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1272 - Der Geist des Zauberers

1272 - Der Geist des Zauberers

Titel: 1272 - Der Geist des Zauberers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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Schultern, die ihn wieder zurückdrückten, und noch im gleichen Augenblick huschte das Geistgebilde in seinen Körper hinein…
    ***
    Es war nicht mal ein schreckliches Bild!
    Naomi hatte sich vorgestellt, dass der Körper geschüttelt, von innen gepeitscht und dann zerrissen wurde, aber das trat nicht ein. Adam lag auf dem Boden, er trat nur mit den Füßen um sich. Er zog die Beine an, er streckte sie wieder aus, dann rollte er sich um die eigene Achse und blieb auf dem Bauch liegen.
    Niemand tat etwas!
    Naomi holte tief Luft. Dabei hatte sie das Gefühl, als Einzige in diesem Kreis zu atmen. Sie war wie vor den Kopf geschlagen. Durch ihren Kopf zuckten Schmerzen. Sie wünschte sich weit weg und hoffte, dass alles nur ein schlimmer Albtraum war. Aber sie musste leider der Wahrheit ins Auge sehen, und die Wahrheit hieß auch Adam.
    Er lag noch immer auf dem Bauch. Die Arme waren leicht nach vorn gestreckt, aber auch zur Seite gedreht, sodass seine Haltung unnatürlich wirkte.
    War er tot?
    Naomi, die sich wieder halbwegs gefangen hatte, wollte die Frage an ihren Nebenmann stellen, als sie sah, dass es sich erübrigt hatte, denn Adam bewegte sich.
    Er drückte seinen Körper hoch, wobei er den Kopf aber nach unten gesenkt ließ. Dann zuckte der Leib, und aus dem Mund drangen schlimme und würgende Läute.
    Das Licht war nicht besonders hell, und trotzdem sah Naomi, was sich in Höhe des Kopfes oder des Gesichtes tat, denn dort breitete sich auf dem Boden etwas Dunkles und Zähes aus, das den Körper des großen Mannes verlassen hatte.
    Es war sein Blut!
    Naomi schloss die Augen. Sie konnte und wollte nicht mehr hinschauen. Es war zu grauenhaft, und sie wollte auch nicht über den Fluch nachdenken, den der verdammte Orru auf den Weg gebracht hatte. Für sie waren diese Szenen einfach grauenhaft.
    Sie wusste nicht, wie lange sie auf der Stelle gestanden und dem gelauscht hatte, was in ihrem Kopf vorging, aber es kam der Zeitpunkt, an dem sie die Augen einfach öffnen musste.
    Jetzt schaute sie wieder hin!
    Adam war tot. Das sah sie aus dieser Entfernung und auch bei dem recht schlechten Licht. Die dunkle Lache um seinen Kopf herum hatte sich noch weiter ausgebreitet und war schon zu einem kleinen Teich geworden. Orru hatte seine Rache bekommen, doch sie ahnte, dass es nur der erste Teil gewesen war, denn es gab noch eine Person, die ein Hindernis auf seinem Weg zur endgültigen Rache war.
    Ich bin es!, schoss es durch ihren Kopf. Es gibt keine andere Person. Das bin ich allein…!
    Mehr konnte sie nicht denken. Sie fand auch keinen Weg, um aus dieser Lage herauszukommen. An Flucht war nicht zu denken, und so musste sie bleiben.
    Orru war wieder da!
    Er hatte sich aus dem Körper des Toten herausgequält und sah jetzt aus wie immer. Er war kein Mensch, denn seinen Körper gab es längst nicht mehr. Doch als Geist hatte er ein menschliches Aussehen angenommen, damit seine Verbündeten wussten, mit wem sie es zu tun hatten, und er hatte sich wieder in drei fratzenhafte feinstoffliche Gestalten aufgeteilt, die allesamt ihren Weg zum neuen Opfer suchten.
    Naomi erwartete ihn, und sie erwartete zugleich das Ende ihres Daseins. Welchen Grund hätte er haben sollen, sie zu schonen? Keinen, nein, überhaupt keinen. Ihr stand das gleiche Schicksal bevor wie Adam.
    Ob es wehtat, wenn er in ihr steckte? Ob sie vor Schmerzen halb irre wurde, wenn sie ihr Blut verlor? Oder ob alles ganz leicht war und die Schatten des Todes sie schnell in ihr Reich zogen?
    Fragen, auf die sie keine Antworten fand.
    Trotzdem wollte sie es wissen! Ja, sie brauchte die Antwort. Sie sah für sich keinen Grund zu sterben, und Naomi wusste selbst nicht, woher sie den Mut nahm, um sich aufzurichten und den heranwehenden Geist direkt anzuschauen.
    Die drei Gebilde verschwammen vor ihren Augen und drückten sich manchmal zu einer einzigen Fratze zusammen, die sich allerdings schnell wieder teilte.
    Es brach aus ihr hervor, ohne dass sie es gelenkt hatte. »Warum?!« keuchte Naomi. »Warum soll ich sterben? Ich habe dir nichts getan. Ich habe dich nicht mal gekannt!«
    Die Antwort gab Orru.
    Wieder schien seine Stimme tief aus der Erde zu kommen. Naomi nahm jedes Wort als Donnergrollen wahr, und sie hörte ihn sagen: »Es war dein Vater. Er steht in meiner Schuld, die er nicht begleichen wollte, obwohl ich sein Leben führte und ihm auch Zeit genug gegeben hatte.«
    »Ich will die Schuld wissen!«
    Eine kurze Pause, die sich für Naomi aber lange hinzog.

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