13 - Im Schatten des Grossherrn 02 - Durchs wilde Kurdistan
Fowling-bull dennoch geplaudert!
„Hat er diesen Mann genannt?“ fragte ich den Arnauten.
„Nein.“
„Hat er dem Dolmetscher den Namen des Gefangenen gesagt, welcher befreit werden soll?“
„Nein.“
„Auch nicht den Ort, wo dieser Gefangene ist?“
„Nein.“
„Mutesselim, hat dieser Arnaute noch mehr zu sagen?“
„Das ist alles.“
„Nein; das ist gar nichts! Selim Agha, schließe wieder zu! Oh, Mutesselim, du bist wirklich ein so großer Diplomat, daß ich in Stambul gewiß deine Verdienste sehr viel rühmen werde! Man wird sich dann beeilen, dir eine noch viel höhere Stellung als die jetzige zu geben. Vielleicht macht dich der Padischah gar zum Vizekönig von Bagdad. Hadschi Lindsay-Bey will einen Mann aufsuchen. Hat er gesagt, daß ich dieser Mann sei? Dieser Mann will einen Gefangenen befreien. Hat er gesagt, daß es dein Gefangener sein soll? Wird ein Inglis sein Vaterland, welches beinahe tausend Kameltagreisen von hier entfernt ist, verlassen, um einen Araber aus der Gefangenschaft zu befreien? Er hatte, als er es verließ, noch niemals einen Araber gesehen.“
„Aber du, du bist ein Freund von Amad el Ghandur?“
„Ich sage dir, daß ich ihn noch nie gesehen hatte, als bis ich ihn hier in dem Loch sah! Hadschi Lindsay-Bey versteht nicht Türkisch und nicht Arabisch, und sein Dolmetscher konnte nicht gut englisch sprechen. Wer weiß, was dieser Mann gehört und verstanden hat. Vielleicht hat der Hadschi ihm nur ein Märchen erzählt.“
„Aber er redet doch nicht!“
„Damals sprach er noch. Er hat sein Gelübde erst später getan.“
„So komm, du sollst auch den andern Zeugen hören! Man klopft. Es wird dein Diener sein.“
Er öffnete den Eingang. Der Arnaute brachte Halef, dem ich sagte, daß ich mit der Haussuchung einverstanden sei, und fügte bei:
„Ich will dem Mutesselim beweisen, daß ich sein Freund bin. Die Leute sollen überall hingelassen werden. Nun geh!“
„Wo gehst denn du jetzt hin?“
„Zum Mutesselim.“
„Wann kommst du wieder?“
„Ich weiß es noch nicht.“
„In einer Stunde kann sehr viel getan und gesprochen werden. Bist du bis dahin noch nicht zurück, so werden wir kommen und dich holen!“
Er ging. Der Kommandant machte ein sehr zweifelhaftes Gesicht. Das mannhafte Wesen meines kleinen Halef hatte ihm imponiert.
In dem Vorzimmer seines Selamlüks befanden sich mehrere Beamte und Diener. Er winkte einem der ersten, welcher mit uns eintrat. Wir setzten uns, aber eine Pfeife erhielt ich nicht.
„Das ist der Mann!“ meinte der Mutesselim, indem er auf den Beamten zeigte.
„Was für ein Mann?“
„Der dich gesehen hat.“
„Wo?“
„Auf der Gasse, welche zum Gefängnis führt. Ibrahim, erzähle es!“
Der Beamte sah, daß ich mich auf freiem Fuß befand; er warf einen unsicheren Blick auf mich und berichtete:
„Ich kam vom Palast, Herr. Es war sehr spät, als ich meine Tür öffnete. Eben wollte ich sie wieder schließen, da hörte ich Schritte, die sehr eilig herbeikamen. Es waren zwei Männer, die sehr schnell gingen; der eine zog den anderen mit sich fort, und dieser andere hatte keinen Atem. An der Ecke verschwanden sie und gleich darauf hörte ich einen Raben schreien.“
„Hast du die beiden Männer erkannt?“
„Nur diesen Effendi. Es war zwar finster, aber ich erkannte ihn an seiner Gestalt.“
„Wie war die Gestalt des andern?“
„Kleiner.“
„Haben sie dich gesehen?“
„Nein, denn ich stand hinter der Tür.“
„Du kannst gehen!“
Der Mann trat ab.
„Nun Emir, was sagst du?“
„Ich war den ganzen Abend bei dir!“
„Aber einige Minuten bist du fort gewesen, nämlich als du die Lampe holtest. Da hast du den Gefangenen fortgeschafft, wie ich vermute, und dabei solche Eile gehabt, weil wir auf dich warteten.“
Ich lachte.
„Oh, Mutesselim, wann endlich wirst du einmal ein guter Diplomat werden! Ich sehe, daß dein System wirklich einer Stärkung bedarf. Erlaube mir einige Fragen.“
„Rede.“
„Wer hatte den Schlüssel zur Außentür des Gefängnisses?“
„Ich.“
„Konnte ich also hinaus, selbst wenn ich gewollt hätte?“
„Nein“, antwortete er zögernd.
„Mit wem bin ich nach Hause gegangen?“
„Mit Selim Agha.“
„Ist dieser Agha der Arnauten länger oder kürzer als ich?“
„Kürzer.“
„Und nun, Agha, frage ich dich: Sind wir langsam gegangen wie die Schnecken oder mit schnellen Schritten?“
„Schnell“, antwortete der Gefragte.
„Haben wir uns
Weitere Kostenlose Bücher