1263 - Die Freibeuter von Erendyra
ein unregelmäßiger Vielflächner mit Auswüchsen, Beulen, Löchern und Türmchen. Es besaß einen größten Durchmesser von gut zehn Metern und enthielt die Zentrale mit dem Kommandostand, eine Wohnkabine und ein paar Zusatzaggregate, wie zwei nicht miteinander kompatible Positroniken, ein Klimasystem, Longascs Werkstatt und anderes mehr.
Das Heck der „Licht und Stern von Erendyra" war identisch mit dem Antriebsblock, der aus einem altersschwachen Enerpsitriebwerk bestand. Dieser Teil des Raumschiffs war der einzige, der noch eine erkennbar regelmäßige Form aufwies, die eines Rotationstrapezoids von zehn Metern Länge und Breite.
Zwischen diesen beiden „Enden" der CANTLERY erstreckte sich der merkwürdigste Teil: eine einhundert Meter lange, offene und unregelmäßige Metallkonstruktion. Teilweise war das Gestänge gitterförmig wie das eines riesigen Auslegers eines Baukrans, teilweise aber auch in bizarren Formen halb verschlossen. In diesem Stahlgeflecht hingen an allen Ecken und Enden Wrackteile, Metalltrümmer und sonstiger Schrott.
Bei genauerem Hinsehen entpuppte sich auch das Hauptteil mit dem Kommandostand als ein Flickwerk aus allen möglichen Wrackteilen, die mit viel Liebe und Hingabe, aber ohne jeden Sinn für Ästhetik zusammengeschweißt worden waren.
Longasc schüttelte die strubbeligen, grün schillernden Haare, die seinen eiförmigen Kopf zierten. Was er auf dem Bildschirm sah, waren einwandfrei Ortungsechos. Und zwar in großer Zahl.
„Bei den Elysischen Ringen!" staunte er. „Die alte Kiste funktioniert sogar."
„Schrottkiste", gluckste der Distelfrosch. „Schrottkiste von Erendyra."
„Halt's Maul!" fuhr der Raumfledderer seinen kleinen Gefährten wild an.
„Halt's Maul!" quakte Plump.
Es gelang Longasc, die Entfernung zu den georteten Objekten einwandfrei festzustellen.
Mit Hilfe einer Positronik verglich er die Daten mit früheren Aufzeichnungen. Hier war bei seinem letzten Flug nichts, aber auch absolut nichts gewesen. Sein Herz jubelte, denn ein ganz bestimmter Verdacht keimte in ihm auf.
„Krächz", sagte die Positronik, die schon ein paar Jahrhunderte auf dem Buckel hatte und Sothalk, das Kriegeridiom, das Longasc ihr beizubringen versucht hatte, noch immer nicht richtig beherrschte. „Bilddaten sind parallel zum zweiten Monolog."
„Häh?" schrillte der Raumnomade. „Was soll das bedeuten?"
„Bedeutend sind nur die aus dem Troß des Kriegers Kalmer", tönte der Distelfrosch unaufgefordert dazwischen.
Der Shabare versuchte, dem Tier einen Fußtritt zu versetzen, aber Plump wich blitzschnell aus. Er mußte über feine Sinnesorgane verfügen, die aber an seinem stacheligen Kugelkörper nicht zu erkennen waren.
„Ich gehöre zum Troß des Kriegers", kreischte Longasc. „Du nicht! Eines Tages landest du in der Robotküche!"
„Wer's glaubt, wird selig." Manchmal erwischte der Distelfrosch durch Zufall eine sehr vernünftige Antwort. Longasc kümmerte sich nicht mehr um sein geistloses Geplapper. Er versuchte wieder, aus der Positronik mehr herauszulocken. Aber das gelang nicht. Die blieb bei ihrer stereotypen Aussage: „Krächz, Bilddaten sind parallel zum zweiten Monolog."
Der Shabare wußte sich aber auch hier zu helfen. Er kannte seine beiden Positroniken, ihre Stärken und Schwächen und ihre Unverträglichkeit untereinander. Krächz - der richtige Name war längst in Vergessenheit geraten - war die technisch bessere Maschine, aber im Ausdruck verdammt schwach. Sie mußte früher einmal einer ganz andersartigen Intelligenz gehört haben. Kokon - so nannte er das andere Rechnersystem wegen seines Aussehens, das an ein fast mannsgroßes Gespinst erinnerte und sogar Longascs 1,60 Meter Körpergröße noch übertraf - war technisch unfähig, aber als Translator sehr gut zu gebrauchen.
Er ließ auf akustischem Weg die Aussage Krächz' überspielen. (Eine direkte Schaltung zwischen den beiden Positroniken hätte mit Sicherheit zu einer Katastrophe geführt, denn in Krächz tobten ungebundene Positronen, während Kokon mit fixierten Polsterbanken nach dem Vorbild der früheren Elektronenrechner arbeitete. Das war auch die logische Erklärung für seine geringe Kapazität.) Die Deutung ließ nicht lange auf sich warten. Kokon drückte sich sehr klar, aber auch blumig aus.
„Jede Positronik ruht einmal in ihrem Leben auf dem sanften Kissen des Wartens und Sehnens. Das ist die Phase, die mit der Aktivierung beginnt und mit dem ersten Einsatz im wohligen Rahmen
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