129 - Der Vampir von Budapest
ihr Halstuch, und er hatte Mühe, sich sein Entsetzen nicht anmerken zu lassen, als er die beiden kleinen runden Schwellungen sah.
Bißwunden!
Jetzt wußte Bela Kornö Bescheid. Die Welt stürzte für ihn mit lautem Krachen zusammen. Das nackte Grauen packte ihn. Er begriff, daß er drauf und dran war, seine geliebte Frau zu verlieren.
***
Es ist wie eine Sucht. Wenn man einmal von einem Vampir gebissen wurde, kann man kaum erwarten, bis er es wieder tut. Eine grausame Zärtlichkeit lag in Graf Lazars Bissen.
Als der Tag zur Neige ging, wurde Natalja Kornö sehr unruhig. Sie zählte die Minuten, die nicht vergehen wollten. Endlich dämmerte es, und Natalja zog sich früher als sonst in ihr Schlafzimmer zurück.
»Möchtest du nichts essen?« fragte Bela besorgt.
»Ich habe keinen Hunger.«
»Mein Gulasch hat dir bisher immer sehr gut geschmeckt. Ich habe es ziemlich scharf gemacht.« Gulasch kochte immer Bela. Niemand konnte es in ganz Ungarn besser zubereiten als er - behauptete jedenfalls Bela Kornö.
»Je öfter man es auf wärmt, desto besser wird ein Gulasch, das ist eine alte Weisheit«, sagte Natalja. »Ich werde es morgen essen.«
»Bleib doch noch…«
»Ich bin müde.«
»Ich möchte mit dir reden«, sagte Bela.
»Morgen.«
Er sah, wie schwer es ihr fiel, ruhig zu bleiben. Sie fieberte der Nacht entgegen. Belas Herz krampfte sich schmerzhaft zusammen. Hatte er Natalja bereits verloren?
Er preßte trotzig die Kiefern zusammen. Es kam für ihn nicht in Frage, sich geschlagen zu geben. Er war entschlossen, um seine geliebte Frau zu kämpfen.
Sogar mit einem Vampir!
Sie zog sich auf ihr Zimmer zurück und legte sich aufs Bett. Ihr Blick war erwartungsvoll auf das Fenster gerichtet. Das Bleigrau des Himmels ging allmählich in Schwärze über, und ein versonnenes Lächeln erschien auf Nataljas schönem Gesicht.
Sie dehnte die Glieder, räkelte sich, während die Sucht nach dem Biß des Vampirs immer größer wurde. Sie atmete schneller, und ein dünner Schweißfilm glänzte auf ihrer Stirn.
Sie nahm das Halstuch ab, bereitete sich auf den Besuch des Blutsaugers vor, und es dauerte auch nicht mehr lange, bis er kam.
Da war ein leises, kaum wahrnehmbares Flattern, draußen. Das mußte Istvan Graf Lazar sein. Nataljas Müdigkeit verflog. Sie stand auf und öffnete das Fenster.
Die Vorhänge bauschten sich, als die kühle Abendluft hereinwehte. Natalja beugte sich aus dem Fenster. Sie sah niemanden. Dennoch war sie davon überzeugt, daß der Blutgraf eingetroffen war.
Sie kehrte zum Bett zurück, und als sie sich darauf niederließ, stand Graf Lazar zwischen den wehenden Gardinen. Verlangend und sehnsuchtsvoll streckte sie ihm die Arme entgegen.
»Komm!« flüsterte sie. »Komm zu mir!«
Der Vampir näherte sich kalt lächelnd dem Bett, Er hatte sich mit dieser jungen Frau viel Zeit gelassen. In dieser Nacht sollte sie sterben und als Blutsauger weiterleben.
Langsam beugte er sich über Natalja. Sie wußte, daß Lazar ihr den Tod brachte, und schloß verzückt die Augen…
***
Bela Kornö hatte Himmel und Hölle in Bewegung gesetzt, um seine Frau zu retten, Vampire? Für die meisten Menschen gibt es sie nicht. Sie denken, es wären Fabelwesen oder Geschöpfe, die irgend jemand einmal erfunden hat.
Doch es gibt auch Menschen, die an die Existenz von Vampiren glauben, und an einen solchen geriet Bela Kornö nach vielen Irrwegen endlich.
Es handelte sich um einen alten Priester, der in Dorog, nahe der tschechischen Grenze, lebte. Dieser Mann hatte sogar schon einmal mit einem Blutsauger zu tun gehabt.
Das war vor mehr als dreißig Jahren gewesen, und es war dem Priester damals gelungen, das Schattenwesen zu vernichten.
»Ich hatte sein Versteck ausfindig gemacht«, berichtete der alte Priester. »Und ich machte es unbrauchbar für ihn, indem ich in seinen Sarg ein Kruzifix legte und die Wände mit Weihwasser benetzte. Dann legte ich mich auf die Lauer, und als er kam - er war schon sehr in Eile, weil die Sonne kurz davor war, aufzugehen -, schlug ich ihn mit einem Spaten nieder und fesselte ihn. Da lag er nun auf dem Friedhof von Dorog und flehte, heulte und wimmerte um sein erbärmliches Leben, doch ich hatte kein Mitleid mit dieser Höllenkreatur. Und die Sonne auch nicht. Nie werde ich vergessen, was geschah, als die ersten Sonnenstrahlen ihn trafen. Es war grauenvoll.«
Von diesem alten Priester erfuhr Bela Kornö, welche Möglichkeiten es gab, einen Vampir zu vernichten, und der
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