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13 - Im Schatten des Grossherrn 02 - Durchs wilde Kurdistan

13 - Im Schatten des Grossherrn 02 - Durchs wilde Kurdistan

Titel: 13 - Im Schatten des Grossherrn 02 - Durchs wilde Kurdistan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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des Tieres die Knochen knirschen. Der Kurde stieß einen Schrei aus und ließ den Dolch fallen. Sofort riß ihn der Hund zu Boden und packte ihn an der Kehle. Einige Dutzend Flinten richteten sich auf das mutige Tier.
    „Katera Chodeh!“ rief ich. „Um Gottes willen die Flinten weg, sonst erwürgt er ihn!“
    Eine Kugel, welche den Hund nicht augenblicklich tötete, wäre der Tod des Kurden gewesen. Die Krieger sahen das ein, und da keiner von ihnen seines Schusses ganz sicher sein mochte, so senkten sie die Gewehre.
    „Rufe den Hund weg!“ gebot mir einer.
    „Diese Bestie war es, die meinen Nachbar tötete!“ rief eine andere Stimme. Dieselbe gehörte dem Nezanum an, der hinter einem Strauch hervortrat. Er hatte die weise Vorsicht gebraucht, sich bis jetzt in gehöriger Entfernung zu halten.
    „Du hast recht, Nezanum“, antwortete ich. „Und er wird auch das Genick dieses Mannes zermalmen, wenn ich es ihm gebiete.“
    „Rufe ihn weg!“ wiederholte der vorige Sprecher.
    „Sage mir zuvor, ob dieser Mann da der Rächer ist!“
    „Er ist es, der den Heif (Rache) hat.“
    „So will ich euch zeigen, daß ich ihn nicht fürchte. – Dojan, geri – zurück!“
    Der Hund ließ von dem Kurden ab. Dieser erhob sich. Der Schmerz seiner Hand war so groß, daß er ihn kaum verwinden konnte; noch größer aber war seine Wut. Er trat hart zu mir heran und schüttelte drohend das verwundete Glied.
    „Dein Hund hat mir die Kraft meines Armes genommen“, knirschte er. „Aber glaube ja nicht, daß ich nun die Rache einem andern überlassen werde. Ez heifi cho-e desti cho-e bi-gerim tera – ich werde mit eigner Hand an dir Rache nehmen!“
    „Du redest wie ein Bak (Frosch), vor dessen Quaken sich niemand fürchten kann!“ antwortete ich. „Reiche mir deinen Arm, daß ich ihn untersuche und verbinde!“
    „Du bist ein Arzt? Ich mag von dir kein Derman haben, und wenn ich sterben müßte. Aber du wirst Derman (Derman heißt im Kurmangdschi Schießpulver; Derman oder Dereman heißt aber auch Medizin, Heilmittel) von mir erhalten, und zwar so viel, daß du genug daran haben sollst. Das verspreche ich dir!“
    „Ich höre, daß dich bereits das Ta (Wundfieber) ergriffen hat, sonst würdest du deine Hand zu retten suchen.“
    „Die Deka (Hebamme) von Gumri wird mir helfen. Sie ist ein größerer Arzt als du!“ antwortete er verächtlich. „Du und dieser Tazi, ihr seid zwei Hunde und sollt auch wie Hunde sterben!“
    Er wickelte die Hand in einen Zipfel seines Gewandes und hob den Dolch auf. Wir wurden in die Mitte genommen, und der Zug setzte sich in Bewegung. Keiner der Kurden hatte ein Pferd bei sich; die Tiere waren in Gumri zurückgelassen worden. Ich war ein wenig besorgt um uns, aber wirkliche Angst empfand ich nicht.
    Schweigend schritten die Kurden neben uns her und waren augenscheinlich nur darauf bedacht, uns nicht entfliehen zu lassen. Auch mein kleiner Halef und die beiden Araber sprachen kein Wort, aber der Engländer konnte seinen Ärger nicht ganz verwinden.
    „Schöne Suppe, Sir, die Ihr uns eingebrockt habt!“ brummte er; „hätten die Kerle alle erschießen sollen!“
    „Das hätten wir nicht fertig gebracht, Sir. Sie kamen zu schnell über uns.“
    „Yes! Und nun sind sie um uns herum und wir in ihnen drin. Die Waffen abgegeben! Fatale Geschichte! Schauderhaft! Werde mit Euch wieder einmal nach Kurdistan gehen. Wie heißt Esel auf Kurdisch, Master?“
    „Ker. Und Eselin, ein junger, ein kleiner Esel heißt Daschik.“
    „Well! So haben wir vier wie Daschiks und Ihr habt wie ein sehr alter und sehr großer Ker gehandelt. Verstanden?“
    „Sehr verbunden, Master Lindsay! Nehmt meinen innigsten Dank für die Anerkennung! Wollt Ihr denn nicht bedenken, daß es geradezu ein Wahnsinn genannt werden müßte, wenn fünf Männer sich einbilden, mit zweihundert, die ihnen bereits bis auf den Frack gerückt sind, fertig zu werden?“
    „Wir hatten bessere Waffen als sie!“
    „Konnten wir sie in solcher Nähe gebrauchen? Und hätten wir uns diese Kurden damit vom Leib gehalten, so wäre jedenfalls viel Blut geflossen; das unserige wohl auch mit. Und dann die Blutrache! Wo denkt Ihr hin!“
    Da bemerkten wir einen Reiter, der uns im Galopp entgegenkam. Als er sich so weit genähert hatte, daß seine Gesichtszüge zu sehen waren, erkannte ich Dohub, den Kurden, dessen Verwandte in Amadijah gefangen gewesen waren. Unser Trupp hielt bei seinem Erscheinen an. Er drängte sich ungestüm bis zu mir

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