Sie saß in einem bequemen Sessel.
Neben ihr auf der Lehne hockte das sechzehnjährige Anti-Mädchen Pathythia Baal.
Jennifer hatte einen Arm um ihren schlanken Körper gelegt.
Die drei anderen Vironauten in der Zentrale der LASHAT taten so, als ob sie das Herumtoben des Smilers nicht bemerken würden, aber das war nur ein Ausdruck ihrer eigenen Unzufriedenheit.
Es fehlte einfach das erwartete Erfolgserlebnis. Sie waren aus der Milchstraße aufgebrochen, um die Wunder zu erleben, die Stalker angepriesen hatte. Es mußte sich nach dem Geschmack der meisten Begleiter Tekeners nicht unbedingt um die Wunder von ESTARTU handeln, die das Ziel der meisten Galaktiker waren, die das Fernweh ergriffen hatte. Sie wären zufriedener gewesen, wenn sie einen Hinweis auf den verschollenen TSUNAMI-113 bekommen hätten. Das Schicksal dieser Frauen und Männer beschäftigte die Gemüter an Bord der LASHAT nicht weniger als der unbändige Drang in die Weiten des Universums.
„Stalker hat gelogen", tobte der Smiler weiter. „Den Beweis haben wir, aber er nützt uns wenig. Hier ist nämlich nichts."
„Wo nichts ist", meinte das Anti-Mädchen, das auch Path genannt wurde, „kann einmal etwas gewesen sein. Vielleicht ist der TSUNAMI nur verschwunden."
„Nur verschwunden!" Tekener drückte das verächtlich aus, und Path zuckte zusammen, als hätte sie etwas Dummes gesagt.
„Du bist ungerecht, Tek", ergriff Jennifer das Wort. „Was unsere Pflegetochter sagt, ist gar nicht so unklug. Der TSUNAMI könnte durch einen technischen Trick unsichtbar sein, so unsichtbar, daß ihn auch die Ortung nicht erfaßt. Oder seine Trümmer wurden abtransportiert. Oder jemand hat den TSUNAMI, intakt oder nicht, in der Zwischenzeit an einen anderen Ort geschleppt. Du darfst nicht vergessen, daß einige Monate vergangen sind, seit Stalker TSUNAMI - 114 hier verödet vorfand und ihn ausforschte."
„Du redest Unsinn." Ronald Tekener war ungewöhnlich schroff. „Es gibt da ein Sprichwort, das du wohl vergessen hast. ,Ein TSUNAMI kommt selten allein!’ Und außerdem hat 113 kein ATG. Er muß irgendwo im Normalraum sein. Er kann sich nicht verstecken."
„Mir ist es egal, was du meinst", ließ auch Jennifer ihrem Ärger freien Lauf. „Ich finde es jedenfalls eine Frechheit, wie du Path behandelst. Sie wollte dir nur einen freundlichen Hinweis geben."
„Entschuldigung!" Der Smiler lenkte ein und warf Path einen Blick des Bedauerns zu.
„Ich bin einfach verärgert, weil wir auf der Stelle treten."
Die Gesichtszüge des Anti-Mädchens glätteten sich. Sie winkte ab.
„Das sind wir alle, Tek", meinte sie. „Aber wir kommen doch nicht weiter, wenn wir uns deswegen gegenseitig Vorwürfe machen."
Die Sechzehnjährige stammte vom Anti-Planeten Trakarat des Aptut-Systems. Mit Pholo und Myrtaks Baal, ihren Eltern, und ihrem zwei Jahre älteren Bruder Bonemes war sie unter wenig glücklichen Verhältnissen aufgewachsen. Die innere Bindung in dieser vierköpfigen Familie hatte gefehlt, und diese Gefühlsarmut hatte bei Path zu einer seltsamen Entwicklung geführt.
Die Diagnose, die ein terranischer Psychologe gestellt hatte, als Perry Rhodan Path zur Erde gebracht hatte, hatte dies deutlich gemacht. Jennifer Thyron, selbst Fremdrassen-Psychologin, konnte diese Aussagen nach den Erfahrungen, die sie in den letzten Wochen mit Path gemacht hatte, nur bestätigen.
In der Familie Baal gab es vier Einzelwesen und nur äußerliche Bindungen zwischen diesen. Pholo Baal hatte sich schon früh aus dem Berufsleben zurückgezogen. Er frönte seiner einzigen Neigung, und die bestand darin, von früh bis spät vor den Bildern seines 3-D-Kubus zu hocken und den Sendungen der verschiedenen Kanäle zu folgen. Sein ganz besonderes Interesse galt dabei den Nachrichtensendungen. Für seine Frau oder die beiden Kinder hatte er kaum einmal ein freundliches Wort parat.
Mutter Baal hatte sich diesem Gebaren ihres Mannes ziemlich kommentarlos untergeordnet und ihr Heil in der Küche gesucht. Sie ging damit Streitigkeiten mit Pholo zwar aus dem Weg, aber das hatte auch dazu geführt, daß die beiden heranwachsenden Kinder sich immer mehr isoliert gefühlt hatten.
Zwischen Path und Bonemes gab es noch eine teilweise Übereinstimmung, aber diese war eigentlich auch nur äußerlich und ohne jede wirkliche Zuneigung. Die Abneigung des Mädchens gegen die „Glotzerei" ihres Vaters war so stark geworden, daß sie zu einer psychischen Störung geführt hatte. Da sie zudem die
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