1268 - Shao, der Zombie und wir
gegen eine Kiste. Nichts passierte. Das Ding ließ sich nicht bewegen.
Es blieb dort stehen, wo es auch gestanden hatte.
»Voll, Li, die Dinger sind voll.«
»Und was bedeutet das?«
Shao musste lachen. »Dass hier etwas transportiert worden ist. Und jetzt hat man es hier eingestellt, um es zu lagern. Mich würde verdammt interessieren, was sich darin befindet.«
Sie fasste eine der Kisten mit beiden Händen an den Enden an und rüttelte sie hin und her. Das klappte so gut wie nicht, denn das schwere Ding ließ sich kaum bewegen.
»Voll, Li, die Kiste ist bis zum Rand hin voll.«
Shao nahm die Schere, ging in die Hocke und suchte nach einer Stelle zwischen Deckel und Unterteil, an der sie ansetzen konnte. Der Deckel war auf das untere Teil genagelt worden, und sie hoffte, dass es nicht zu lange Stifte waren, denn dann wäre sie nicht ohne Spezialwerkzeug ausgekommen.
Sie suchte die Lücke und fand sie auch. Sie war sogar groß genug, dass fast beide Seiten der Scheren hineinpassten. Nachdem sie etwas gedreht und gehebelt hatte, fand auch die andere Seite Platz.
Shao schob die Hälften bis zu ihren Enden in den Spalt hinein und verließ sich dann auf die Hebelwirkung.
Sie hob die Schere an, drückte sie wieder nach unten, führte diese Prozedur einige Mal durch und lauschte dabei den knirschenden und knackenden Geräuschen nach, die entstanden, als das Holz allmählich aufbrach. Sie merkte die Spannung, sie sah, dass sich einige Nägel lösten, setzte noch mal nach und hatte den Deckel offen.
Es war geschafft!
Scharf stieß sie die Luft aus, trat zurück und wischte Schweiß von ihrem Gesicht.
Sie hatte noch keinen Blick in die Kiste hineingeworfen. Das übernahm Li, die langsam näher trat, genau hinschaute, hoch blickte und den Kopf schüttelte.
»Weißt du, was das ist, Shao?«
»Nein.«
»Das ist Lehm, nur verdammter Lehm…«
***
Shao hatte alles verstanden, allein, ihr fehlte der Glaube, und deshalb trat sie näher an die Kiste heran, um sich von der Richtigkeit der Aussage zu überzeugen.
Li hatte sich nicht geirrt. Die Kiste war tatsächlich bis zum Rand mit Lehm oder Erde gefüllt. Es war ein braunes, nicht allzu trockenes Zeug, fest in diesen Behälter hineingepresst.
Warum Lehm?
Shao wusste die Antwort nicht. Sie wollte auf Nummer sicher gehen und drückte beide Hände gegen die Oberfläche des Lehms. Er war hart und trotzdem irgendwie weich und zudem leicht feucht, als hätte man den Boden zuvor mit Wasser angereichert.
Shao putzte ihre Hände am Holz ab. Alles bekam sie nicht weg, aber die Haut war einigermaßen sauber.
»Ich habe keine Antwort, Shao.«
»Das glaube ich dir gern«, erwiderte sie nachdenklich. »Auch für mich ist es ein Rätsel.« Sie räusperte sich und drehte sich dabei. Mit einer lässigen Handbewegung wies sie auf die übrigen Kisten und meinte: »Ich denke schon, dass überall das Gleiche drin ist. Da brauchen wir uns nicht die Mühe zu machen, sie erst zu öffnen.« Shao ließ sich auf eine noch intakte Kiste fallen.
»Lehm«, sprach sie vor sich hin. »Warum stehen die mit Lehm gefüllten Kisten hier?«
Li zuckte nur die Achseln.
Shao ließ trotzdem nicht locker. »Wenn wir davon ausgehen, dass sich über uns dieses Dreifache Paradies befindet, in dem du ja gearbeitet hast, dann möchte ich dich fragen, ob dir jemals aufgefallen ist, dass jemand über diese Kisten gesprochen hat.«
»Nein, nie. Daran würde ich mich erinnern. Wer kümmert sich schon um Kisten mit Lehm?«
»Das stimmt im Prinzip. Und trotzdem scheinen sie sehr wichtig zu sein.«
»Ich kann dir nicht helfen, Shao.«
»Das weiß ich, aber ich will es wissen, denn ich habe einfach das Gefühl, dass wir hier vor einer Lösung stehen und nur noch zuzugreifen brauchen.« Shao überlegte weiter und fragte mit halblauter Stimme: »Es gab tote Frauen, und jetzt frage ich mich, was diese Morde hier mit Lehm zu tun haben?«
»Das weiß ich nicht, Shao.«
»Ich leider auch nicht.« Sie dachte angestrengt nach, kam jedoch zu keinem Ergebnis.
»Meinst du nicht, dass wir diesen Keller hier verlassen sollten, Shao?«
»Klar, das werden wir.« Shao erhob sich mit einer etwas steif wirkenden Bewegung. In ihre ansonsten glatte Stirn hatte sich eine Falte eingegraben. Es war ein Zeichen dafür, dass sie stark nachdachte. Sie ging mit langsamen Schritten hin und her, aber sie schüttelte dabei auch den Kopf. Sie kam zu keiner Lösung. Dabei spürte sie, dass es eigentlich recht einfach war, da fehlte
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