1270 - Belials Liebling
schrak zusammen, als er das Geräusch hörte, das sich noch in einer relativen Ferne befand und mit einem wütenden Brummen oder Stöhnen zu vergleichen war. Es schwebte über dem Asphalt. Es befand sich noch auf der Autobahn, und Tino drehte den Kopf nach rechts.
Dort befand sich die Tankstelle. Sie war erleuchtet, und aus der Ferne näherten sich zwei große Augen, die über der Autobahn schwebten wie Geisterlichter, die vorangetrieben wurden. Es waren nicht allein die hellen Augen. Er sah auch die Beleuchtung über ihnen, die die Umrisse des großen Trucks wie einen Kranz nachzeichneten.
Da fuhr ein Monster auf vier Räder herbei. Ein gewaltiges Fahrzeug, das freie Bahn brauchte und deshalb gern in der Nacht fuhr. Er kannte diese Wagen und brauchte sich darum nicht weiter zu kümmern. So drehte er den Kopf wieder in die alte Richtung, um Julie etwas zu sagen.
Sie war nicht mehr da!
Zuerst wollte Tino es selbst nicht glauben. Leider stimmte es. Die Stelle, an der sie soeben noch gestanden hatte, war leer. Nichts gab es von ihr zu sehen.
»Das kann doch nicht wahr sein«, flüsterte er. »Das gibt es nicht!« Tino drehte sich schnell auf der Stelle, doch auch jetzt war nichts zu sehen. Julie war verschwunden.
Er ging einige Schritte zur Seite und merkte, dass er weiche Knie bekommen hatte. Ich hätte es sehen müssen!, dachte er. Verdammt, ich habe nur kurz den Kopf zur Seite gedreht, das ist alles gewesen. Da hätte mir die Bewegung auffallen müssen, aber das ist nicht passiert.
»Julie…«
Nein, er bekam keine Antwort. Nichts, kein Flüstern, kein Lachen, kein Abschiedsgruß.
Trotzdem hatte sich etwas verändert. Als er nach vorn schaute und direkt in die Dunkelheit hinein, da sah er die Bewegung. Es war nicht Julie. Es war jemand anderer, aber kein Mensch, sondern ein Schatten in der Dunkelheit. So zumindest sah er das.
»Julie!«
Er schrie den Namen, aber er bekam keine Antwort. Vielleicht hatte sie seinen Schrei auch nicht gehört, weil ein anderes Geräusch viel lauter geworden war.
Der Truck kam.
Und er nahm die Aufmerksamkeit des Mannes voll und ganz in Anspruch. Den richtigen Grund dafür konnte Tino selbst nicht sagen. Er kannte diese Herren der Autobahn und hatte sie oft genug fahren gesehen.
Bei diesem war das anders.
Er glaubte daran, dass das schwere Geräusch des Motors schon tiefer klang als normal. Auch lauter und aggressiver.
Er traute seinen Ohren nicht. Es konnte Einbildung sein, aber wenn er an das Mädchen und seine Warnungen dachte, dann brachte er dieses verdammte Geräusch in einen direkten Zusammenhang, obwohl das völlig unlogisch war.
Nicht für ihn.
Er wehrte sich auch nicht dagegen. Er nahm es hin, und sein Blickwinkel verengte sich. Plötzlich schienen von verschiedenen Seiten die Wände eines Tunnels näher zu rücken, und so wurde das Feld genau eingeengt.
Da war der Truck!
Beleuchtet. Ein fahrendes Monster auf vier mächtigen Rädern, das die Autobahn verlassen hatte und nun in die breite Zufahrt der Tankstelle einrollte.
Auch das war normal. Abgesehen von einer Kleinigkeit, die Tino allerdings als entscheidend einstufte.
Der Fahrer hätte seinen schweren Wagen abbremsen müssen. Genau das tat er nicht. So rollte er mit der gleichen Geschwindigkeit wie bisher auf die Tankstelle zu.
Plötzlich dröhnte eine Sirene. Es war eine Hupe. Sie besaß nur den schrecklichen Klang..
Dieses Geräusch sorgte für einen Schock bei Tino. Er konnte es nicht fassen, seine Augen weiteten sich. Auf sein Gesicht stahl sich ein Ausdruck des Entsetzens. Wenn dieser Riesentruck seinen Kurs beibehielt, dann würde er genau in die Tankstelle hineinrasen und die Zapfsäulen umreißen!
Was dann passierte, verdiente den Namen Katastrophe. Dann war alles aus. Dann gab es hier ein Feuer, das sich nicht nur auf die Tankstelle beschränken, sondern sich ausweiten würde.
Er war nicht der Einzige, der den Truck gesehen und gehört hatte. Auch die Fahrer in den Lastwagen waren aus dem Schlaf gerissen worden. Desgleichen die beiden Männer in der Tankstelle. Nur begingen sie den Fehler und liefen nach draußen.
Sie waren die Ersten, die das mächtige Monstrum aus der Nähe sahen und die eigene Hilflosigkeit spürten.
Tino Caresi drehte sich um. Er rannte. Er rannte einfach drauflos. Er schrie und wusste nicht mal, ob ihn jemand hörte. Wahrscheinlich nicht. Sein Sinnen und Trachten zielte darauf ab, der mörderischen Feuerwalze zu entgehen, die sich unweigerlich über den Platz wälzen
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