1270 - Belials Liebling
Meinung nach nicht besonders stabil war. Er fühlte sich nicht krank, aber er war seiner Umgebung gegenüber doch recht sensibel geworden, und besonders dann, wenn er an das Mädchen dachte.
Zu den Parkplätzen musste er nicht weit laufen. Zwei Grünstreifen konnte er überqueren. Er ging vorbei an den wenigen Laternen, die noch nahe des Rasthauses standen. Weiter hinten, wo die Umrisse der Lastwagen zu sehen waren, ballte sich die Dunkelheit zusammen. Jenseits des Rastplatzes lag ein kleiner Wald, der als grüne Lunge dafür sorgen sollte, dass die Abgase zum Teil neutralisiert wurden.
Caresi hatte sich vorgenommen, einen Rundgang zu machen. Er wollte zwischen den Lastwagen einhergehen und versuchen, hier und da einen Blick in die Fahrerhäuser zu werfen. Es konnte durchaus sein, dass Julie von einem der Fahrer mitgenommen worden war. Was da alles passieren konnte, daran wollte er nicht denken. Man las leider immer wieder zu viel davon in den Zeitungen.
Die Sohlen seiner Turnschuhe sorgten dafür, dass seine Schritte so gut wie nicht zu hören waren.
Etwas abseits der größeren Fahrzeuge parkten die normalen Pkws. Es waren nur wenige. In keinem Auto brannte Licht.
Julie war verschwunden, und genau das ärgerte Caresi. Es machte ihn zugleich unsicher. Nach jedem Schritt verstärkten sich seine Bedenken, aber auch die Unruhe nahm bei ihm zu. Er dachte an die Warnung und überlegte, ob irgendetwas Schlimmes passieren könnte.
Nichts wies darauf hin…
Wo war sie? In der Tankstelle? Ja, auch dort wollte er nachfragen. Er verspürte den Drang, das Schicksal aufzuklären. Er und seine Frau hatten keine Kinder, dafür drei Neffen und vier Nichten, unter anderem auch in Julies Alter. Die Vorstellung, dass ihnen etwas passieren könnte und er sie so sehen musste wie Julie, ließ sein Herz schneller schlagen.
Plötzlich blieb er stehen. Es geschah ruckartig, als wäre er gegen eine Wand gelaufen.
Er sah Julie!
Wieder so plötzlich, dass er sich wunderte. Genau dort, wo sie stand, hatte er schon zuvor hingeschaut, jedoch nichts entdeckt und nun stand sie dort wie vorhin im Gang. Die Puppe hielt sie noch immer unter den linken Arm geklemmt.
»Da bist du ja, Julie.«
»Ja, aber nicht für dich. Du musst aufpassen. Der Tod kann oft sehr schnell sein…«
Tino Caresi verzog das Gesicht. Er merkte, dass ihm zugleich ein Schauer über den Rücken rann.
Sätze wie die letzten hatte noch nie jemand zu ihm gesagt. Dazu stammten sie noch von einem Kind. Das war einfach nicht zu fassen.
Er brauchte eine Weile, um sich zu fangen. »Bitte, Julie, wie kannst du so etwas sagen?«
»Ich muss es tun.«
»Aber du bist ein Kind.«
»Na und?«
Tino war durcheinander. Er wusste nicht, was er sagen sollte. Das Mädchen, der Tod, die Warnung, das passte nicht alles in die Wirklichkeit hinein. Da lief etwas falsch, das war zumindest seine Meinung. Aber er spürte auch, dass Julie keinen Spaß gemacht hatte. Sie meinte alles so, wie sie es gesagt hatte. Er wollte sich von dem Gedanken lösen. Es war nicht zu schaffen. Immer wieder musste er sich damit abfinden, dass sie ihm etwas Derartiges gesagt hatte.
»Bitte, Julie, komm zu mir. Du kannst doch nicht alleine hier auf dem Rastplatz herumlaufen. Ich werde dich mit zu meiner Frau nehmen, wenn ich Feierabend habe. Dann sehen wir weiter, was mit, dir noch alles passiert. Bist du einverstanden?«
»Nein.«
Ruhig! Du musst ganz ruhig bleiben!, schärfte sich Tino ein. »Aber du kannst nicht allein hier auf dem Parkplatz herumlaufen. Das geht nicht. Das ist nicht möglich.« Er deutete in die Runde. »Was glaubst du, was in der Dunkelheit alles passieren kann? Darüber will ich lieber nicht nachdenken, aber es ist schon viel mit Kindern passiert. Das musst du mir glauben, Julie.«
»Ich bin nicht allein.«
Die Antwort überraschte Caresi, weil sie wie eine Feststellung geklungen hatte. »Was sagst du? Nicht allein? Du bist nicht allein? Tut mir Leid, aber ich habe Augen im Kopf und kann niemanden sehen. Ich bin dein einziger Helfer.«
»Nein.«
»Wer ist denn noch da?«
»Er ist immer bei mir.«
Caresi schüttelte den Kopf. Er fragte sich, was die Kleine sich einbildete. Dem Klang der Stimme nach zu urteilen, glaubte sie fest daran, dass es so war, und genau das begriff Tino Caresi nicht.
Mit der freien Hand winkte ihm Julie zu. »Du solltest Acht geben. Der Tod ist unterwegs.«
»Nein, das ist…«
»Doch! Hör zu!«
Julie hatte schnell und zischend gesprochen. Caresi
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