1291 - Die Verblendeten
gepackt - und ich bekam den anderen Unterschied im Vergleich zu Domo zu spüren. Aus Domos Griff hätte ich mich mit voller Konzentration und unter Anspannung aller meiner Willenskräfte sehr wahrscheinlich befreien können; gegen den Griff des schwarzen Giganten dagegen besaß ich nicht die geringste Chance. Außerdem kam er mir viel größer vor als Domo Sokrat.
„Wer bist du?" schrie ich ihm ins Gesicht, als er mich hochhob, so daß ich sein raubtierähnliches Gebiß und seine drei rotglühenden Augen sah.
Die drei riesigen Sehorgane glühten stärker auf, dann ließen mich die beiden Handlungsarme des Giganten sekundenlang los, während die so genannten Laufarme mich schier zerquetschten. Die prankenartigen Hände der Handlungsarme klatschten hart gegen die Seiten meines Shant-Helmes (jedenfalls kam es mir so vor, aber in einem Winkel meines Bewußtseins blieb mir klar, daß in dem Fall mein Schädel zerquetscht worden wäre, was aber nicht geschah). Als die Benommenheit von mir wich, wurde mir bewußt, daß der Haluter mit seinem Doppelschlag nur meine KOM-Einrichtung zerstört hatte, damit ich keine Hilfe herbeiholen konnte.
Außerdem bemerkte ich, daß er mit mir zwischen mehreren pyramidenartigen Gipfeln hindurchkurvte, die durch tiefe Kare ausgehöhlt waren, in denen Gletscher entsprangen. Als ich den Kopf drehte, bemerkte ich, daß die Gletscherbrüche zwischen Westschulter und Nuptse unter und hinter mir lagen - und weit hinten stieß der Gipfel des Everestmassivs unwirklich weiß in den Sonnenglast des Himmels.
Der Haluter flog also nicht mit mir zur Tschomolungma, sondern von ihr weg.
Zum ersten Mal seit dem Überfall kam mir der Gedanke, daß es sich dabei nicht um eine von den Panisha inszenierte Prüfung, sondern um eine echte Entführung handelte.
Der Feind aus dem Dunkel! durchfuhr es mich gleich einem elektrischen Stromschlag.
Seit dem 3l. Dezember des Jahres 429, als der unbekannte Gegner, der sich unter dem Namen „Außerparlamentarische Wissenschafts-Lobby" verbarg, mit drei Robotern einen Überfall auf mich in meinem Hausboot im Dal-See bei Srinagar verübt hatte, waren keine neuen Anschläge mehr erfolgt - und ich hatte auch nichts darüber erfahren, ob diese Kräfte ihre verschleierten Ziele weiter verfolgten.
Die turbulenten Ereignisse in der Wirbelrad-Galaxis,, wie M33 mitunter genannt wurde, mit dem Kartanin-Konflikt und der Invasion der Giftatmer hatten mich diese Zwischenfälle auch ganz vergessen lassen, zumal sie unblutig verlaufen waren.
Doch der Feind aus dem Dunkel hatte offenkundig nicht geschlafen, sondern nur auf eine günstige Gelegenheit gewartet, wieder - und diesmal möglicherweise erfolgreicher - zuzuschlagen.
Er schien zudem aus seinen vorherigen Fehlern gelernt zu haben, denn seine Taktik unterschied sich so von der früher angewandten, wie die Jagdpraktiken einer Spinne von denen eines Jagdfalken.
Lelila Lokoshan fiel mir wieder ein.
Die ersten Schläge des Feindes aus dem Dunkel waren untrennbar mit dem unverhofften Auftauchen der Kamashitin verknüpft gewesen, die angegeben hatte, auf der Suche nach ihrem Vater-Schwester-Sohn Tovari Lokoshan und dem alten Erbgott der Lokoshans, Lullog, zu sein.
Damals hatten die Aktivitäten der AußerparlamentarischenWissenschafts-Lobby eigentlich erst angefangen. Deshalb hatte ich angenommen, daß der Lokoshan-Clan in die mysteriöse Affäre verwickelt sei.
Jetzt aber erschien mir das plötzlich unwahrscheinlich.
Lelila Lokoshan war in M33 geblieben, nachdem sie mit uns die Hamosh-Prüfung bestanden hatte und von Stalker zur Shadda-Shan ernannt worden war, was soviel wie eine Shan ehrenhalber bedeutete. Folglich konnte der heutige Anschlag des Feindes aus dem Dunkel nichts mit ihr zu tun haben, zumindest nicht direkt.
Aber was bezweckten die unbekannten Gegner dann?
Es wurde schlagartig finster.
Im ersten Moment dachte ich, der Haluter hätte mich in eine Höhle bugsiert, doch dann sah ich, daß der Himmel über dem Everestmassiv sich schlagartig verdunkelt hatte. Von den Gipfeln war überhaupt nichts mehr zu sehen.
Ein Blick nach unten zeigte mir, daß mein Überwinder mit mir dicht über den Büßerschnee raste, jene dichten und hohen Eisnadeln, die den unteren Teil der Zunge des Khumbugletschers bedeckten, Produkte eines ausgefallenen Schmelzprozesses unter den Bedingungen der trockenen Luft dieses Gebiets und der extrem intensiven Sonneneinstrahlung in dieser Höhe.
Gleich darauf befanden wir uns direkt über
Weitere Kostenlose Bücher